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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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erzählten ihm ihr Elend. Einige klagten ihm ihre Schmerzen an Ort und Stelle, andere flehten um Hilfe für teuere Wesen, welche in Liberia im Todeskampfe lagen.
    Der Kawdjer hörte alle Klagen geduldig an, denn er wußte, daß Teilnahme eines der mächtigsten Heilmittel ist, dann schickte er alle fort; jeder sollte in sein Haus gehen und er wollte sie alle aufsuchen, niemand würde vergessen werden.
    Man gehorchte ihm freudig. Fügsam wie kleine Kinder gingen sie ins Lager zurück. Der Kawdjer begleitete sie, tröstete, stützte sie und wußte für jeden das rechte Wort zu finden. Dann trat er in die Wohnungen ein. Wie sahen sie jetzt aus! Welche Unordnung, welcher Mangel an Reinlichkeit!
    Ein Jahr hatte genügt, diese leichten Bauten dem Einsturz nahe zu bringen. Einige schienen ganz unbewohnt. Die Mehrzahl war versperrt und außer einem Haufen Unrat, der sie umgab, verriet nichts, daß sie Bewohner beherbergten. Auf mancher Türschwelle zeigten sich ein paar Kolonisten, deren finsterer Gesichtsausdruck erzählte, wieweit sie Langeweile und Entmutigung gebracht hatte.
    Der Kawdjer ging am »Palaste« Beauvais vorbei, welcher ein Fenster öffnete, um ihm nachzublicken. Sonst gab er kein Lebenszeichen Wenn er auch Rachegedanken hegte – letzt war nicht der Moment gekommen, dieselben zur Ausführung zu bringen. Niemand hätte einen feindseligen Angriff auf den Mann geduldet, von dem sie ihr Heil erwarteten.
    Und im Inneren freute sich Beauval über das Eingreifen des Kawdjer Auch er erhoffte Beistand von ihm. Regieren ist leicht und angenehm, wenn eine Reihe glücklicher Tage vorbeiziehen. Jetzt waren diese Zeiten vorbei und der Beherrscher einer Bevölkerung von Sterbenden wollte in seinem schweren Amte unterstützt sein, die Verantwortung seiner Autorität lastete schwer auf ihm; später, in besseren Tagen, wollte er schon seine Alleinherrschaft zurückerobern und behaupten.
    Niemand verwehrte dem Kawdjer, seine Mission der Nächstenliebe zu erfüllen, kein Hindernis wurde ihm in den Weg gestellt. Welch aufreibendes Leben führte er von diesem Tage an! In den ersten Morgenstunden kam er von Neudorf über den Fluß, bei jedem Wetter, und begab sich nach Liberia. Hier ging er bis zur sinkenden Nacht von Haus zu Haus, beugte sich über die elenden Lagerstätten, atmete die fieberhaften Ausdünstungen ein, verabreichte heilende Arzneien und spendete Worte des Trostes und der Hoffnung.
    Der Tod klopfte oft an die Türen der Armseligen und dennoch verringerte sich seine Kundschaft nicht.
    Andere, aus dem Inneren der Insel eintreffende Emigranten füllten die Lücken schnell wieder aus. Und die jetzt Ankommenden waren noch elender daran als ihre Vorgänger, weil sie länger Widerstand geleistet hatten.
    Die Wissenschaft und Aufopferung des Kawdjer waren machtlos gegen das Schicksal. Er kämpfte mit dem Tode, um ihm seine Opfer zu entreißen – umsonst, die Sterbefälle mehrten sich und Liberias Bevölkerung war schon sehr gelichtet.
    Er lebte ein trauriges Leben. Um ihn war nur Jammer und Klagen: Gatte und Gattin auf ewig getrennt, Mütter beweinten ihre Kinder – er verlor aber den Mut nicht. Wenn der Arzt machtlos wurde, dann lebte der Tröster in ihm auf.
    Manchmal – und das war fast noch trauriger – brauchte niemand seine Trostesworte; dann war ein Einsamer gestorben, der niemanden zurückließ, der ihn beweinte. Und das kam nicht selten in dieser Emigrantengesellschaft vor, die von den Wogen des Lebens hierher verschlagen worden waren.
    Eines Morgens, als er ins Lager kam, rief man ihn zu einer unförmlichen Masse, die schmerzlich röchelte. Diese unförmliche Masse war ein Mensch, welcher unter dem Namen Fritz Groß in der unendlichen Liste der Erdenwaller zu finden war.
    Vor einer Viertelstunde, als er sich nach dem Erwachen der Kälte ausgesetzt hatte, war er niedergestürzt.
    Zehn Männer mußten ihre Kräfte vereinigen, um ihn an die Stelle zu bringen, wo er letzt lag. Der Kawdjer diagnostizierte aus dem Aussehen des Kranken, seinem blauroten Gesicht, seinem kurzen, röchelnden Atem einen Lungenschlag, und eine kurze Untersuchung ließ ihn erkennen, daß in diesem durch den Alkohol gänzlich zerstörten Organismus keine Arznei wirken konnte.
    Sein Urteil erwies sich als richtig. Als er zurückkam, gehörte Fritz Groß nicht mehr den Lebenden an. Steif und kalt lag sein mächtiger Körper da, in ewig dauernder Unbeweglichkeit und seine Augen waren für die Dinge dieser Welt auf ewig geschlossen.
    Aber eine

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