Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«
hatten alle ihre Unternehmungen mit Erfolg gekrönt gesehen, allerdings in verschiedenem Grade. Die einen mußten froh sein, wenn sie sich das tägliche Brot erarbeiteten, während andere, welche über mehr kräftige Männerarme verfügten, ihre Felder hatten bedeutend vergrößern können.
Die Niederlassungen der achtundzwanzig Familien, die aus hundertundsiebzehn Kolonisten bestanden, welche zur Zeit der Unruhen zur Flucht gezwungen worden waren, waren jetzt in einer sehr traurigen Verfassung, mußten aber vor diesem Zeitpunkt zu den schönsten Hoffnungen berechtigt haben.
Einhundertsiebenundneunzig Versuche der Kultivierung des Landes waren ganz gescheitert. Etwa vierzig dieser vom Unglück verfolgten Unternehmer waren gestorben und die übrigen hatten, einer nach dem anderen, während des Winters an der Küste Zuflucht gesucht.
An Berichten über alle Geschehnisse fehlte es dem Kawdjer nicht: die Kolonisten setzten großen Eifer daran, ihn von allem Vorgefallenen in Kenntnis zu setzen. Allgemein war der Enthusiasmus, als sie von der neuen Organisation der Kolonie Kunde erhielten und er wuchs noch an, als der Kawdjer von seinen weiteren Plänen sprach. Als er Abschied genommen hatte, nahm man, von neuer Hoffnung belebt, die Arbeit mit zehnfachem Eifer auf.
Alles, was der Kawdjer sah und hörte, merkte er sich wohl; gleichzeitig machte er einen großzügigen Plan von den verschiedenen Niederlassungen und ihrer gegenseitigen Lage.
Diese Dokumente benützte er gleich nach seiner Rückkehr, um eine Karte der Insel zu zeichnen, die in geographischer Hinsicht nur annähernd richtig, aber von einer mehr als genügenden Genauigkeit in bezug auf die Felder war, die aneinandergrenzten; dann verteilte er die Hälfte der Insel unter einhundertfünfundsechzig Familien, welche er auswählte, und stellte ihnen regelrechte Konzessionen aus.
Indem er dem Besitze diese solide Basis gab, vollzog sich eine förmliche Revolution. Die Herrschaft des Zufalles ersetzte er durch Gesetzmäßigkeit; den Besitz von Ländereien sicherte er durch ein unantastbares Beweisstück.
Darum wurden auch diese Schriftstücke von den damit Beteilten mit ebenso großer Genugtuung in Empfang genommen als die Felder selbst, zu deren Besitz sie berechtigten. Bisher hatten sie immer in einem Gefühl der Unsicherheit ihre Tage verbracht; nie wußten sie, was der künftige Morgen bringen würde. Diese Papiere änderten alles. Dieses Stück Land gehörte ihnen. Sie konnten es ihren Kindern hinterlassen. Jetzt erst bekamen sie ein stabiles Heim, faßten sie Wurzel auf der Insel, wurden wirkliche Kolonisten – echte Hostelianer!
Der Kawdjer bestätigte auch die Rechte jener zweiundvierzig Familien, welche der Scholle treu geblieben waren und bewog die achtundzwanzig anderen, die seinerzeit ausgeplündert worden und nach Liberia geflohen waren, auf ihren verlassenen Grund und Boden zurückzukehren und sich aufs neue – diesmal unter besseren Auspizien – dort seßhaft zu machen. Dann wählte er noch aus den übrigen fünfundneunzig Familien aus, welche ihm der Teilnahme und Hilfe würdig schienen, um die anderen kümmerte er sich nicht.
Das war bloße Willkür – und nicht die einzige. Schon bei Verteilung der Konzessionen hatte die Gleichheit wenig zu suchen, auch bei der Ausdehnung der einzelnen Teilgebiete kam sie schlecht weg. Den einen ließ der Kawdjer genau dasselbe Besitztum, das sie einst gehabt hatten, jenen schmälerte er das frühere Eigentum, um damit andere Unternehmer zu bereichern. In allen Bestimmungen verfolgte er nur ein bestimmtes Ziel: das Wohl und Gedeihen der Kolonie. Denjenigen, welche am meisten Geschick, Kraft und Ausdauer bewiesen hatten, wurden die größten Konzessionen zuteil. Gar nichts erhielten jene Emigranten, von deren Unfähigkeit er überzeugt war und diese verurteilte er, bis zu ihrem Lebensende Proletarier und Taglöhner zu sein.
Der Taglohn mußte notwendigerweise auf der Insel Hoste aufkommen. Einige Besitze – zum Beispiel derjenige der vier benachbarten Familien, zu denen Germain Rivière zählte – erfreuten sich einer so großen Ausdehnung und eines so herrlichen Bestandes, daß sie Hunderten von Arbeitern hätten Beschäftigung bieten können. Wer die Arbeit auf freiem Felde der Arbeit in der Stadt vorzog, fand daher deren übergenug.
Zum zweiten Male entvölkerte sich Liberia. Kaum hatte ein Kolonist seine Konzession in Händen, als er mit den Seinigen fortzog, mit Lebensmitteln wohl versehen, die
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