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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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vorschreibt, muß der Kopf zurechtgesetzt werden!
    – Er behandelt uns ja wie Hunde! beteuerte Sirdey. Man ist weniger als nichts. – Tun Sie dies… Und jetzt machen Sie das!… So heißt’s immer und dabei hält er es nicht einmal der Mühe wert, einen anzusehen… Vielleicht ist man dieser Rothaut nicht schön genug!…
    – Mit welchem Recht kommandiert er hier herum? fragte Dorick zähneknirschend. Wer hat ihn zum Gouverneur gewählt?
    – Ich nicht, sprach Sirdey.
    – Ich auch nicht, sagte Fred Moore.
    – Auch ich nicht, ließ sich sein Bruder William hören.
    – Weder ihr noch überhaupt jemand hat ihn gewählt! brach Dorick los. Dumm ist er nicht, der Kerl!… Der hat nicht gewartet, bis man ihm die Würde angeboten hat… Er hat sie sich einfach selbst genommen!..
    – Das ist ungesetzlich! protestierte Fred Moore in dozierendem Ton.
    – Ungesetzlich?… Darnach fragt er einen Pfifferling! entgegnete Dorick. Warum sollte er auch lange Umstände machen mit einer Herde von Schafen, die geduldig den Rücken hinhalten, daß man sie scheren möge!… Hat er uns um Rat gefragt, wie er die Ländereien verteilt hat? Früher waren alle gleich begütert. Jetzt gibt es auf der Insel Arme und Reiche.
    – Und wir sind die Armen, konstatierte Sirdey ganz schwermütig. Vor drei Tagen, fügte er entrüstet hinzu, hat er mir angekündet, daß ich von jetzt an für mein Tagewerk um zehn Cents weniger bekommen werde.
    – Kurz und bündig?… Ohne Gründe anzuführen?
    – O ja. Er behauptet, daß ich nicht genug arbeite… Ich mache immer noch so viel wie er, der von früh bis abends spazieren geht und die Hände müßig in die Taschen steckt… Zehn Cents Abzug bei einem Taglohn von einem halben Dollar!… Wenn er glaubt, mich zu den Hafenarbeiten pressen zu können, kann er lange warten!…
    – Dann gehst du einfach an Hunger elend zugrunde! erklärte ihm Dorick mit eisigem Ton.
    – Teufel!… fluchte Sirdey und ballte die Fäuste.
    – Mit mir, sagte William Moore, ist er vor vier Tagen übers Kreuz gekommen. Der gnädige Herr fand, daß ich mit John Rame, seinem Vorratswächter nicht höflich genug gewesen sei. Es scheint, daß ich den Herrn gestört habe… Wenn ihr ihn nur gesehen hättet!… Ganz »Majestät«!… Da muß man sein elendes Essen selbst zahlen und soll sich dafür noch zehnmal bedanken.
    – Mich hat er letzte Woche hergenommen, fiel Fred Moore ein, unter dem Vorwand, ich hätte mich mit einem Kameraden geschlagen!… Ja, hat man denn jetzt nicht einmal mehr das Recht, sich in aller Freundschaft zu prügeln?… Er ist mich direkt angegangen… und wie!… Um ein Haar wäre ich dagelegen!…
    – Als ob wir seine Diener wären! schloß Sirdey.
    – Nein, seine Sklaven!« murrte William Moore.
    Dieses Thema behandelten sie an diesem Abend mindestens zum hundertsten Male. Es war fast ihr ausschließlicher täglicher Gesprächsstoff.
    Als der Kawdjer das Gebot der Arbeit erst verkündete, dann in Anwendung brachte, hatte er natürlich verschiedene persönliche Interessen verletzt; vor allem hatte diese Wendung der Dinge die Trägen sehr empört, welche lieber in süßem Nichtstun auf Kosten anderer gelebt haben würden. Das war für sie eine Quelle großer Erbitterung und des Hasses auf den Kawdjer.
    Um Dorick scharten sich alle Unzufriedenen. Aber vergeblich hatte er samt Gefolge versucht, die früheren Gewohnheiten wieder aufzunehmen. Die ehemaligen Opfer, welche sich stets so fügsam gezeigt hatten, waren zum Bewußtsein ihrer Rechte und Pflichten gekommen, und die Gewißheit, im Bedarfsfalle einen Beschützer zu haben, hatte diesen Lämmern Krallen wachsen lassen. Nach mehreren mißglückten Einschüchterungsversuchen sahen sich die Freibeuter doch gezwungen, zur Arbeit ihre Zuflucht zu nehmen, um ihr Leben zu fristen.
    Aber sie taten es zähneknirschend und ergingen sich in Verwünschungen was sie erleichterte und gleichzeitig ihre wachsende Empörung nährte.
    Bisher wurde alles mit Worten abgetan. Aber an diesem Abend nahm das Gespräch eine andere, ernstere Wendung. Die hundert Mal vorgebrachten Klagen sollten sich in Taten verwandeln, der lange verborgene, im Inneren kochende Zorn sollte zu gewichtigen Entschlüssen führen.
    Dorick hatte seine Gefährten angehört, ohne sie zu unterbrechen. Diese hatten sich nach ihm umgewandt und blickten ihn an, als ob sie ihn als Zeugen anrufen und seinen Beifall hören wollten.
    »Das alles sind eben – Worte; sagte er mit schneidender Stimme. Ihr

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