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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Hafen umgewandelt.
    An diesem Tage hatte man mit den ersten Angriffsarbeiten für die Errichtung des künftigen Kais begonnen, an dem die ankommenden Schiffe später im tiefen Wasser anlegen konnten.
    Sie hatten aber weder die Vollendung des Kais noch die Fertigstellung des Dammes abgewartet, um der Insel Hoste zu nahen und mit den Bewohnern Handel zu treiben. Im Vorjahre waren drei Fahrzeuge gekommen – ausschließlich auf Rechnung des Kawdjer. Dieses Jahr hatten sich schon sieben gezeigt, wovon bloß zwei im Auftrage der Kolonieverwaltung erschienen waren; die Reise der fünf anderen war durch Privatgeschäfte und individuelle Unternehmungen bedingt.
    Eben jetzt war ein großes Segelschiff vor Neudorf verankert, halb mit Brettern beladen, die aus der Säge Rivières stammten, während ein zweites Fahrzeug, das dieselbe Ladung gelöscht hatte, vor wenigen Stunden Anker gelichtet hatte und nun um die Ostspitze langsam verschwand.
    Alles in dem Bilde, das sich vor Doricks und seiner Gefährten Blicken entrollte, sprach beredt von dem wachsenden Gedeihen und Fortschritt der Kolonie. Aber diese sprechenden Beweise wollten sie weder hören noch sehen. Sie waren übrigens an den täglichen Anblick gewöhnt und die Gewohnheit verringert manchmal die Wertschätzung. Langsam fortschreitende Veränderungen werden nicht leicht beobachtet und was sie jetzt sahen, hatten sie unter ihren Augen langsam entstehen sehen. Selbst wenn ihre Gedanken einen Sprung nach rückwärts getan hätten, bis zur Strandung des »Jonathan« – drei Jahre war es her – ist es fraglich, ob ihnen der Fortschritt bewußt geworden wäre. Es war zu bezweifeln. Sie waren an das »Jetzt« gewöhnt, und es erschien ihnen, als ob alles immer so gewesen sein müßte!
    Jetzt beschäftigten sie jedenfalls ganz andere Gedanken. Langsam, prüfend zählten sie die Namen der Einwohner Liberias auf und stimmten über jeden einzelnen ab.
    »Nun finde ich keinen mehr, sagte Sirdey. Wieviel haben wir im ganzen?
    – Dorick überzählte rasch die in dem Buche notierten Namen.
    – Einhundertundsiebzehn, sagte er.
    – Was ist das!… Auf tausend!… bemerkte Sirdey.
    – Nun, was denn? erwiderte Dorick.. Einhundertundsiebzehn ist eine ganz hübsche Zahl. Glaubt ihr denn, daß der Kawdjer mehr für sich hat? Ich meine, erklärte Anhänger, Leute, die wissen, was sie tun und zu allem bereit sind. Die anderen sind Schafe und folgen dem nächsten Besten!«
    Sirdey gab keine Antwort, schien aber nicht sehr überzeugt.
    »Und jetzt haben wir nachgerade genug darüber verhandelt, erklärte Dorick heftig. Wir sind vier. Stimmen wir ab!
    – Ich für meinen Teil, schrie Fred Moore und hob drohend seine mächtige Faust, erkläre, daß ich genug davon habe. Es komme, was da wolle! Ich stimme dafür, daß man handelt… und möglichst rasch!
    – Ich desgleichen, äußerte sich sein Bruder.
    – Das macht drei Stimmen mit der meinigen… und du, Sirdey?
    – Ich werde tun wie die anderen, sagte Sirdey ohne alle Begeisterung, der ehemalige Koch. Aber«…
    Dorick schnitt ihm das Wort ab.
    »Kein Aber wird geduldet; gestimmt ist gestimmt.
    – Man muß sich aber doch – beharrte Sirdey, ohne sich einschüchtern zu lassen – über das Mittel zur Ausführung einigen. Den Kawdjer aus der Welt schaffen – das ist leicht gesagt; aber das »Wie?« ist nicht so einfach.
    – Ach, hätten wir doch Schußwaffen… ein Gewehr… einen Revolver… eine kleine Pistole wenigstens… rief Fred Moore aus.
    – Das wäre ja sehr schön, aber wir haben nichts dergleichen, sagte Sirdey mit größtem Phlegma.
    – Wie wäre es mit einem Messer?… schlug William Moore vor.
    – Das wäre das sicherste Mittel, dich sofort erwischen zu lassen, mein Alter! erwiderte Sirdey. Du weißt, der Kawdjer hat seine Leibwache, wie ein König… Und dann ist zu bedenken, daß er sich wehren wird, und daß er stark ist; – mit vieren nimmt er’s leicht auf!
    – Fred Moore runzelte die Stirne, biß die Zähne zusammen und fuchtelte wütend in der Luft herum. Sirdey hatte recht! Er kannte die Faust des Kawdjer aus Erfahrung und wußte, daß sein mächtiger Körper dieser Athletenkraft nicht widerstehen konnte.
    – Ich weiß euch einen besseren Vorschlag zu machen, sagte Dorick nach einer Pause des Schweigens, die nach Sirdeys Bemerkung eingetreten war.
    – Seine Gefährten warfen ihm erwartungsvolle Blicke zu.
    – Das Pulver!…
    – Das Pulver?… wiederholten alle drei verständnislos. Und einer

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