Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
knisterte.
    Inzwischen hatte sich Kennedy mit einem brennenden Aste ausgerüstet und untersuchte die zweite Grotte. Bald kam er beruhigt wieder. Niemand war zu entdecken, sie war leer. Der unbekannte Besucher der Grotte war fortgegangen.
    Als er diese beruhigende Nachricht den Freunden mitgeteilt hatte, wollte er das Feuer austreten, welches immerhin gefährlich werden konnte, trotz seiner Entfernung vom Pulverfasse.
    Aber Dorick hielt ihn davon ab, sammelte die glimmenden Holzstückchen und warf neue Nahrung auf die Glut, während seine Gefährten ihn erstaunt beobachteten.
    »Kameraden! sagte er, ich bin zu Ende mit meiner Kraft und Geduld… Schon vorher war ich entschlossen zur Tat… Was wir gesehen haben, muß uns in unserer Absicht bestärken… Man ist hieher gekommen… ein Grund mehr zur Eile, denn man kann wiederkommen, und was man heute nicht gefunden hat, findet man morgen bestimmt!«
    Doricks Stimme zitterte, die Worte kamen abgerissen, keuchend von seinen Lippen und er begleitete sie mit heftigen Bewegungen. Es ging wirklich zu Ende mit ihm, wie er selbst sagte.
    Außer Sirdey, der unbeweglich verharrte, stimmten ihm die Genossen lebhaft bei.
    »Wann soll es geschehen? fragte Fred Moore.
    – Noch heute Abend«… erwiderte Dorick.
    Und er fügte hinzu, indem er die Worte abhackte wie ein Mensch, der alle Herrschaft über seine Nerven verloren hat:
    »Ich habe alles überlegt… Nachdem wir keine Waffen besitzen, werde ich sie mir selbst schaffen… Eine Bombe… Und noch diesen Abend… ich werde mehrere Lagen Pulver zwischen mit Teer getränkte Leinwand pressen… deshalb brauche ich das Feuer, um den Teer zum Sieden zu bringen… Natürlich wird meine Bombe an Wert den vollkommenen, modernen Höllenmaschinen bedeutend nachstehen… Ich tue eben, was ich kann… Ich bin ja auch kein Chemiker… Aber auch so wird die Bombe ihre Wirkung haben… Eine Zündschnur werde ich von einem Ende zum anderen durchführen… sie wird dreißig Sekunden dauern… Ich habe alles ausprobiert… Man hat gerade Zeit, sie anzuzünden und zu schleudern«…
    Seine Zuhörer wurden durch diese Worte und sein Aussehen eigentümlich bewegt. Aus seinen Blicken sprach Fieber und – fast möchte man sagen – Wahnsinn. War Lewis Dorick verrückt geworden?
    Nein, er war es nicht; wenigstens nicht im pathologischen Sinne des Wortes. Wenn ihm auch jetzt die Bitterkeit und der Neid, der sein ganzes Leben ausfüllte, zu dieser Stunde diese Worte auf die Lippen gedrängt hatte, so behielt er immer noch so viel Geistesklarheit, als ein Mann, der die Beute blinden Hasses geworden ist, beanspruchen kann.
    »Wer soll die Bombe werfen? fragte Sirdey gleichmütig.
    – Ich, antwortete Dorick.
    – Wann?
    – Diese Nacht… Gegen zwei Uhr werde ich an die Türe des Regierungsgebäudes pochen… Der Kawdjer wird mir öffnen… Sobald ich seinen Schritt vernehme, zünde ich die Schnur an… Alles Nötige werde ich bei mir haben… Wenn er die Türe öffnet, schleudere ich die Bombe ins Innere…
    – Und du?
    – Ich werde schon Zeit haben, mich zu retten… Aber auch wenn ich mich mitverderben sollte… ein Ende muß gemacht werden.«
    Alles schwieg Man sah sich bestürzt an, das Projekt Doricks erschreckte die Männer.
    »Auf diese Weise brauchst du uns nicht dabei, bemerkte Sirdey ruhig.
    – Ich brauche gar niemanden, rief Dorick heftig. Die Memmen können hingehen, wo es ihnen beliebt.«
    Dieses Wort verletzte die Eigenliebe der anderen.
    »Ich bleibe, sagte Kennedy.
    – Ich auch, erklärte William Moore.
    – Ich auch,« sprach auch Fred Moore.
    Nur Sirdey blieb schweigsam.
    Die Stimmen waren ziemlich laut geworden; ohne zu wollen, verhandelte man im Tonfall eines erregten Wortwechsels miteinander. Trotz der Warnung, die das entzündete Feuer für sie bedeutete, dachte man nicht daran, daß es Lauscher in der Nähe geben könne, welche diese unvorsichtigen Worte auffangen könnten.
    Und dennoch gab es einen, einen einzigen, dessen kleine Gestalt nicht furchterregend war, selbst wenn man um seine Gegenwart gewußt hätte. Derjenige, der sich – wider seinen Willen, muß gesagt werden – zum Lauscher hergeben mußte, war niemand anderer als Dick, und die fünf kräftigen Männer hatten von diesem Kinde in der Tat nichts zu befürchten.
    Der 30. März war ein Feiertag für Dick und Sand, welche die Stadt schon frühmorgens verlassen hatten, um die Grotten wieder zu besuchen, die einst der Schauplatz ihrer frohen Spiele gewesen waren.

Weitere Kostenlose Bücher