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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Erwartungen sich verstiegen hatten.
    Anderseits begannen die Folgen des Abbruches aller Handelsbeziehungen und des Stillstandes in den Feldarbeiten fühlbar zu werden. Noch mangelte nichts. Aber die Preise waren sehr in die Höhe gestiegen; nur diejenigen, die Glück hatten auf der Goldjagd, brauchten nicht besorgt zu sein Um so mehr bedrückte die Teuerung die anderen, für die das Erhaschen einiger weniger Goldkörner den Tagelohn nicht ersetzt hatte. Deshalb kehrten die Schwächsten und Ärmsten jetzt heim. Aber bald hörte diese Bewegung wieder auf.
    Der Kawdjer glaubte noch nicht an ein Abnehmen der Krankheit; im Gegenteil! Seine Blicke durchdrangen die Schleier der Zukunft und sahen neue Gefahren über die Insel hereinbrechen. Die Krise war noch nicht überstanden. Nun singen die kritischen Tage erst an. Bis jetzt hatte man nur mit den Hostelianern zu kämpfen gehabt – dabei konnte es nicht bleiben. Jetzt mußte die Sintflut der gefürchteten Goldsucher aus allen Weltteilen auf die arme Insel hereinbrechen, sobald diese nur Kenntnis von diesem sich ihrer Habgier neu eröffnenden Arbeitsfeld erlangten!
    Die erste Landung dieser gefährlichen Sorte Menschen traf am 17. Januar in Neudorf ein. Zweihundert schifften sich hier aus, zweihundert in Lumpen gekleidete Menschen von kräftigem Aussehen und entschlossenen, wilden Mienen. Einige trugen breite Messer im Gürtel, alle aber hatten einen Revolver bei sich Auf der Schulter schleppten sie eine Hacke und einen Sack mit ihrer armseligen Habe und auf der linken Hüfte baumelte eine Feldflasche, ein Teller und eine Schale und schlugen klappernd aneinander.
    Der Kawdjer sah traurig hin; diese zweihundert waren die ersten Glieder der Kette, die die Insel Hoste einschließen würde.
    Und von diesem Tage an mehrten sich diese Menschen auf der Insel. Die Goldsucher waren kaum ausgeschifft, so eilten sie zum Regierungspalaste und erkundigten sich wegen der Vorschriften.
    Sie fanden sie unglaublich! Dann schoben sie die gesetzliche Regelung ihrer Situation auf und verbreiteten sich über die Stadt. Die kleine Anzahl ihrer Bewohner und geschickt eingezogene Erkundigungen ließen sie die Schwäche des Staates erraten, darum entschieden sie sich, sich um die Gesetze nicht zu bekümmern, die selbst die Hostelianer nicht befolgten, und nachdem sie ein bis zwei Tage in den verlassenen Straßen Liberias herumgewandert, kehrten sie der Stadt den Rücken und suchten sich ihr Arbeitsfeld in den Placers.
    Als der Winter kam, erschienen keine neuen Eindringlinge mehr; auch das Goldgraben mußte aufgegeben werden. Am 24. März verließ das letzte Schiff Neudorf, das auch sein Kontingent an Goldsuchern abgeliefert hatte. Jetzt lebten mehr als zweitausend Abenteurer auf dem Boden der Insel.
    Dieses Schiff nahm auch ein vom Gouverneur der Insel Hoste verfaßtes, an alle Staaten der Erde gerichtetes Schreiben mit sich fort. Der Kawdjer ließ
urbi et orbi
wissen, daß die Bevölkerung der Insel Hoste überzählig sei und er sich der neuen Landung von Fremden mit den Waffen in der Hand widersetzen würde.
    Würde diese Maßregel von Nutzen sein? Die Zukunft konnte alle diese Fragen beantworten, der Kawdjer zweifelte aber an ihrem Erfolg. Die Anziehungskraft des Goldes wirkt auf manche Naturen zu mächtig ein, als daß sie ihr widerstehen könnten.
    Das Unglück war einmal geschehen: die Empörung der Hostelianer und ihre Auflehnung gegen alle Disziplin, das unausbleibliche Elend, dem sie sich selbst ausgesetzt hatten, das Eindringen der Abenteurerbanden, dieser verkommenen Leute, welche alle Laster der Erde mit sich brachten – welch ein namenloses Unglück!
    Zu tun war gar nichts! Nichts! Man mußte die schlimmen Tage überdauern und auf bessere Zeiten hoffen, wenn solche jemals noch über die Insel Hoste heraufdämmern konnten.
    Haig, Karroly, Hartlepool, Harry und Edward Rhodes, Dick, Germain Rivière und höchstens dreißig andere standen allein da gegen alle. Das waren die letzten Getreuen, die »Heilige Schar«, die treu zum Kawdjer hielt, welcher ohnmächtig der Zerstörung seines herrlichen Werkes zusehen mußte.
Zwölftes Kapitel.
Die Verwüstung der Insel.
    Das war der erste Akt in dem Drama, das, wie alle richtig aufgebauten Schauspiele, noch weitere zwei bringen sollte, die durch Zwischenakte – zwei Winter – getrennt waren.
    Die traurigen Ereignisse, die sich im ersten Akte abspielten, hatten natürlich eine Rückwirkung auf das bisher glückliche Leben der Hostelianer.

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