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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ihnen bevorstand – drang die Polizei in die Behausungen jener Liberier ein, die am meisten mit ihren Reichtümern prunkten und unter Hartlepools Aufsicht wurden Haussuchungen abgehalten Von dem aufgefundenen Golde wurde ein Viertel unbarmherzig konfisziert und vom Rest erhob man die zweihundert Pesas oder argentinischen Piaster als Steuer; es war der Preis der Konzession, den der Kawdjer bestimmt hatte.
    Kennedy hatte keine leeren Worte gesprochen. Bei ihm fand sich die größte Ernte: hundertundfünfundsiebzigtausend Franken nach französischem Gelde. Bei ihm stieß man auch auf den größten Widerstand. Der Matrose schäumte vor Wut, während die Haussuchung bei ihm abgehalten wurde und man mußte ein wachsames Auge auf ihn haben.
    »Raubgesindel! brüllte er und schüttelte die Faust nach Hartlepool.
    – Sprich dich nur aus, mein Junge! sagte dieser, ohne sich rühren zu lassen, und suchte ruhig weiter.
    – Das werdet ihr mir bezahlen! drohte Kennedy, welchen die Kaltblütigkeit seines einstigen Vorgesetzten noch mehr in Zorn brachte.
    – So? Mir scheint aber, daß jetzt du zu zahlen hast, sagte spöttisch der unbarmherzige Hartlepool.
    – Wir begegnen uns schon noch!
    – Wie du willst! Aber ich hoffe, so spät als möglich!
    – Dieb!… heulte Kennedy in voller Wut.
    – Du irrst dich, sagte Hartlepool gutmütig; der Beweis hierfür ist, daß ich von deinen dreiundfünfzig Kilogramm Gold nur dreizehn Kilogramm zweihundertundfünfzig Gramm, ein genaues Viertel, wegnehme, ferner den für die Konzession entfallenden Betrag von zweihundert Piastern, den du kennst und zu zahlen vergessen hast.
    – Elender!…
    – Du hast damit das Recht auf eine Konzession.
    – Räuber!…
    – Aber du mußt uns sagen, wo dein Arbeitsfeld sich befindet!
    – Schurke!…
    – Das willst du nicht tun?
    – Kanaille!
    – Wie es dir beliebt, mein Junge,« schloß Hartlepool und machte der unerquicklichen Szene ein Ende.
    Diese Haussuchungen bereicherten den Staatsschatz um siebenunddreißig Kilogramm Gold, das ist in französischem Gelde ein Wert von einhundertzweiundzwanzigtausend Franken. Jetzt wurden dafür regelrechte Konzessionen ausgeteilt. Nur Kennedy erfreute sich nicht dieses Vorzuges, weil er sich hartnäckig weigerte, den Ort zu nennen, wo er seine Reichtümer gefunden.
    Als im Frühjahre die Verbindungen mit der Außenwelt wieder hergestellt waren, sollte das Gold in gangbare Münze umgewandelt werden. Inzwischen hatte der Kawdjer die eingegangenen Summen veröffentlicht und schaffte für diesen Wert Banknoten, denen man vollstes Vertrauen entgegenbrachte und die viel Unglück mildern halfen.
    Der Winter ging zu Ende und es wurde wieder Frühling im Lande. Wieder brachten die gleichen Ursachen die gleichen Wirkungen hervor. Wie im Vorjahre um diese Zeit entvölkerte sich Liberia auch jetzt. Die Lehre war noch nicht kräftig genug gewesen. Man warf sich gierig auf die Goldfelder, mit noch mehr Wut vielleicht; wie jene fast ruinierten Spieler, die ihre ganze Habe auf die letzte Karte setzen in der törichten Hoffnung, alles wiederzugewinnen.
    Kennedy war einer der ersten unter den Fortziehenden. Er hatte das Gold wohl versteckt und war eines schönen Morgens verschwunden. Wahrscheinlich, um sich zu seinem geheimnisvollen Goldlager zu begeben, das er nicht verraten wollte. So mancher hatte sich vorgenommen, ihm zu folgen und hatte jetzt das leere Nachsehen.
    Auch die Bürgergarde, die sich im Winter so treu und wacker gehalten, schmolz zusammen, als der Schnee ins Schmelzen kam, und nur von wenigen Freunden umgeben, mußte der Kawdjer sich entschließen, dem zweiten Akte des Dramas beizuwohnen.
    Die Szenen rollten sich rascher ab als im ersten. Kaum acht Tage nach ihrem Fortgang kamen schon einige Liberier wieder zurück und dieser erste Rückzug war von vielen anderen gefolgt. Bald war die Bürgergarde wieder vollzählig.
    Die Männer übernahmen schweigend ihre Posten, die sie verlassen hatten, ohne daß der Kawdjer eine Bemerkung fallen ließ. Jetzt war nicht der Moment, Strenge an den Tag zu legen.
    Auch im Inneren der Insel waren die Bauernhäuser, die Fabriken, die Kontore bald wieder gefüllt.
    Die Goldgräber hatten die Lage seit dem Vorjahre verändert gefunden. Damals waren sie unter sich, nur Hostelianer.
    Jetzt hatten sich fremde Elemente herangedrängt, mit denen man auskommen mußte. Und was für Fremde waren das? Der Abschaum der Menschheit. Halbvertierte, brutale Menschen, die weder Tod noch Teufel

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