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Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Die Schiffbrüchigen des »Jonathan«

Titel: Die Schiffbrüchigen des »Jonathan« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zu entzünden, der dann zur lodernden Flamme aufschlägt. Ihre Leidenschaft liegt im Beherrschen der Menge; man darf nicht vergessen, es ist ein erhebendes, berauschendes Gefühl, über andere zu gebieten!
    – Verflucht sei derjenige, welcher so denkt! rief da der Kawdjer mit plötzlich ausbrechender Heftigkeit. Jedermann, der dem Ziele zustrebt, andere unter seinen Willen zu zwingen, sie zu beherrschen, sollte von Rechts wegen aus der Welt geschafft werden!«
    Harry Rhodes blickte den Sprecher in stummem Staunen an. Welch tiefe Leidenschaftlichkeit mußte in diesem Manne schlummern, welcher sich stets eines so maßvollen, ruhigen Gebarens befleißigte!
    »Dann muß Beauval aus der Welt geschafft werden, sagte er endlich mit leiser Ironie; denn unter dem Deckmantel des Strebens nach einer die Grenzen der Möglichkeit übersteigenden »Gleichheit« verfolgt er ein anderes, bestimmtes Ziel: sich als Reformator die Macht zu sichern!
    – Das System Beauvals ist reine Kinderei, erwiderte der Kawdjer mit schneidendem Hohn in der Stimme; eine Art von gesellschaftlicher Organisation, weiter nichts! Welche Organisation man immer betrachten möge, es liegt stets Ungerechtigkeit und Dummheit darin!
    – Stimmen Sie dann vielleicht den Ideen Lewis Doricks bei? Möchten Sie uns – wie er es predigt – zum wilden Urzustand zurückkehren sehen? Soll es mit der menschlichen Gesellschaft so weit kommen, daß sie zu einem durch Zufälligkeiten geleiteten Zusammenleben verschiedener Individuen ohne alle gegenseitigen Verpflichtungen herabsinkt? Sehen Sie denn nicht, daß alle diese Theorien auf dem bloßen Neide basieren oder durch den Haß eingeflüstert sind?
    – Wenn Dorick haßt, ist er ein Narr, sagte der Kawdjer ernst. Da erscheint ein Mensch auf der Welt, ohne es verlangt zu haben; er entdeckt eine Unzahl von Wesen, welche ihm ähnlich sind, Schmerzen leiden, sich elend fühlen wie er, mit der Zeit verwelken, vergehen – wie er; und nun haßt dieser Mensch die anderen! Er ist eben ein Narr und Narren kommt man nicht mit Vernunftgründen bei. Aber wenn auch der Verfechter einer Theorie geistig unzurechnungsfähig ist, so folgt daraus durchaus nicht, daß die Theorie selbst schlecht sein muß!
    – Und doch muß es Gesetze geben, sie sind unerläßlich, behauptete Harry Rhodes, sobald die Menschen, anstatt einsam umherzuirren, sich um ein gemeinsames Interesse zu scharen beginnen. Richten Sie nur Ihr Augenmerk hieher. Die Menge, welche uns umgibt, ist nicht zu diesem Zwecke besonders ausgewählt worden und unterscheidet sich in nichts von irgendeiner Menschenmenge, die der blinde Zufall zusammengeführt hat. Nun gut! Müssen Sie nicht aus meiner Schilderung der Personen ersehen haben, daß es einzelne gibt, die sich unmöglich selbst beherrschen können, sei der Grund wie immer gestaltet; und gewiß gibt es deren noch viele, welche ich nicht kenne. Wieviel Unheil könnten diese Geschöpfe verursachen, wenn die Gesetze ihre bösen Instinkte nicht zügelten!
    – Durch die Gesetze sind die bösen Neigungen erst zum Leben erweckt worden, erwiderte der Kawdjer mit vollster Überzeugung. Gäbe es keine Gesetze, so bliebe die Menschheit in Unkenntnis aller Fehler und Verbrechen und jeder einzelne würde herrlich gedeihen und aufblühen in der Freiheit.
    – Hm!… machte Harry Rhodes mit zweifelhafter Miene.
    – Gibt es hier Gesetze? Und geht nicht dennoch alles nach Wunsch?
    – Wie können Sie denn die hiesigen Verhältnisse als Beispiel aufstellen? warf Harry Rhodes ein. Hier haben wir nur einen Zwischenakt im Drama des Lebens vor uns. Jedermann weiß, daß die gegenwärtige Situation nur Übergangsstadium ist und nicht so fortbestehen kann.
    – Auch wenn sie dauern würde, ginge alles ruhig weiter.
    – Ich bezweifle es, sagte Harry Rhodes skeptisch, aber ich gestehe, es wäre mir lieber, wenn ich den Beweis für die Richtigkeit meiner Ansicht nicht erleben würde.«
    Da der Kawdjer keine Antwort darauf gab, wurde schweigend weitergegangen.
    Beim Wandern längs der Ostküste mußte man an der Scotchwell-Bai vorüber, deren entzückende Lage trotz der ungenügenden Abendbeleuchtung die Forscher bezauberte. Ihre Bewunderung war ebenso groß wie ihr Staunen. Ein Netz kleiner Wasseradern durchzog die Landschaft, die sich dann in einen Fluß mit klarem Wasser ergossen, der sich von dem Hügel herab ins Tal schlängelte. Üppige Weideplätze zeugten von der Fruchtbarkeit des Bodens. Auch die Baumflora war auf der Höhe des

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