Die Schiffe der Kleopatra
vielen anderen Ärzten nicht auf übelriechenden Umschlägen. Derart eingewickelt, fühlte ich mich zwar unbehaglich, doch der Schmerz ließ spürbar nach. »Und nun, Senator«, begann Silvanus, »könntest du uns vielleicht von deinen abendlichen Aktivitäten berichten.« Er bot mir demonstrativ keinen Wein an, doch mir war zur Abwechslung auch gar nicht danach zumute.
»Lasst mich zunächst ein paar Vorbemerkungen machen«, setzte ich an. »Da du der Statthalter hier bist, Silvanus, werde ich aus Respekt vor deinem Amt mit dir zusammen arbeiten. Doch ich bin ein römischer Beamter im Dienst, während du, Aulus Gabinius, ein Verbannter ohne rechtlichen oder politischen Status bist. Wie jeder in Rom habe auch ich tiefen Respekt vor deiner herausragenden Karriere und deinen bedeutenden militärischen Erfolgen im Dienste des Staates, doch was meine hiesigen Aktivitäten anbetrifft, hast du mir gar nichts zu sagen.«
Seine Miene verdüsterte sich, doch er hatte keine Grundlage zum Widerspruch. »Das versteht sich von selbst«, erwiderte er knapp. »Ich werde meinen Platz in der Kurie wieder ein nehmen. Bis dahin helfe ich meinem Freund Silvanus bei seinen Pflichten als Statthalter von Zypern.«
»Sehr gut. Also, folgendes ist geschehen.« Und dann berichtete ich ihnen von den Ereignissen des Abends, wobei ich mich natürlich keineswegs verpflichtet fühlte, sie in alle Einzelheiten einzuweihen. So ließ ich zum Beispiel die Begegnung mit der Dame Flavia und die Bemühungen ihrer Zechkumpane aus. Im übrigen wünschte ich mir jetzt, weniger auf die Frau und mehr auf die Männer geachtet zu haben. Es war nicht undenkbar, dass einige dieser Männer unter unseren Angreifern waren. Ich hatte zwar keinen bestimmten Grund, sie zu verdächtigen, doch zu diesem Zeitpunkt hielt ich jeden für verdächtig, einschließlich der beiden, die mir gegenübersaßen. In jenen Tagen war es nämlich keineswegs unvorstellbar, dass Senatoren Mordkomplotte gegen einander schmiedeten, wenn sich daraus politische oder monetäre Vorteile ziehen ließen. Ich befand mich auf vollkommen unvertrautem Territorium, und nur ein Narr hält einen Fremden ohne hinreichenden Beweis für einen Freund.
»Ich bin kein ausgebildeter Logiker«, sagte ich, meine Geschichte resümierend, »doch ich habe viele Stunden im Gespräch mit Cicero verbracht und einiges von ihm gelernt, was in juristischen Angelegenheiten stets hilfreich ist. Zunächst muss man die am wenigsten wahrscheinlichen Möglichkeiten ausschließen. Es war nicht bloß ein Haufen Diebe, die auf schnelle Beute aus waren.«
»Unwahrscheinlich«, stimmte Silvanus mir zu. »Es gibt jede Menge reicher Händler, die jeden Abend betrunken nach Hause torkeln. Niemand wäre so schwachsinnig, eine Gruppe mit ausgebildeten Leibwächtern anzugreifen, nur um an; den Inhalt einer Börse zu kommen.«
»Die ganze Stadt weiß, dass du hier bist, um die Piraten zu zerschlagen«, sagte Gabinius. »Höchstwahrscheinlich waren es Piraten, die dich zuerst erwischen wollten.«
»Oder Kriminelle, die sich bei den Piraten einschmeicheln wollten«, warf Silvanus ein.
»Oder gedungene Schläger eines Händlers, der sich mit Piratenbeute eine goldene Nase verdient«, sagte ich. »Ja, die Liste der Möglichkeiten ist lang. Kann irgend jemand noch politische Motive beisteuern?«
»Kleopatra, die Rom übel mitspielen wollte?« theoretisierte Silvanus. »Mir ist immer noch nicht klar, warum sie überhaupt hergekommen ist, aber als ihr Gastgeber kann ich ihr ja schlecht bohrende Fragen stellen.«
»Das halte ich für äußerst unwahrscheinlich«, entgegnete ich. Gabinius grinste maliziös. »Immerhin war sie die jenige, die dich abends auf die Straße gelockt hat, oder? Das kleine Abenteuer dieser Nacht war doch nicht deine Idee, wenn wir dich recht verstanden haben. Sie hätte das Ganze arrangieren können.«
Der Schlag saß. Kein Mann gibt gerne zu, dass er manipuliert worden ist, schon gar nicht von einem kleinen Mädchen, egal wie königlich ihre Herkunft auch sein mag. » Apollodorus hat einen von ihnen getötet«, wandte ich lahm ein.
»Vielleicht war der Junge nicht eingeweiht«, sagte Silvanus. »Außerdem würde er automatisch jeden töten, der seiner Herrin in einer solchen Situation zu nahe kommt.« »Vielleicht hat sie ihm auch gesagt, er solle einen der Angreifer niederstrecken, um jeden Verdacht von sich abzulenken«, gab Gabinius mit sichtlichem Vergnügen zu bedenken. »Vielleicht hat sie sich gedacht,
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