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Die Schiffe der Kleopatra

Die Schiffe der Kleopatra

Titel: Die Schiffe der Kleopatra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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wieder in seine königlichen Rechte eingesetzt, aber zu einem demütigenden Preis. Die Römer hatten Zypern annektiert und Kleopatras offenbar geliebten Onkel in den Selbstmord getrieben.
    Natürlich war auch sie Gast in Silvanus' Haus gewesen, doch sie stammte aus einer Familie, die bisweilen zu allem fähig und bestimmt nie skrupulos war. Außerdem hatten die Ptolemäer die ägyptische Unsitte der Vergöttlichung von Monarchen angenommen und gebärdeten sich wie lebende Götter. Außerdem war da noch die Sache mit dem Weihrauch, was immer das zu bedeuten hatte.
    Doch ich wollte Kleopatra nicht verdächtigen. Ich wollte nicht, dass sich die Sache zu einer ernsthaften Konfrontation zwischen Ägypten und Rom aus wuchs. Unsere Beziehungen waren ohnehin schon belastet genug, und das seit Jahrhunderten. Außerdem mochte ich Kleopatra. Jung, wie sie war, war sie eine absolut einzigartige Frau, die man einfach mögen musste, es sei denn, sie wollte es anders. Meine eigene Voreingenommenheit zu ihren Gunsten erkennend, nahm ich mir vor, sie mit doppeltem Argwohn zu beobachten.
    Und dann gab es auch noch die weniger dringend Ver- ; dächtigen. Der Bankier Sergius Nobilior und seine wollüstige Gattin spielten ihr eigenes Spiel. Die unauffindbaren Piraten konnten ebenfalls Grund gehabt haben, Silvanus zu eliminieren. Sie brauchten Häfen, in denen sie ihre illegal erworbene Fracht losschlagen konnten, sowie wohlgesonnene Beamte, die derweil in die andere Richtung blickten. Möglicherweise hatte sich Silvanus in korrupte Machenschaften verwickeln lassen. Die römischen Provinzstatthalter jener Tage waren ein käuflicher Haufen. Und das hat sich trotz gegenteiliger Beteuerungen des Ersten Bürgers seither auch wenig geändert.
    Nachdem er mir höflich Zeit zum Verdauen gelassen hatte, kam Photmus, um mich höchst selbst abzuholen.
    »Senator, da das Haus in Trauer ist, würde es die Gruppe vorziehen, sich nicht hier zu treffen«, unterrichtete er mich. »Der Hohepriester des Poseidontempels hat uns erlaubt, in seinem Tempel zusammen zu kommen.« Er war wieder ganz die Höflichkeit in Person, offenbar eine besondere Begabung von Höflingen.
    Ich konnte es den Männern nicht verdenken, dass sie sich nicht in einem Trauerhaus treffen wollten, da das bekanntermaßen Unglück bringt. Außerdem versammelten sich die Menschen häufig in Tempeln. Sogar der Senat trat manchmal im Tempel des Jupiter oder der Bellona zusammen. Man geht gemeinhin davon aus, dass die Menschen in Tempeln weniger lügen, so dass man keinen langen Weg auf sich nehmen muss, wenn Eide geschworen werden sollen. Trotzdem legte ich meinen militärischen Gürtel samt Schwert und Dolch an. Ich hatte zwar keinen besonderen Anlaß, einen Verrat zu befürchten, doch es würde sicherlich nicht schaden, wenn ich diese Leute daran erinnerte, wer ich war. Auch Hermes war wie immer auf dieser Insel bis an die Zähne bewaffnet.
    Wir gingen über die Plaza vor der Villa zu dem erhabenen alten Tempel. Der Innenraum war mit Lampen erleuchtet, und man hatte Klappstühle aufgestellt, damit wir bequem sitzen konnten. Zu meiner Überraschung wurden wir von lediglich vier Männern erwartet, die ohne Begleitung gekommen waren. Jeder von ihnen sah anders aus, doch alle trugen sie die Toga des römischen Bürgers.
    »Ich bin Decius Caecilius Metellus der Jüngere«, verkündete ich, als ich den heiligen Boden betrat. »Ich bin vom Senat und Volk Roms beauftragt, die Piraterie in diesen Gewässern auszurotten, und untersuche zur Zeit die Umstände des Todes von Statthalter Silvanus.« Ich blickte in die Runde. »Ich hatte eine größere Gruppe erwartet. Sind alle hier?«
    »Jeder dieser Herren«, erläuterte Photinus, »vertritt ein Syndikat römischer Händler mit Wohnsitz in Alexandria. Wenn ich vorstellen darf -«
    »Ich bitte darum«, sagte ich. »Bürger, ich möchte mich für die kurzfristige Anberaumung dieser Zusammenkunft entschuldigen, doch meine Pflichten drängen von allen Seiten, so dass ich wenig Zeit für Förmlichkeiten habe.« Das war alles mehr oder weniger richtig und vermied elegant die peinliche Frage, ob ich überhaupt die Amtsgewalt hatte.
    »Als erstes«, zwitscherte der Eunuch, »haben wir hier Marcus Junius Brutus von der Ehrenwerten Vereinigung der Weinhändler.« Bei dem so Vorgestellten handelte es sich um einen glatzköpfigen alten Burschen, der offenbar von einem eher entfernten plebejischen Zweig der berühmten gleichnamigen Patrizierfamilie

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