Die Schiffe der Kleopatra
ein und drehte sich um.
»Du hast bessere Augen als ich«, musste ich zugeben. »Wo?« Doch dann hörte ich es: die regelmäßigen Pfeifentöne eines hortator, der das Tempo für die Ruderer vorgab. Etwa einen halben Bogenschuß von uns entfernt schob sich eine lange, schattenhafte Kontur in unser Blickfeld. Ich konnte gerade noch die leisen Rufe des Mannes vernehmen, der mit einer Stange über den Grund stakte und die Tiefe durchgab.
»Eine Monere«, meldete Ariston, was mich nicht verwunderte, da diese Schiffe mit nur einer Reihe von Ruderern bevorzugt bei Überfällen und zum Schmuggeln eingesetzt wurden. Sie hatten zwar nur eine begrenzte Ladekapazität, waren dafür aber mit der halben Mannschaftsstärke einer Liburne zu bedienen.
»Glaubst du, sie haben uns gesehen?« fragte ich ihn. »Wohl kaum«, meinte er. »Wenn man im Dunkeln eine Küste anläuft, sind alle Augen nach vorn gerichtet.«
»Aber sie haben doch ein Licht, an dem sie sich orientieren können«, sagte Hermes. »Reicht das nicht, um festzustellen, dass sie auf Kurs sind?«
»Sie werden kein Risiko eingehen«, erwiderte der erfahrene Seemann. »Manchmal verirren sich Schiffe nachts auf dem Meer, und die Küstenbewohner locken sie mit falschen Leuchtfeuern auf ein Riff, damit sie die Fracht plündern können. Und die Küstenwache greift bisweilen zur selben Taktik, um Schmuggler zu fassen. Sie werden nach Felsen tasten und die Hände an den Waffen halten, bis sie sicher festgemacht haben und wissen, mit wem sie es zu tun haben.«
Und er sollte recht behalten. »Ariston«, sagte ich, als sie an uns vorbei waren, »setz uns ein Stück nördlich des Anlegestegs am Ufer ab. Ich möchte mich näher ranschleichen. Kannst du uns unbemerkt anlanden?«
»Kommt drauf an, wie wachsam die sind«, meinte er, und ich sah seine Zähne in einem kurzen Grinsen aufblitzen. Ehe ich mich versah, hatte er gewendet und hielt aufs Ufer zu. Das gedämpfte Plätschern der Ruder erschien mir mit einem Mal ohrenbetäubend laut, doch schon zehn Schritte entfernt konnte man es bestimmt nicht mehr hören.
Als wir auf Grund stießen, sprang Ariston aus dem Boot und hielt den Bug in der leichten Brandung fest. »Wir müssen es hochheben und tragen«, sagte er. »Wenn wir es über den Grund zerren, werden sie uns hören.« Also zogen Hermes und ich unsere Sandalen aus und stiegen ebenfalls in das glücklicherweise nicht allzu kalte Wasser. Das Boot war leider sehr viel schwerer, als es aussah, und ich spürte die Anspannung vom Bauch bis in die Brust, als wir es auf den kiesigen Strand trugen.
»Was nun?« fragte Hermes, als wir am Strand hockten, um unsere Sandalen wieder anzulegen. »Ein fremdes Schiff hatten wir nicht erwartet.«
»Erwartet hatten wir gar nichts«, erinnerte ich ihn. »Wir sind hergekommen, um zu sehen, was es zu sehen gibt, das ist alles. Wenn es sich, wie ich vermute, um befreundete Piraten handelt, die Gabinius einen Besuch abstatten, könnte das vielleicht schon reichen, um dem ehrgeizigen General und seinen Intrigen ein Ende zu bereiten.«
»Willst du einfach reinspazieren und ihn verhaften?« »Das lass getrost meine Sorge sein. Ariston, du wartest hier beim Boot. Wenn wir bei unserer Rückkehr rennen, ziehe das Boot ins Wasser, sobald du uns siehst.« Man konnte nie wissen. »Wie du meinst«, erwiderte er knapp. Er wirkte enttäuscht, dass er den spaßigen Teil verpassen sollte.
Hermes und ich machten uns auf den Weg. Nach unseren nächtlichen Pirschgängen in gallischen Wäldern war es ein Kinderspiel, sich an das Dock heran zu schleichen. Wir bewegten uns leise, doch das Rauschen des Meeres hätte ohnehin jedes Geräusch überdeckt. Die Brandung hier war mickrig, verglichen mit den tosenden Brechern des Ozeans jenseits der Säulen des Herkules, doch der Lärm reichte aus, feinere Laute zu übertönen.
Als wir den Anlegesteg erreichten, hatte das Schiff bereits festgemacht. Im Mondlicht erkannte ich, dass es hoch im Wasser lag, also offensichtlich nicht gekommen war, um Fracht zu löschen. Im selben Moment sah ich eine Reihe von Männern, die den von Fackeln gesäumten Pfad hinaufgingen. Oben auf der Klippe konnte ich jetzt auch ein imposantes Haus ausmachen, dessen weißer Marmor förmlich zu leuchten schien. Ich vernahm murmelnde Stimmen und wollte unbedingt wissen, was da verhandelt wurde. Das ließ sich jedoch nur bewerkstelligen, wenn wir noch näher an den Ort des Geschehens herankamen.
Das Gelände war bis ans Wasser mit
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