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Die Schildbuerger

Die Schildbuerger

Titel: Die Schildbuerger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kastner
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des Feldes auf, für den Fall, daß die Vögel das Salz würden stehlen wollen, und warteten ab. Schon nach ein paar Wochen grünte der Acker, daß es eine Lust war. Das Salzkraut schoß nur so in die Höhe. Die Feldhüter saßen mit ihren Blasrohren auf der Lauer. Aber die Vögel blieben zum Glück aus. Und die Schildbürger rechneten schon nach, wieviel Salz sie ernten würden. Hundert Zentner, meinten sie, könnten sie vermutlich sogar exportieren. Doch da kamen die Kühe und Ziegen aus dem Nachbardorf! Die Kühe und Ziegen kamen also und trampelten in dem herrlich wachsenden Salzkraut herum. Die Feldhüter schossen mit ihren Blasrohren, was das Zeug hielt. Doch das Vieh machte sich nichts draus. Die Schildbürger wußten sich wieder einmal keinen Rat. Bis der Hufschmied eine Haselnußgerte von einem Strauche losriß und aufs Feld stürzen wollte, um die Tiere zu verjagen. »Bist du toll?« schrie der Bäcker. »Willst auch du noch unser Kraut niedertrampeln?« Und sie stürzten sich auf den Schmied und hielten ihn fest. Da rief er: »Wie sonst soll ich denn das Vieh vertreiben, wenn ich nicht ins Feld laufen darf?« »Ich weiß einen Ausweg«, sagte der Schulmeister: »Du setzt dich auf ein Brett. Vier von uns heben dich mit dem Brett hoch. Und dann tragen sie dich ins Feld. Auf diese Weise wirst du kein einziges Hälmchen zertreten.« Alle waren von dem Vorschlag begeistert. Man trug, zu viert, den Schmied mit seiner Gerte über den Acker, und er verjagte das fremde Vieh, ohne dem Salzkraut auch nur ein Haar zu krümmen!
    Eine Woche später gerieten ein paar Kinder, obwohl es ihnen streng verboten war, beim Spielen ins Salzkraut hinein. Sie waren barfuß und sprangen, kaum daß sie drin waren, schreiend wieder heraus und rannten wie der Wind nach Hause. »Es beißt schon!« riefen sie aufgeregt und zeigten den Eltern ihre Füße und Waden. Überall hatten sie rote Flecken, und es brannte fürchterlich. »Das Salz ist reif!« rief der Schweinehirt. »Auf zur Ernte!« Die Schildbürger ließen ihre Arbeit stehen und liegen, spannten die Pferde und Ochsen vor die Erntewagen und fuhren, mit Sicheln, Sensen und Dreschflegeln, zum Gemeindeacker. Das Salzkraut biß ihnen in die Beine, daß sie wie die Lämmer herumhüpften. Es zerkratzte ihnen die bloßen Arme. Sie bekamen rotgeschwollene Hände. Tränen traten ihnen in die Augen und rollten ihnen über die Backen. Und es dauerte gar nicht lange, so warfen sie die Sensen und Sicheln weg, sprangen weinend aus dem Acker, fuchtelten mit den brennenden Armen, Händen und Beinen im Wind und fuhren zur Stadt zurück. »Nun?« fragten ihre Frauen. »Habt ihr das Salz schon abgeerntet?« Die Männer steckten die Hände und Füße ins kalte Wasser und sagten: »Nein. Es hat keinen Zweck. Das Salz ist uns zu salzig!«
    Ihr wißt natürlich längst, was da auf dem Felde gewachsen war und was so beißen konnte. Es waren Brennesseln! Ihr wißt es, und ich weiß es. Wir sind ja auch viel gescheiter, als die Schildbürger waren.
    WER AM BESTEN REIMT, WIRD BÜRGERMEISTER
    Da Schilda zum Kaiserreich Utopia gehörte, ist es weiter kein Wunder, daß dem Kaiser von Utopia die Dummheit der Schildbürger bald zu Ohren kam. Da er sich aber in früheren Jahren oft bei ihnen Rat geholt hatte, hielt er das, was man neuerdings über ihre Streiche zu erzählen wußte, für Gerüchte und Gerede. Deshalb beschloß er, selber einmal nach Schilda zu reisen. Er schickte also einen Boten, kündigte seinen hohen Besuch an und ließ ausrichten, sie sollten ihm »halb geritten und halb gegangen« entgegenkommen, und wenn sich ihre Antwort auf seine Begrüßungsworte reime, so werde er Schilda zur freien Reichsstadt ernennen und den Einwohnern die Umsatzsteuer erlassen.
    Die Aufregung in Schilda war natürlich groß. Und im Rathaus ging es hoch her. Denn wer von ihnen sollte denn dem Kaiser, wenn er käme, antworten? Noch dazu in gereimter Form? »Das ist doch sonnenklar!« rief der Schuster. »Unser Bürgermeister muß das tun.«
    »Du hast gut reden«, erwiderte der Bäcker. »Wir haben doch gar keinen Bürgermeister!« Verdutzt sahen sie einander an. Tatsächlich! Sie hatten vergessen, einen Bürgermeister zu wählen! Nun, sie beschlossen einstimmig, gleich am nächsten Tag das Versäumte nachzuholen. »Und wen wollen wir wählen?« fragte der Schweinehirt neugierig. Da meinte der Ochsenwirt: »Den, der bis morgen das beste Gedicht macht!« Der Vorschlag gefiel ihnen über alle Maßen. Und sie gingen

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