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Die Schildbuerger

Die Schildbuerger

Titel: Die Schildbuerger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kastner
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schleunigst heim, um etwas Hübsches zu dichten. Denn jeder von ihnen wäre selbstverständlich gerne Bürgermeister geworden. In der folgenden Nacht schliefen sie alle miserabel. Jeder lag in seinem Bett und versuchte, irgend etwas zu dichten. Reimen sollte sich’s auch noch! Der Schweinehirt dichtete so angestrengt, daß seine Frau davon aufwachte. Sie zündete eine Kerze an und fragte, was mit ihm los sei. Da verriet er ihr seinen Kummer. »Ich finde keinen Reim«, klagte er, »und möchte doch Bürgermeister werden!« »Würde ich dann Bürgermeisterin?« erkundigte sie sich. Und als er nickte, begann sie auf der Stelle eifrig nachzudenken. Schon eine Viertelstunde später hatte sie ein vierzeiliges Gedicht für ihn fix und fertig und sagte es ihm auf. Es lautete:
    »Katrine heißt die Gattin mein, möcht gerne Bürgermeist´rin sein, ist schöner als mein schönstes Schwein und trinkt am liebsten Moselwein.«
    Sie sprach ihm das Gedicht neunundneunzigmal vor, und er mußte es neunundneunzigmal nachsprechen. Da klingelte der Wecker, und der Schweinehirt mußte ins Rathaus.
    Die meisten Gedichte, die man zu hören kriegte, waren nicht viel wert. Der Schuster deklamierte zum Beispiel:

    »Ich bin ein Bürger und kein Bauer und mache mir das Leben bitter.«

    »Das kann ich besser!« rief der Hufschmied und dichtete:

    »Ich bin ein Bürger und kein Ritter und mache mir das Leben sauer.«
    Doch auch seine Verse fanden keinen rechten Anklang. So ging das eine ganze Weile hin, bis dann der Schweinehirt aufgerufen wurde. Er holte tief Luft und sagte mit lauter Stimme:
    »Meine Frau, die heißt Katrine, war gerne Bürgermeisterin,
ist schwerer als das schwerste Schwein und trinkt am liebsten Bayrisch Bier.«
    Daß er damit den Vogel abschoß, wird niemanden von euch wundern. Der Schweinehirt wurde also unter Beifallsrufen zum Bürgermeister von Schilda gewählt. Und er und seine Frau waren aufeinander sehr stolz.
    DER KAISER BESUCHT DIE SCHILDBÜRGER
    Als ihnen der Kaiser durch seinen Boten hatte ausrichten lassen, die Schildbürger sollten ihm »halb geritten und halb gegangen« entgegenkommen, hatte er gemeint, wer kein Pferd habe, könne getrost zu Fuß gehen. Aber die Schildbürger zerbrachen sich die Köpfe. Erst dachten sie, sie sollten einen Fuß im Steigbügel und den anderen am Boden haben. Dann hatte der neue Bürgermeister einen noch besseren Einfall. »Wenn wir hölzerne Steckenpferde ritten«, sagte er, »wären wir halb zu Pferd und halb zu Fuß!« Das war ein Gedanke recht nach ihrem Herzen. Sie ließen sich beim Schreiner Steckenpferde schnitzen, weiße, braune, schwarze und fuchsrote, und als der Kaiser in seiner Galakutsche angemeldet worden war, sprengte ihm ganz Schilda auf Holzpferdchen entgegen. Der Anblick freute den Kaiser außerordentlich. Deswegen war er später dem Bürgermeister auch nicht sonderlich böse, als dieser auf die kaiserlichen Grußworte keinen Reim wußte. Und die Umsatzsteuer erließ er ihnen trotzdem. Das freute nun wieder die Schildbürger. Und so wurde des Kaisers Aufenthalt zu einem rechten Fest. Er lachte in einem fort, und weil sein Leibarzt sagte, Lachen sei gesund, blieb er sogar einen Tag länger.
    Zum Abschied schenkten sie ihm einen großen Topf mit hausgemachtem Senf. Es war nur schade, daß der Bürgermeister den Topf beim Überreichen fallen ließ. Er bückte sich, griff eine Handvoll Senf und wollte den Kaiser wenigstens kosten lassen. Aber der hohe Besuch dankte bestens und meinte, er habe gerade keinen Appetit. Statt dessen überreichte er dem Bürgermeister einen mit Wappen und Siegel geschmückten Freibrief, worin den Schildbürgern völlige Narrenfreiheit zugesichert wurde. So dumm sie sich auch benahmen, hieß es in dem Schreiben, sei es doch bei Strafe verboten, sie zu höhnen, auszulachen und auszupfeifen. Wer es trotzdem tue, müsse eine Narrenmütze mit drei Schellen tragen und den Schildbürger, den er gekränkt habe, im Gasthaus zu einem Essen mit drei Gängen einladen. Die Schildbürger schrien »Hurra!« und sprengten neben dem Galawagen her, bis ihre Holzpferde müde wurden. Der Kaiser reichte dem Bürgermeister zum Schluß gnädig die Hand aus dem Wagenfenster. Der Bürgermeister schüttelte sie herzlich. Leider nahm er dazu die Hand, die er in den Senf getunkt hatte. Er merkte es aber gar nicht. Nur der Kaiser, der merkte es.
    DIE KUH AUF DER ALTEN MAUER
    Kaum daß der Kaiser abgereist war, wendeten sich die Schildbürger wieder mit neuem Mut und

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