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Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel

Titel: Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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widerstrebend.
    Die anderen verließen den Raum, und daraufhin drehte sich der Abt um. Aus der Nähe gesehen wirkte er noch viel älter.
    Das Gesicht war nicht faltig, sondern bildete eine große Falte.
    Er war in mittleren Jahren, als Torrit geboren wurde,
dachte Masklin.
Er könnte Oma Morkies Großvater sein!
    Der Abt lächelte ein mühevolles Lächeln: Jemand schien ihm das Lächeln erklärt zu haben, aber offenbar hatte er nie Zeit gefunden, um zu üben.
    »Du heißt Masklin, wenn ich mich recht entsinne.« Der Jäger stritt es nicht ab.
    »Ein Wunder!« platzte es aus ihm heraus. »Du kannst mich sehen! Vor zehn Minuten hast du meine Existenz geleugnet, und jetzt redest du mit mir!«
    »Das ist keineswegs seltsam«, erwiderte der Abt. »Vor zehn Minuten war alles offiziell. Meine Güte, soll ich etwa zulassen, daß die Leute glauben, ich hätte mich von Anfang an geirrt?
    Seit Generationen betonen die Äbte immer wieder: Es existiert nichts im Draußen. Wenn ich jetzt einräume, daß es dort doch etwas geben könnte … Man hielte mich für verrückt.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, so ist das in der Politik. Äbte dürfen nicht dauernd ihre Meinung ändern. Dir wird sicher bald klar, worauf ich hinaus will. Es spielt keine Rolle, ob ein Anführer recht oder unrecht hat – er muß
sicher
sein. Sonst wissen die anderen Leute gar nicht mehr, was sie denken sollen. Natürlich kann es nicht schaden, recht zu haben«, fügte der Abt hinzu. Er lehnte sich zurück. »Einst fanden schreckliche Kriege im Kaufhaus statt«, fuhr er fort.
»Entsetzliche
Kriege. Eine grauenhafte Zeit. Nom gegen Nom. Vor Jahrzehnten. Immer schien irgendein Wicht die Ansicht zu vertreten, seine Familie müsse über das Kaufhaus herrschen. Die Schlacht vom Lastenaufzug, die Textilien-Feldzüge, die gräßlichen Kriege des Zwischenstocks … Doch das ist jetzt vorbei. Und weißt du warum?«
    »Nein«, antwortete Masklin.
    »Wir haben einen Schlußstrich unter diese Vergangenheit gezogen. Wir, die Büromaterialer. Mit List, Vernunft und Diplomatie. Wir wiesen darauf hin, daß Arnold Bros (gegr. 1905) von den Nomen erwartet, in Frieden zu leben. Nun, angenommen, ich wäre vorhin bereit gewesen, eure Existenz anzuerkennen und dir zu glauben. Die übrigen Anwesenden hätten gedacht: Jetzt ist der alte Knabe übergeschnappt.« Der Abt lachte leise. »Und dann hätten sie sich gefragt: Haben sich die Büromaterialer die ganze Zeit über geirrt? Vielleicht wäre eine Panik ausgebrochen. Nein, so etwas darf nicht passieren. Wir müssen die Nomen zusammenhalten. Du weißt sicher, daß die dauernd miteinander zanken.«
    »Ja, das stimmt«, erwiderte Masklin. »Und dann geben sie einem die Schuld für alles und sagen: Na, was willst du jetzt unternehmen?«
    »Es ist dir aufgefallen, nicht wahr?« Der Abt lächelte erneut.
    »Mir scheint, du bringst genau die richtigen Voraussetzungen mit, um ein guter Anführer zu sein.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Genau das meine ich. Du möchtest kein Anführer sein. Und
ich
wollte nie Abt werden.« Seine Finger trommelten auf den Gehstock, und er bedachte Masklin mit einem durchdringenden Blick.
    »Die Leute sind immer viel komplizierter, als man zunächst annimmt«, sagte er. »Es ist sehr wichtig, das nie zu vergessen.«
    »Ich denke daran«, versprach Masklin. Eine andere Antwort fiel ihm nicht ein.
    »Du glaubst nicht an Arnold Bros (gegr. 1905), oder?«
    brummte der Abt. Es war eigentlich keine Frage, eher eine Feststellung.
    »Nun, ich …«
    »Ich habe ihn gesehen. Als Junge. Bis zur Buchhaltung bin ich hinaufgeklettert, versteckte mich dort und sah: Er saß an einem Tisch und schrieb.«
    »Oh?«
    »Er hatte einen Bart.«
    »Oh.«
    Wieder trommelten die Finger des Abts auf den Gehstock, und er erweckte den Eindruck, sich zu einer Entscheidung durchzuringen. »Hm. Wo bist du im –Draußen zu Hause gewesen?«
    Masklin erzählte es ihm. Seltsam: Wenn er sich jetzt daran erinnerte, erschien ihm alles viel besser. Mehr Sommer als Winter, mehr Nüsse als Rattenfleisch. Keine Bananen, Elektrizität oder Teppiche, aber dafür viel frische Luft. Das Gedächtnis zeigte ihm auch weniger Regen und Frost. Der Greis hörte ihm aufmerksam zu.
    »Als unsere Gruppe größer war, führten wir alle ein leichteres Leben«, beendete Masklin seine Schilderungen. Er blickte auf seine Füße. »Ihr könnt uns begleiten und bei uns wohnen.
    Nach dem Abriß des Kaufhauses.«
    Der Abt lachte. »Wahrscheinlich fiele es mir sehr schwer,

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