Die Schlacht der Nomen: Trucker, Wühler, Flügel
hast du mich vorher nicht um Erlaubnis gefragt?«
»Hättest du es erlaubt?«
»Nein!«
»Jetzt kennst du den Grund«, sagte Masklin.
»So etwas habe ich nicht erwartet, als ich dir meine Hilfe anbot!« heulte Gurder.
»Ebensowenig wie ich!« schnappte Masklin. Der neue Abt zögerte.
»Wie meinst du das?« fragte er.
»Ich dachte, du wolltest helfen«, antwortete Masklin schlicht.
Gurder ließ die Schultern hängen. »Na schön, na schön«, murmelte er. »Jetzt kann ich es nicht mehr verbieten. Wäre meiner Autorität sehr abträglich.« Er seufzte. »Also gut. Du hast freie Hand. Nimm dir alle Leute, die du brauchst.«
»Gut«, sagte Masklin. »Wann kannst du anfangen?«
»Ich? Aber…«
»Du hast dich selbst als besten Leser bezeichnet.«
»Ja, das stimmt auch, aber…«
»Gut.«
Die Wichte gewöhnten sich später an dieses Wort. Masklin sprach es auf eine Weise aus, die darauf hindeute, daß alles geklärt war, daß es keinen Sinn mehr hatte, noch etwas hinzuzufügen.
Gurder wirkte fahrig.
»Was verlangst du von mir?«
»Wie viele Bücher gibt es?« fragte Masklin.
»Hunderte! Tausende!«
»Und weißt du, wovon sie berichten?«
Gurder musterte ihn verblüfft. »Ist dir eigentlich klar, was du da fragst?«
»Nein, aber ich möchte es gern herausfinden.«
»Die Bücher berichten über alles. Es ist kaum zu fassen! Sie sind voller Wörter, die nicht einmal ich verstehe!«
»Existieren auch Bücher, die einem unverständliche Wörter erklären?«
Das ist Tiefenanalyse,
fuhr es Masklin durch den Sinn.
Und ich führe sie durch, ohne darüber nachzudenken.
Donnerwetter!
Gurder zögerte. »Eine interessante Vorstellung«, sagte er.
»Ich will möglichst viel über Lastwagen, Elektrizität und Nahrung erfahren«, fuhr Masklin fort. »Und dann brauche ich ein Buch über, über …«
»Ja?« Das Gesicht des Jägers offenbarte so etwas wie Verzweiflung. »Gibt es ein Buch, das mitteilt, wie Nomen einen für Menschen gebauten Laster fahren können?«
»Du weißt es nicht?«
»Nun, nicht – genau. Ich dachte, wir kommen früher oder später dahinter.«
»Aber du hast doch gesagt, man braucht sich nur mit der
Straßenverkehrsordnung
auszukennen!«
»Jja«, erwiderte Masklin unsicher. »Darin steht
geschrieben,
daß man zuerst die
Straßenverkehrsordnung
lernen muß.
Trotzdem: Ich habe das Gefühl, daß es nicht so einfach sein kann.«
»Günstige Angebote in Hülle und Fülle – steht uns bei!«
»Das hoffe ich«, sagte Masklin. »Das hoffe ich von ganzem Herzen.«
Und dann wurde es Zeit für ein gewagtes Experiment. Es war kalt im Lastwagennest, und es stank nach
Sel.
Darüber hinaus erwartete sie ein langer Sturz nach unten, wenn sie vom Träger fielen. Masklin versuchte, nicht in die Tiefe zu starren.
Sie verharrten in der Nähe eines Lastwagens. Hier drin wirkte er weitaus größer als draußen – ein riesiges, rotes und schreckliches Blechgebirge, das im Zwielicht emporragte.
»Das ist weit genug«, sagte der Jäger nach einer Weile. »Wir sind jetzt direkt über dem Etwas, das aus dem Rest herausragt.
Der Fahrer sitzt da drin.«
»Du meinst das Führerhaus«, ließ sich Angalo vernehmen.
»Ja, genau. Das Führerhaus.«
Angalo war eine echte Überraschung gewesen. Keuchend und mit rotem Gesicht erschien er in der Abteilung Büromaterial und bat darum, in das Geheimnis der Büchersprache eingeweiht zu werden.
Um über Lastwagen zu lesen. Sie faszinierten ihn.
Masklin erinnerte sich an seine erste Reaktion: »Aber dein Vater hält doch gar nichts von der ganzen Idee.«
»Und wenn schon«, erwiderte Angalo. »Für dich spielt’s kaum eine Rolle. Ich meine, du
kommst
von dort! Ich möchte die vielen Dinge ebenfalls sehen. Ich möchte nach Draußen und feststellen, ob dort tatsächlich etwas existiert, ob es mehr ist als nur ein Traum!« Er war kein besonders guter Leser, gab sich jedoch große Mühe, als ihm die Büromaterialer Bücher mit Lastern auf den Titelbildern brachten. Daraufhin las er so angestrengt, bis ihm das Gehirn schmerzte. Jetzt wußte er wahrscheinlich mehr über Lastwagen als alle übrigen. Mit anderen Worten: etwas mehr als nichts. Masklin hörte, wie Angalo vor sich hin brummte, als er die Riemen und Gurte überstreifte.
»Gang«, sagte er. »Schaltung. Lenkrad. Scheibenwischer.
Automatisches Getriebe. Spediteur. Hau das Gas runter. Friß den Asphalt. Quietschende Reifen. Trukker.« Angalo sah zu Masklin auf und lächelte dünn.
»Alles klar.«
»Denk
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