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Die Schlacht der Trolle

Titel: Die Schlacht der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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standen ihre Berater und andere Adlige. Ich hätte eine Handvoll Leute mitnehmen sollen, erkannte Tamár mit Bedauern. Überrascht stellte er fest, dass seine Handflächen feucht waren. Er unterdrückte das Verlangen, sie an den Beinkleidern abzuwischen. Stattdessen verneigte er sich.
    »Willkommen im Sadat, Marczeg Békésar. Verzeiht die etwas schlichte Unterbringung, aber wir hielten es für das Beste, unsere Soldaten an den Iames zu verlegen.«
    Die Stimme der Fürstin klang ruhig und gelassen, dabei musste sie erst gestern Abend vom Tod ihrer Schwester erfahren haben. Forschend blickte Tamár ihr ins Gesicht, doch er konnte keine Gemütsregung erkennen.
    »Ich danke Euch, Voivodin Ionna. In Anbetracht der Lage ist eine Heerschau wohl angemessen.«
    »Bevor wir fortfahren, sollte ich Euch einige der Anwesenden vorstellen.«
    In rascher Folge zeigte Ionna auf die Wlachaken, aber Tamár konnte sich nur wenige der Namen merken. Einige Personen, wie Sten cal Dabrân oder Istran Ohanescu, kannte er bereits vom Namen her. Während die Fürstin die Vorstellung beendete, blieb Tamárs Blick an Sten hängen, der totenbleich und unrasiert neben dem Thron stand. Das ist der berühmte Rebell, Flores’ Bruder? Der Marczeg glaubte, dass er ihn auch so erkannt hätte. Er sah seiner Schwester sehr ähnlich. Dasselbe schmale Gesicht, dieselben dunklen Augen und Haare. Nur fehlte seinem Antlitz das Feuer, das die Züge der Söldnerin so oft beherrschte. Der Tod von Ionnas Schwester mag Flores schwer getroffen haben, doch diesen Mann hat die Nachricht noch übler erwischt. Ich habe schon Krieger mit einem halben Dutzend Bolzen in der Brust gesehen, in denen noch mehr Leben steckte! Der wlachakische Bojar erwiderte Tamárs Blick, und der Masride erschauerte angesichts der Leere in diesen Augen. Schnell wandte er sich wieder Ionna zu.
    »Flores cal Dabrân hat mir von der Eroberung Eurer Stadt berichtet. Und vom Fall der Feste Zvaren. Und auch vom Tod …«
    Hier stockte die Stimme der Fürstin dann doch für einen Herzschlag, bevor sie fortfuhr: »… meiner Schwester.«
    »Ich bedaure Euren Verlust. Die Bojarin Viçinia war eine mutige Frau, die den Flüchtenden aus Turduj Zuversicht und Hoffnung gegeben hat. Ihr Tod war ein schrecklicher Verlust.«
    Ein Muskel in Ionnas Wange zuckte, als sie Tamárs Worte vernahm. Der Masride konnte sehen, wie ihre Hände sich um die Lehnen ihres Throns krallten.
    »Und nun erklärt mir, warum meine Schwester sich zum Zeitpunkt des Angriffes noch in Turduj befand. Warum ihr nicht eine Eskorte in ihre Heimat gewährt wurde. Warum sie in einem dreckigen Loch sterben musste.«
    Die Fürstin ist außer sich vor Zorn, sie hat sich nur gut im Griff, dachte Tamár. Vorsichtig antwortete er, um jedes passende Wort bemüht: »Nach den Angriffen durch Trolle, die ich selbst miterlebt habe, erschien meinem Vater eine Bedrohung durch Euch zu wahrscheinlich, als dass er Eure Gesandte hätte ziehen lassen.«
    Ein Murmeln ging durch die versammelten Wlachaken. Einige Male hörte Tamár das Wort »Trolle«. Andere wiederum schienen mit der Erklärung nicht zufrieden zu sein. Ionna schwieg und sah Tamár aus unergründlichen Augen an.
    »Ich übernehme die volle Verantwortung für ihren Tod.«
    Die Worte brachten die Mitglieder des Rates zum Schweigen. Selbst Tamár war von ihnen überrascht, doch er erkannte, dass er nur die Wahrheit ausgesprochen hatte. Also fuhr er mit fester Stimme fort: »Mein Vater war durch die Ereignisse erschüttert und hat falsch geurteilt. Ich habe dies gesehen, aber meine Meinung nicht entsprechend vertreten. Hätte ich meinen Vater umgestimmt, dann wäre Bojarin Viçinia noch am Leben.«
    Jetzt brach Tumult aus. Die Angehörigen des Rates riefen durcheinander, einige forderten die sofortige Gefangennahme des Marczegs, andere griffen gar nach ihren Waffen. Inmitten des Aufruhrs blieben nur Ionna, Sten und Tamár ruhig. Selbst Flores, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, war vorgetreten und lieferte sich ein hitziges Wortgefecht mit einem narbenübersäten, alten Krieger, der kurz davor zu sein schien, sich auf den Masriden zu stürzen. Ich muss mich vor diesem wlachkischen Pöbel, der sich wie eine Hundemeute um die Beute balgt, nicht für meine Taten rechtfertigen, dachte Tamár zornig, während er die hasserfüllten Blicke hochmütig an sich abprallen ließ. Meine Familie herrscht in diesem Land seit Jahrhunderten, in meinen Adern fließt das Blut von Arkas Dîmminu

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