Die Schlacht der Trolle
denn er erwartete jeden Moment das Urteil der Fürstin. Stattdessen trat Istran Ohanescu vor.
»Unser Volk, unser Land braucht Frieden, meine Freunde. Ihr wisst so gut wie ich, wie sehr der ewige Krieg uns ausgeblutet hat. Viele eurer Söhne und Töchter, Brüder, Schwestern, Frauen und Männer gaben ihr Leben für unsere Freiheit. Die ersten Pflanzen öffnen zögerlich ihre knospenden Blüten. Wollen wir wirklich riskieren, sie unter den Hufen unserer Kriegspferde zu zertrampeln? Ein Krieg an zwei Fronten, gegen zwei Gegner? Marczeg Tamár Békésar ist in gutem Glauben zu uns gekommen, weil wir ihm Frieden angeboten haben. Sollten wir das nicht würdigen?«
»Bah!«, rief Micon. »Er kommt mit eingeklemmtem Schwanz und winselt!«
Wütend starrte Tamár den alten Krieger an. Die Beleidigung brannte heiß auf seinen Wangen. Was habe ich mir angetan, dass Wlachaken um mein Schicksal schachern? Ich sollte diesen alten Narren hier und jetzt niederstrecken, ich sollte ...
»Keineswegs«, sagte Flores unvermittelt. »Bojar Istran spricht die Wahrheit. Nemes Viçinia hat dem Marczeg geraten, zu unserer Herrin zu kommen. Sie hat ein Bündnis vorgeschlagen.«
Diese Worte lösten eine erneute Unruhe aus. Tamár nutzte die Zeit, um tief durchzuatmen und seinen Zorn zu unterdrücken. Seine Worte sind unwichtig. Wichtig ist, dass mein Volk überlebt. Und dafür brauche ich Ionnas Hilfe. Damit zumindest hatte Viçinia recht: Allein stehen unsere Aussichten nicht sehr gut. Und auf keinen Fall kann ich einen zusätzlichen Krieg gegen die Wlachaken gebrauchen. Die Luft in dem Zelt war inzwischen zum Schneiden dick; Schweiß lief Tamár über den Leib, und er wischte sich einige Tropfen mit dem Handrücken von der Stirn.
»Mein Vater war vor den Übergriffen durch die Trolle geneigt, das Friedensangebot anzunehmen. Leider wurde sein Vertrauen durch die Ereignisse schwer erschüttert«, erklärte der junge Marczeg und lenkte so alle Aufmerksamkeit auf sich.
»Ihr habt schon von diesen Angriffen gesprochen«, sagte Ionna. »Erzählt bitte genauer.«
Ihrem Wunsch entsprechend, berichtete Tamár von seinen Erlebnissen in Bârlui. Obwohl er es als demütigend empfand, ließ er weder die vielen Verluste noch die wilde Flucht in jener Nacht aus. Danach herrschte Schweigen, das erst von Istran gebrochen wurde: »Auch im Sadat gab es Angriffe durch Trolle. Offenbar hegen sie einen Groll gegen uns Menschen und machen dabei keinerlei Unterschied zwischen Masriden und Wlachaken. Auch wenn es Kontakt mit Trollen gibt, kann ich Euch versichern, dass wir von den Angriffen ebenso betroffen sind wie Euer Volk.«
»Meine Zweifel daran wurden bereits von Nemes Flores und Nemes Viçinia zerstreut.«
»Wo stehen Eure Truppen, Marczeg? Wer führt sie?«
»Wir haben auf dem Weg hierher das Lager unserer Soldaten passiert, die im Westen des Sirevas stationiert waren. Sie werden von Baró Odön geführt. Zudem habe ich Boten in den Norden entsandt. Die Krieger dort werden versuchen, sich zwischen Iames und Ylt mit Odöns Truppen zu vereinen. Szilas hat meines Wissens nach Turduj noch nicht verlassen, aber er sendet Späher aus. Entweder erwartet er unseren Angriff in Turduj, oder er wird uns entgegenziehen«, erläuterte Tamár. Bei der Erwähnung Odöns musste der junge Marczeg wieder an das aufsässige Verhalten des Szarken denken. Wer weiß, wie lange er mir noch die Treue hält. Vaters Tod hat ihn an Macht gewinnen lassen. Ich muss Stärke zeigen, wenn ich nicht Titel und Leben verlieren will. Aber wie soll ich das, wenn ich hier mit Wlachaken streiten muss?
Plötzlich erhob sich Ionna und verschränkte die Arme vor der Brust. Gespanntes Schweigen breitete sich aus, da alle Anwesenden auf die Worte der Voivodin warteten.
»Obwohl wir Frieden suchen, kommt Krieg zu uns. Nach all den Entbehrungen und Verlusten ist uns keine Ruhepause vergönnt«, begann Ionna. Beinahe ohne zu atmen, hing Tamár an ihren Lippen. Was auch geschieht, ich werde mich nicht weiter erniedrigen und keine weitere Schwäche mehr zeigen. Ich bin meines Vaters Sohn.
»Wir müssen erneut in die Schlacht ziehen. Ich habe den Argumenten für und gegen ein Bündnis gelauscht. Ich akzeptiere Marczeg Tamárs Eingeständnis, am Tode meiner Schwester schuldig zu sein«, fuhr die Fürstin fort, wobei ihre Worte Tamárs Magen wie eine kalte Faust umkrampften. »Aber ich teile seine Meinung nicht.«
Ein Raunen ging durch die Menge, abrupt beendet von Ionnas weiteren Worten: »Mein
Weitere Kostenlose Bücher