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Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das Gerät einzuschalten, auf dessen Bildschirm jetzt das ziselierte Flammen-M Morons flackerte. Er selbst hatte dieses Symbol entworfen, und damals war es ihm passend erschienen. Etwas, das die Macht und Unbesiegbarkeit Morons deutlicher symbolisierte als alles andere. Und das seine eigene, kleine Rache an den Invasoren darstellte, denn für ihn bedeutete dieses >M< nicht nur Moron, es stand auch für Monster, für die Ungeheuer von den Sternen, die sein Volk vernichtet und ihm seine Welt gestohlen hatten. Jetzt begann er es zu fürchten. Was er in Paris erlebt hatte, hatte ihm gezeigt, wie hilflos er in Wahrheit war. Er war ein mächtiger Mann, vielleicht der mächtigste Mann dieses Planeten - und trotzdem war er ein Nichts. Seine Macht währte, solange sie es wollten. Keine Sekunde länger. Und vielleicht war die Gnadenfrist, die sie ihm gewährt hatten, schon abgelaufen. Innerlich angespannt, schaltete Stone das Gerät ein. Das flackernde, rote >M< auf dem Bildschirm erlosch und machte der ausdruckslosen Chitin-Maske Luzifers Platz, seines persönlichen Adjutanten. Vor drei Jahren, als man ihm dieses riesige, ameisenähnliche Geschöpf zugeteilt hatte, hatte Stone diesen Namen witzig gefunden; mittlerweile war er nicht mehr sicher, ob er sich nicht wirklich auf einen Pakt mit dem Teufel eingelassen hatte. »Ja?« begann er. »Irgend etwas Neues aus Paris?« »Das Bombardement wurde eingestellt«, antwortete Luzifer. »Warum?« »Die Flüchtlinge sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tot«, antwortete Luzifer. »Was heißt >mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit? <« brüllte Stone. »Sind sie tot oder nicht?« »Das wissen wir nicht, Herr«, antwortete Luzifer. »Der abgestürzte Gleiter wurde aufgespürt und vernichtet. Eine Fortsetzung der Bombardierungen würde die Strahlenwerte unzulässig erhöhen. Es gibt eine Königin im Gebiet dieser Stadt.« »Das weiß ich«, antwortete Stone gereizt. »Aber ich dachte, ihr seid resistent gegen radioaktive Strahlung?« »Das trifft zu, soweit es die Arbeiter und Soldaten angeht«, bestätigte Luzifer. »Aber die unausgeschlüpften Eier könnten geschädigt werden. Die Sicherheit der Brut hat Vorrang gegenüber der Vernichtung der Entflohenen.« Obwohl seine Stimme so kalt und ausdruckslos wie gewöhnlich klang, spürte Stone, wie wenig Sinn es hatte, Luzifer in diesem Punkt zu widersprechen. Das Insektengeschöpf war sein persönlicher Adjutant; sein Diener und Sklave, über den er nach Belieben befehlen konnte. Er zweifelte nicht daran, daß Luzifer ohne eine Sekunde zu zögern sein Leben geopfert hätte, hätte er es von ihm verlangt. Und doch würde er ihm in diesem Punkt nicht gehorchen. Manchmal fragte sich Stone, ob er vielleicht in Luzifers Augen ein ebenso minderwertiges Geschöpf war wie umgekehrt die Ameise in seinen. Es war eine verwirrende Situation - sie waren beide Sklaven, und bis zum heutigen Tag hatte Stone niemals geklärt, wer nun wessen Sklave war. »Also gut«, sagte er nach kurzem Überlegen. »Dann laß ein Schiff und eine Begleitmannschaft startbereit machen. Ich will mich mit eigenen Augen davon überzeugen, daß Captain Laird und ihre Begleiter tot sind.« Und vor allem dieser Megamann, fügte er in Gedanken hinzu. Wenn Kyle noch lebte, und wenn er aus irgendeinem Grund gefangengenommen und verhört wurde, dann war es um ihn geschehen. Es hatte Stone ohnehin überrascht, daß er mit der Behauptung, der flüchtende Megakrieger hätte die beiden Inspektoren getötet, so ohne weiteres durchgekommen war. Doch so mißtrauisch und unbarmherzig die Insektengeschöpfe von Moron waren, so leicht war es, sie zu belügen. Vielleicht lag es daran, überlegte er, daß es Insekten waren. Ein Volk, zu dessen Wortschatz Begriffe wie Mitleid, Gnade oder Gewissen nicht gehörten, ließ sich schwer mit der Vorstellung absoluter Ehrlichkeit assoziieren. Aber nach allem, was Stone in den vergangenen drei Jahren erlebt hatte, wußten die Moroni wirklich nicht, was der Begriff Lüge bedeutete. Luzifer antwortete nicht auf seinen Befehl, aber er unterbrach auch die Bildverbindung nicht, sondern starrte ihn über den Monitor hinweg aus seinen kalten, glitzernden Facettenaugen heraus an, und nach einer Weile fragte Stone in leicht gereiztem Tonfall: »Was gibt es denn noch?« »Es erscheint mir nicht sehr ratsam, daß Sie sich selbst dorthin begeben, Herr«, antwortete Luzifer. »Die Strahlenwerte sind im Moment sehr

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