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Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sah der Soldat sie überrascht an, dann wandte er den Kopf und blickte den ABC-Anzug an, der am Fußende ihrer Pritsche an der Wand hing. Er nickte, und ein anerkennendes Lächeln huschte über seine Lippen. »Unser IVD«, antwortete er. »IVD?« »Idiot vom Dienst«, erklärte Felss lächelnd. »Ein ziemliches Rindvieh. Aber leider auch mein Vorgesetzter - und zumindest im Moment der Boß hier unten.« »Dann bringen Sie mich zu ihm«, verlangte Charity. »Jetzt gleich?« »Jetzt gleich!« Felss hatte sich schon zur Tür gedreht, als er sich noch einmal umwandte. »Sind Sie sicher, daß Sie nichts wollen?« fragte er. »Sie müssen entsetzliche Kopfschmerzen haben. Ich kann Ihnen eine Tablette geben, wenn Sie keine Spritzen mögen.« Charity schüttelte zornig den Kopf - was das leise Hämmern hinter ihren Schläfen zu einem Stakkato dröhnender Paukenschläge anschwellen ließ - und sagte leise »Ja.« Der Leutnant lachte ein leises, gutmütiges Lachen, während seine Hand in die rechte Jackentasche glitt. »Stolz ist eine feine Sache«, sagte er, »aber gegen Kopfschmerzen wirkt er nicht besonders.« Charity schenkte ihm einen bösen Blick, wartete, bis er das kleine Tablettenröhrchen aufgeschraubt und zwei Pillen auf ihre ausgestreckte Hand geschüttet hatte, und würgte sie trocken herunter. Dann mußte sie husten, schüttelte aber den Kopf, als Felss den Arm hob und sie fragend ansah, um ihr auf den Rücken zu klopfen. »Schon gut«, sagte sie mühsam. »Es ... geht schon wieder.« Für einen Mann, der sie noch vor weniger als zwei Stunden mit einer Schockwaffe niedergestreckt hatte, verhielt er sich plötzlich sehr leichtsinnig, denn er drehte ihr den Rücken zu, als er auf den Gang hinaustrat. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Pistolentasche an seinem Gürtel zu schließen. Vielleicht unterschätzte er sie einfach, weil sie eine Frau war. »Was ist das hier?« fragte sie, während sie neben Felss durch den langen, sehr niedrigen Korridor ging, dessen Wände wie die Zelle aus dem gleichen nackten Beton bestanden. Unter der Decke zog sich ein Gewirr von Rohrleitungen und elektrischen Verbindungen hin, die zum Teil noch nicht einmal verkleidet waren. Diese Anlage mußte entweder in großer Hast oder mit sehr wenig Geld errichtet worden sein. Und sie war offensichtlich sehr alt. Es schien kein Metallteil zu geben, das nicht verrostet war. Trotzdem funktionierte das meiste offenbar noch. Von den Leuchtstoffröhren unter der Decke war nur jede zweite eingeschaltet; in regelmäßigen Abständen gab es kleine Videokameras an den Wänden, die ihren Schritten mit lautlosen Drehungen folgten. »Leutnant Hartmann wird Ihnen alles erklären«, antwortete Felss freundlich. »Wir sind gleich da.« Er deutete auf eine Tür am vorderen Ende des Ganges. Charity sah ihn mit leiser Verärgerung an, sparte sich aber jede weitere Frage. Vielleicht waren es die Videokameras und die zweifellos dazugehörigen Mikrophone, die Felss plötzlich schweigsam werden ließen.
     
    *
    »Nun?« Unter normalen Umständen hätte Stern jetzt überrascht aufgeblickt, denn Leutnant Hartmanns Stimme klang vollkommen ruhig und sogar freundlich. Aber die Umstände waren nicht normal, und daher blickte Stern weiter und mit wachsender Besorgnis auf das Gewirr von winzigen Computermonitoren, Skalen und Anzeigeinstrumenten auf dem Pult vor sich. »Ich fürchte, da ist nichts mehr zu machen«, sagte er nach einer Weile. Er sah Hartmann mit eindeutig furchtsamem Gesichtsausdruck an. Doch Hartmann runzelte nur besorgt die Stirn und fixierte dann einige Sekunden lang einen imaginären Punkt irgendwo zwischen Stern und der Wand hinter ihm. »Was ist mit der Notbremse?« fragte er schließlich. Stern schüttelte andeutungsweise den Kopf. »Zu spät«, sagte er. »Ich habe alles versucht. Aber die Computer haben Eindringlinge in der Sicherheitszone registriert. Da ist nichts mehr zu machen. Wir haben bereits seit einer Stunde Sekundär-Alarm.« Er zögerte einen Moment und faßte dann, durch Hartmanns ungewohnte Ruhe und Gelassenheit ermutigt, genug Mut, um mit der Hand auf einen der Kontrollmonitore an der Wand zu deuten und hinzuzufügen: »Wenn in den nächsten dreißig Minuten auch nur noch eine von diesen Flugscheiben auftaucht, dann wird der Primär-Alarm ausgelöst.« Hartmann drehte sich herum und blickte auf den Schirm. Er war kein abergläubischer Mensch. Die Position, die er innehatte, hatte er aus dem einzigen

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