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Die schlafende Armee

Die schlafende Armee

Titel: Die schlafende Armee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Handbewegung auf einen offenen Lastenaufzug, der zum Boden der Höhlenstadt herabführte. »Kommen Sie. Ich stelle Sie Generalmajor Krämer vor, unserem Kommandanten. Er erwartet Sie bereits.«
     
    *
     
    Der Laserstrahl hatte ihn getroffen und zu Boden geschleudert, und er hatte - ungewöhnlich genug - für Minuten das Bewußtsein verloren. Zwar brachte Kyle es fertig, den Schmerz abzuschalten und die Blutung zu stillen, doch war es ihm nicht mit gewohnter Schnelligkeit gelungen, die Wunde in seiner Schulter zu schließen. Seine Zellen regenerierten sich längst nicht so schnell, wie es notwendig gewesen wäre. Er hatte zehn Minuten gebraucht, bis er wieder soweit bei Kräften war, daß er aufstehen konnte. Vielleicht verlor er seine schier übermenschlichen Fähigkeiten allmählich, dachte er. Vielleicht hatten sie während seiner Gefangenschaft in Paris irgend etwas mit ihm getan, das ihn vom Übermenschen wieder zu einem ganz normalen Mann werden ließ. Voller plötzlichem Schrecken begriff Kyle, daß er kaum mehr in der Lage sein würde, einen Kampf mit einem anderen Megamann zu bestehen. Eine Bewegung bei den gelandeten Gleitern riß ihn aus seinen Gedanken. Kyle erhob sich vorsichtig hinter seiner Deckung und spähte zu den silbernen Flugscheiben hinüber. Es waren fünf, drei kleinere Jagdschiffe, wie sie sie aus Paris her kannten, und zwei größere, mattgraue Kriegsschiffe. Es war das erste Mal, daß Kyle einen dieser Zerstörer aus der Nähe sah. Aber während seiner Ausbildung zum Megakrieger hatte er genug über sie gelernt, um zu wissen, daß ein einziges Kriegsschiff in der Lage war, eine Stadt in Schutt und Asche zu legen. Kyles Blick löste sich von den gelandeten Schiffen und wanderte zum Dom hinüber. Nachdem die Flammen erloschen waren und sich der Rauch verzogen hatten, konnte man sehen, daß das riesige Gebäude weniger schwer beschädigt worden war, als es im ersten Moment den Anschein gehabt hatte. Ein Teil des Daches war eingestürzt, und einer der beiden großen Türme hatte einen Riß bekommen, ansonsten hatte der Titan aus Stein den Explosionen getrotzt. Hunderte von Jared und eine Unzahl von Ameisen bewegten sich zwischen den Trümmern hin und her. Während die Jared damit beschäftigt waren, ihre verwundeten Kameraden zu versorgen, bildeten die Ameisen eine Kette zwischen dem zerborstenen Tor und den Gleitern. Schnell und mit der Präzision von Maschinen reichten sie die Eierkokons weiter, die den Raketenangriff des Helikopters überstanden hatten. Kyle war sehr sicher, daß diese Eier der einzige Grund waren, aus dem er und alle anderen hier überhaupt noch lebten. Hätte es die ungeschlüpfte Brut nicht gegeben, deren Schutz absoluten Vorrang hatte, dann hätten die Piloten der beiden Kampfschiffe keine Sekunde gezögert, den Angriff auf den Gleiter mit gnadenloser Härte zu bestrafen. Es gehörte zur Taktik Morons, jeden Widerstand im Keim zu ersticken. Kyle lauschte einen Moment in sich hinein und stellte fest, daß sich sein Körper weiter von den erlittenen Verletzungen erholt hatte. Behutsam veränderte er sein Aussehen und paßte auch Farbe und Aussehen des Chamäleon-Anzugs der zerfetzten Lumpenkleidung der Jared an, bis ihn äußerlich nichts mehr von einem der Barbaren unterschied. Es fiel ihm noch immer schwer, sich zu bewegen, als er hinter seiner Deckung hervortrat, aber das war im Moment eher von Vorteil. Viele der Jared, die den Platz vor dem Dom bevölkerten, waren verwundet, so daß ein weiterer, humpelnder Mann zwischen ihnen kaum mehr auffallen konnte. Trotzdem hatte er das Gefühl, aus Hunderten von kalten Insektenaugen mißtrauisch angestarrt zu werden, als er sich mit schlurfenden Schritten dem Tor näherte. Auf dem Weg dorthin passierte er eines der Kriegsschiffe. Er sah, daß der Kommandant des Schiffes ausgestiegen war, es war nicht irgendeine Ameise, sondern ein Inspektor, eine zweieinhalb Meter große, vierarmige Kreatur, deren Chitin-Panzer von strahlend weißer Farbe war. Der Anblick des Insektengeschöpfes erschreckte Kyle erneut. Was um alles in der Welt hatte Charity Laird in jenem Bunker in Paris gefunden, daß die Herren der Schwarzen Festung selbst ihr Domizil am Nordpol verließen, um sie zu jagen? Gebeugten Hauptes schlurfte Kyle an dem Schiff vorbei. Der Inspektor redete mit schriller Stimme und heftig gestikulierend auf einen Jared ein, den Kyle nach einigen Augenblicken als Gyell erkannt. Ohne daß er selbst sagen konnte warum,

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