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Die schlafende Stadt

Die schlafende Stadt

Titel: Die schlafende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steiner
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es Ihrer Tochter?“
    „Oh, ich glaube, etwas besser. Sie hat sich von ihrer großen Enttäuschung noch nicht so recht erholt, aber heute war sie doch etwas gefasster. Vielen Dank, dass Sie danach fragen.“
    „Unter uns: Sie hat etwas Besseres verdient als diesen komischen Installateur.“
    Frau Jannings atmete schwer.
    „Sie sehen das auch so, nicht wahr? Ach, ich hoffe so sehr, dass sie endlich zur Vernunft kommt!“
    Robin betrachtete ihr sorgenvolles Gesicht mit Mitgefühl.
    „Das wird sie sicher. Ich habe sie ja gesehen, wenn auch nur kurz. Sie ist eine starke Frau. Bald wird sie darüber hinweg sein. Das kann man sehen.“
    „Meinen Sie wirklich? Das wäre schön!“
    „Aber ja. Sie sollten sich da keine großen Sorgen machen.“
    Robin wechselte wieder zum Arztmodus.
    „Haben Sie heute Abend schon Ihre Medikation erhalten?“
    „Ja, ich habe diese Tabletten bekommen ... ich wollte sie schon nehmen, aber ...“
    „Hat man Ihnen erklärt, was für Tabletten das sind?“
    „Die Schwester sagte kurz etwas dazu, aber ich habe nicht viel verstanden.“
    „Nun“, sagte Robin, „sehen, Sie, dies ist ein Schmerzmittel. Es ist harmlos, und sie sollten es wirklich bald nehmen. Sie brauchen jetzt viel Ruhe, und ohne Schmerz schlafen Sie sicherlich besser.“
    Er inspizierte die andere Tablette.
    „Dies hier ist ein Schlafmittel“, erklärte er. „Ich würde Ihnen raten, es nur im Notfall zu nehmen, da es in zu hoher Dosierung das Herz belasten kann. Hat man Sie darüber nicht aufgeklärt?“
    „Nein! Das wusste ich nicht!“
    „Dann ist es ja gut, dass ich nochmals nach Ihnen gesehen habe“, sagte Robin. „Manchmal muss man den Patienten vor dem Arzt schützen.“
    Die alte Frau hatte Tränen in den Augen.
    „Ach, Herr Frauendorff, ich bin ja so froh, dass Sie hier sind! Sie sind wirklich der Engel dieser Station!“
    „Ich tue nur meine Arbeit“, sagte Robin bescheiden. „Schlafen Sie jetzt gut.“
    Er erntete einen dankbaren Blick.
    Dann wandte er sich seinem nächsten Schützling zu.

Avant un an, je vous cite à paraître
au tribunal de Dieu
pour y recevoir votre juste châtiment!
Maudits! Maudits!
Vous serez tous maudits
jusqu'à la treizième génération
de vos races!
    Jaques de MOLAY, Letzte Worte 18. März 1314

    E s fiel Darius schwer, in dieser Zeit zu arbeiten. Er brütete unablässig über Harlan und seinen Worten. Mal schien ihm alles sehr überzeugend und schlüssig, und die Aussicht, dort zugehörig zu sein, schmeichelte ihm geradezu. Andererseits mochte das bedrohliche Bild im Schatten lauernder Dämonen nicht so recht weichen. Zeitweise dachte er dann an Uriel, dem er so schnell vertraut hatte. Im neuen Licht wirkte er wie ein verschlagener, berechnender Schauspieler, der danach trachtete, ihn hinters Licht zu führen. Oder war Harlan der Dämon, raffiniert getarnt?
    Beda reagierte erst gelassen, dann unwillig, als Darius oft abwesend vor seinen Zeichnungen saß. Ob er denn hier die ganze Arbeit machen müsse oder ob es dem Herrn beliebe, nach höheren Dingen zu streben als der schnöden Astronomie? Darius verneinte dann immer und machte sich zerstreut an die Arbeit.
    Wieder traf Post ein. Rumpelnd rollte eine Kugel durch das Rohr in die Ausrollbahn. Sie kam von der Zentraluniversität und enthielt folgende Nachricht:

    Uriel machte es ihm leicht. Schrecklich, dass auch das wiederum nur ein Trick sein konnte! Beda immerhin war zufrieden, dass Darius sich um diese ungebetene Aufgabe nun doch verantwortungsvoll zu kümmern schien. Er wälzte Atlanten und durchstöberte das Archiv der letzten Monate, berechnete Zusammenhänge und Prognosen und legte eine Verlaufskarte an. Dann packte er die Dokumente zusammen und machte sich auf den Weg.
    Heute war Neumond, und das sonst so gleißende Licht war verschwunden. Nur im Licht der Laternen und im Schein der erleuchteten Fenster schimmerte der schwarze Stein. Obwohl alles dunkler war als sonst, war aber keiner der Ordensritter zu entdecken. Darius schlug auch tatsächlich den Weg zur Universität ein, bog unmittelbar davor aber in einen schmalen Hohlweg ein, stieg einige steile Stufen hinab und orientierte sich in Richtung Hafen. Bald erreichte er Valdemars Schlund und klopfte an die Tür des Hauses Nr. 18.
    Niemand antwortete. Als er den Türknauf drehte, merkte er aber, dass die Tür diesmal unverschlossen war. Leise öffnete er sie und schlüpfte ins Innere. Auf einer kleinen Kommode erhellte ein einfacher Kerzenleuchter einen kurzen,

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