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Die schlafende Stadt

Die schlafende Stadt

Titel: Die schlafende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steiner
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seine Männlichkeit hatte versagt. Er war äußerst erregt gewesen, als er begonnen hatte, ihre nackte Haut zu berühren, als er sich langsam den Weg bahnte unter ihrer Bluse und endlich ihre köstlichen Brüste in seiner Hand fühlte. Dann endlich hatten sie sich aller Kleidungsstücke entledigt und er konnte sie nahe bei sich spüren und ihre Arme um sich fühlen, er streichelte ihren Rücken, atmete ihren Duft, glitt hinunter an ihre runden Hinterbacken. Ihre Füße waren tatsächlich ebenso schön wie in seiner Vorstellung, und er hatte ihre Beine gestreichelt und mit Küssen bedeckt, hatte ihren herrlichen Körper erforscht, und auch ihre Berührungen genossen, auf seiner Brust seinem Rücken, und von dort immer tiefer, bis er endlich ihre zärtliche Hand auf seinem Glied fühlte. Doch so sehr sie ihn auch dort streichelte, es wollte nicht so richtig hart werden.
    Nicht, dass er sich deswegen ernsthafte Sorgen machte. Normalerweise war er so erregt, dass er Mühe hatte, seinen Höhepunkt länger als ein paar Minuten hinauszuzögern. Aber dies entsprach nicht seinen Erwartungen eines perfekten Abends.
    Er grübelte aber dennoch die ganze Nacht, was die Ursache sein konnte. Vermutlich war er dermaßen überwältigt von allem, dass ein Teil von ihm einfach dicht gemacht hatte. Auch Computer stürzten schließlich ab, wenn zu viele Aktionen auf einmal liefen.
    Leni hatte eine andere Deutung.
    „Nein!“ sagte sie bestimmt. „Du hast gespürt, dass ich Angst hatte. Du hast unbewusst nur dafür gesorgt, dass es nicht zu schnell für mich geht. Du wolltest nichts kaputt machen.“
    Das Licht der Morgensonne tauchte die beiden Körper in unwirkliches Licht. Unwirklich wie der Zauber ihres Zusammenseins. In feinen Strahlen wie Spinnweben durchdrang es die Vorhänge wie aus einer anderen Welt. Als Leni die Augen aufschlug, duftete es bereits nach Kaffee, und Berthold schleppte auf einem Tablett alles, was er für ein exklusives Frühstück hatte, ans Bett. Fast war es ihr unangenehm, dass sich jemand solche Mühe machte.
    Die ganze Zeit suchten sie die Berührung. Mal waren sie Arm in Arm, mal hielten sie sich an den Händen, mal streichelte Berthold Lenis Nacken. Als sie die Photos aus Antons Kiste betrachtete, lag sie in seinen Armen.
    Das war er also. Dankwart, Bertholds Urgroßvater, der ihr so vertraut und so lieb war. Gebannt sah sie in die dunklen Augen auf dem alten Bild, die sie so freundlich anlächelten.
    Einen kurzen Augenblick fragte sie sich, ob sie Berthold wegen Dankwart liebte. Doch dann schob sie diesen Gedanken als unwichtig beiseite. Dankwart war irgendwie drin in Berthold, ein Teil von ihm. Sie hatte Dankwart gesehen, aber Dankwart war trotzdem tot. Berthold aber lebte.

    Berthold brachte Leni zur Mittagszeit nach Hause, denn sie musste am frühen Nachmittag arbeiten. Eine kurze Zeit blieb, um einige ihrer Bilder zu betrachten.
    Berthold erschauerte. Die Bilder waren von solch beklemmender Dichte, wie er es selten gesehen hatte. Meisterwerke, ohne Frage.
    Unter seine Bewunderung mischte sich ein leises Gefühl der Unterlegenheit. Jemand, der eine solche Fertigkeit, eine solche Phantasie besaß, verfügte über unbeschreibliche Tiefen und Fähigkeiten. Was mochte sie alles wahrnehmen, was den meisten Menschen immer verborgen blieb?
    Ob er ihr würde genügen können?

    Berthold brachte an diesem Tag nicht einen vernünftigen Satz zustande. Träumend saß er vor dem Bildschirm und vergaß dort völlig, was er eigentlich wollte. Es kribbelte ihm die ganze Zeit der Magen, alle Muskelfasern schienen ihm vibrierend angespannt, und er vermochte kaum stillzusitzen, ohne zu wissen, was er mit seinem ständigen Umhergehen bezweckte. Einmal stand er ratlos vor dem geöffneten Kühlschrank, und versuchte vergeblich sich zu erinnern, was er hier wollte. Ein weiteres Mal entdeckte er auf seinem Esstisch eine Tasse kalten Kaffees, den er sich wohl irgendwann im Laufe dieses Tages gemacht haben musste, aber dann vergessen hatte, ihn zu trinken. Dass er eigentlich heute in die Uni hätte gehen müssen, war ihm dagegen bewusst. Er hätte, das war ihm vollkommen klar, ohnehin nicht zugehört. Eigentlich wollte er nur immerzu an Leni denken. Die größtenteils durchwachte letzte Nacht durch ein Nickerchen auszugleichen, daran war ebenfalls nicht zu denken, denn der Schlaf hinderte ihn an seinen süßen Gedanken.
    Mein Gott, war er verknallt! Am liebsten wollte er der ganzen Welt davon erzählen. Einerseits platzte er

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