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Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome

Titel: Die Schleier der Salome - Walz, E: Schleier der Salome Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Wache, die gerade vor der Tür stand, bereits von Antipas gedungen worden. Das Unglück konnte überall lauern. Salome war in diesem Moment zornig genug, noch heute Abend einen Dolch zu nehmen und ihn Antipas in die Brust zu stoßen, doch damit wäre auch ihr eigenes Leben vernichtet worden, und diesen Triumph gönnte sie Herodias und Antipas nicht.
    »Ich werde leben«, flüsterte sie und strich dem schlafenden Timon über die wirren, vom Fieber verklebten Haare. »Und Timon wird leben.« Sie küsste ihn zärtlich auf den Mund, wandte sich um und blickte entschlossen zur Tür.

18
    »Antipas wird König«, beschloss Pilatus den Disput, nachdem er sich noch einmal die Argumente der beiden Brüder angehört und abgewogen hatte. Am Ende konnte es nur diese Entscheidung für ihn geben. Philipp war voller überspannter Ideen, von denen jede einzelne ein Experiment darstellte: Mitsprache für das Volk, Verwendung von Steuern für gemeinnützige Einrichtungen, Freilassung von Sklaven nach nur fünf Jahren Arbeit, Abschaffung der Steinigung … Pilatus verstand nicht allzu viel von solchen Dingen, denn die Details von Politik strengten ihn zu sehr an, aber er wusste, dass alles, so wie es war, doch recht gut funktionierte. Wozu also ändern? Außerdem war er sich nicht sicher, wie Kaiser Tiberius über solche Visionen dachte, denn der Alte war unberechenbar. Mit Antipas hingegen fühlte Pilatus sich auf der sicheren Seite. Keine Ideen, keine Experimente, sondern klassische Machtausübung im Sinne Roms.
    Längst war es tiefe Nacht geworden. Die Diener lehnten müde an den Wänden, die Fackeln waren fast abgebrannt, der Saal seltsam still. Auf ein freudiges Klatschen von Antipas hin füllte sich jedoch alles wieder mit Leben. »Das lasst uns feiern«, rief der designierte Monarch.
    Die Gefolge der beiden Brüder strömten wieder herein, die Diener brachten Wein und Speisen, neue Fackeln erleuchteten den Saal, Räucherwerk von Sandelholz quoll aus großen Schalen, und allenthalben diskutierten, lachten und tranken die Menschen, außer Rabban Jehudah, der sich angesichts des Spektakels angewidert zurückzog. Herodias, triumphal grinsend, schmiegte sich an ihren Gemahl und reichte ihm einen vollen Kelch nach dem anderen, den er binnen weniger Atemzüge leerte. Auf Philipp achtete kaum mehr jemand. Einige Männer seines Gefolges warfen ihm mitleidige Blicke zu, die ihn eher betroffen machten als trösteten, doch die meisten ignorierten ihn zugunsten seines Bruders, denn sie erhofften sich von einem Wechsel einen einträglichen Posten am künftigen Königshof von Jerusalem.
    »Vielleicht sollten wir dir eine Sklavin zur Unterhaltung schicken«, bot Antipas dem Prokurator an, und dieser machte zur Antwort ein Gesicht, als sei er dieser Idee nicht abgeneigt.
    »Und dem armen Philipp vielleicht auch«, fügte Herodias hinzu. »Meine Tochter scheint ihn ja nicht mehr mit ihrer Gegenwart verwöhnen zu wollen.«
    Antipas jauchzte hell auf wie eine Hyäne, und das Gefolge lachte mit. »Herein mit den Weibern«, grölte Antipas, woraufhin drei Dutzend halbnackte ägyptische Tänzerinnen in den Saal fluteten und sich den nächstbesten Männern in die offenen Arme warfen. Ihre spärliche Bekleidung aus Kettchen und dünnen Tüchern verloren sie schnell, die Männer grapschten nach ihren Brüsten, spielten mit ihren Schenkeln, zogen an ihren Haaren, wenn sie sich mit anderen um sie stritten, bedachten sie mit unflätigen Worten, begossen sie mit Wein, gaben ihnen klebrige Speisen zwischen die Lippen und schoben sie mit ihrer Zunge in den Mund nach, und wenn eine von ihnen wegrennen wollte, jagten sie ihr hinterher und brachten sie unter lautem Geschrei zu Fall. Auch Herodias hatte ihren Spaß mit Sklavinnen und Männern aus dem Gefolge, die sie abwechselnd küsste. Nur wenige beteiligten sich nicht an dem wilden Spektakel, unter ihnen Philipp. Er verzog angewidert die Lippen, und als sogar Pilatus und die anwesenden römischen Offiziere sich von Weibern entkleiden und verführen ließen, beschloss er zu gehen.
    Gerade als er den Saal verlassen wollte, kam ihm einer der Gäste entgegen und rief, so laut er konnte: »Salome tanzt.« Seine Stimme übertönte nicht vollständig den Lärm des Saales, und so wiederholte er seine Entdeckung: »Salome tanzt.«
    Es wurde ruhiger. Antipas ließ von der Sklavin unter ihm ab und hob seinen Kopf. »Was sagst du? Wo? Wo tanzt sie?«
    »Draußen im Hof.«
    Antipas rappelte sich auf und lief, wie von einer

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