Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen
…«
»Wahrscheinlich, weil er dringend etwas zu trinken braucht«, höhnte Schmalenbach, in der Hoffnung, durch diese Überhöhung Elke endlich zu einem Ende zu bringen.
Aber Elkes Augen funkelten noch wilder: »Genau das habe ich dieser Schnepfe auch gesagt. Dieser Rambacher Gänseliesel.«
Schmalenbach bekam einen mächtigen Schreck, er würde dem Freund Pfeifenberger einiges erklären müssen, wenn der ihm abends im »Promi« über den Weg lief.
Das Telefon läutete.
Schmalenbach hob gar nicht erst ab, denn er wusste: Das war sein Chef. »Hör mal, Liebes! Ich müsste jetzt eigentlich eine dringliche Arbeit erledigen …«
Elke schnappte alle fünf Taschen mit einer Hand. »Vorher musst du mir noch etwas versprechen: Niemals kaufen wir uns so eine Klitsche in irgendeinem Rambach!«
»Versprochen!«, jubelte Schmalenbach. »Eigentum ist Diebstahl. Wochenendhäuser sind wider die menschliche Natur! Wir werden weiter am Wochenende ins Theater gehen oder in gute Konzerte. Sollen Pfeifenbergers doch bis zu den Knien im Hühnermist waten und mit ihren Rambacher Primaten Topfschlagen spielen.«
Elke war begeistert. »So mag ich dich.«
Natürlich vermied Schmalenbach an diesem Abend im »Promi« jegliche Erwähnung des Wochenendhauses. Dann stürzte Germersheimer herein. Er bestellte ein Glas Weizenbier, und nicht wie sonst bloß einen Kamillentee. Er strahlte die beiden Freunde an. »Ich habe euch was zu berichten.«
»Ein neuer Roman fertig?«, fragte Schmalenbach bang.
Germersheimer schüttelte den Kopf. »Falsch.« Die beiden anderen waren erleichtert.
»Ich habe mir eine kleine Eigentumswohnung gekauft. Von meinem Sparvertrag. Das bringt Steuerersparnis. Schlau, was?«
»Aber du zahlst doch gar keine Steuern«, wandte Pfeifenberger ein. »Und was ein Sparvertrag ist, wusstest du bis heute auch nicht.«
»Um diese Details kümmert sich meine Bank. Die Wohnung liegt in Friedberg. Superlage am Hang. Morgens, mittags und abends Sonne. Nur drei Minuten bis zum Freibad.«
»Du kannst doch gar nicht schwimmen«, entfuhr es Schmalenbach.
Germersheimer warf sich in die Brust. »Ich habe bereits einen Schwimmkurs belegt und dem Friedberger Kulturverein einen Termin für meine erste öffentliche Lesung mitgeteilt. Vor euch sitzt ein frisch gebackener Friedberger. Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen, wie dankbar diese Leute da draußen für echte großstädtische Kultur sind.«
Doch, Pfeifenberger und Schmalenbach konnten es sich vorstellen.
»Ich verstehe dich nicht«, sagte Schmalenbach nach einer Weile. »Immobilienbesitz widerstrebt doch grundsätzlich dem Selbstverständnis unserer Generation. Wir sind aufgeklärte, freisinnige Menschen, die sich nicht mit lebenslangen Verpflichtungen belasten wollen …«
»Das betrifft aber nur diejenigen unter uns, die sich so was nicht leisten können«, behauptete Pfeifenberger kategorisch. »Die anderen haben längst dazugelernt.«
»Und erst die Steuerersparnis«, stimmte Germersheimer ein. »Wer nichts kauft, verschenkt sein Geld an den Staat.«
»Na und?«, empörte sich Schmalenbach. »Wir wollen ja auch, dass der Staat etwas leistet.«
»Aber nicht mit unserem Geld!«, schrien die beiden anderen wie aus einem Mund.
Da wusste Schmalenbach, dass es keinen Sinn hatte. Er nahm Germersheimer noch das Versprechen ab, dass er Elke gegenüber Stillschweigen bewahrte, und trottete verbittert nach Hause.
Elke saß kerzengerade im Bett. »Germersheimer hat heute Mittag angerufen, er singt das Lob der Kleinstadt. Astrid Lindgren klingt dagegen wie eine Techno-Prophetin.«
Schmalenbach schimpfte: »Friedberg! Lebendig begraben am Freibad! Dabei bekommt Germersheimer vom Chlor Depressionen …«
Elke hatte plötzlich Tränen in den Augen. »Ich möchte auch eine Wohnung. Du bist doch nicht dümmer als Pfeifenberger und Germersheimer. Ich möchte eine Wohnung. Bitte.«
»Aber …«, widersprach Schmalenbach.
»Eine Wohnung in Südfrankreich. Ein klitzekleines Wochenendhaus, wo wir uns samstags und sonntags hinflüchten …«
»Für ein Wochenende nach Südfrankreich? Das ist schon etwas gewagt«, gab Schmalenbach zu bedenken.
»Ganz abgesehen davon: So was ist teuer. Teurer als Rambach oder Friedberg.«
Elke aber zischte: »Tu endlich was! Und verschone mich in Zukunft mit deinen 68er-Phrasen!«
Schmalenbach wusste, was die Stunde ihm geschlagen hatte. Er besorgte Prospekte und Preislisten – beides, um einer unbestechlichen Prüferin vor Augen zu
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