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Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Kino 17. Schwarzweiß. Extreme Tiefenschärfe. Eine Herausforderung für jeden Vorführer. Nackt bis auf die Haut.«
    »Ich habe davon gehört. Ein interessanter Film. Kann ich mal reinsehen?«
    Der Vorführer war hocherfreut, auf einen Kenner zu treffen. Schmalenbach hingegen zeigte sich von der enormen Tiefenschärfe der Projektion beeindruckt. »Wenn ich etwas hoch achte, dann ist es das Metier des guten Handwerkers. Übrigens habe ich in Kino 1 die Taste 7 gedrückt und den Regler rechts verschoben.«
    Der Vorführer winkte ab. »Alles wird rosa. Keiner merkt’s. Aber wenn ich bei Nackt bis auf die Haut den Einsatz für den dritten Akt verpasse, versteht keiner, warum die Hauptdarstellerin so schreit …«
    »Ich schon«, sagte Schmalenbach atemlos.
    »Sie sind ja auch ein Cineast.«
    Man verabschiedete sich freundschaftlich. »Ich bin ein Bewunderer Ihrer Kunst«, gestand Schmalenbach. Der Vorführer hatte Tränen in den Augen.
    Auf dem Nachhauseweg behauptete Schmalenbach Elke gegenüber, den Vorführer ziemlich rücksichtslos zusammengeschissen zu haben. »Und wie war Bruce Willis?«, fragte er.
    »Unscharf. Und weißt du was: Seine Haut hat einen rosa Schimmer. Richtig eklig. Wie ein Ferkelchen.«
    »Das ist in keinem Fitnessstudio zu korrigieren. Wahrscheinlich genetisch«, sagte Schmalenbach. »Oder eine Allergie. Oder beides.«
    Elke nickte nur. »Vielleicht hätten wir doch besser Wim Wenders anschauen sollen.«
    »Bitte, lass uns einfach irgendwo draußen sitzen und einen Salat essen!«, flehte Elke.
    »Draußen sitzen?«, empörte sich Schmalenbach. »Ich bin doch kein Student. Wir gehen jetzt ins ›Maothai‹ und nehmen den besten Tisch! Drinnen.«
    Das ›Maothai‹ war gähnend leer. »Ich hätte gern einen netten Ecktisch«, erklärte Schmalenbach.
    »Suchen Sie sich einen aus!«, sagte die Bedienung. »Wir haben etwa zehn davon.«
    »Ich nehme die Frühlingsrolle«, hauchte Elke wenig später und schlug die Speisekarte zu.
    »Verdirb mir jetzt bitte nicht den Abend! Du nimmst die Tigergarnelen in Reispapier mit Staudensellerie! Ich weiß, dass du verrückt danach bist.«
    »Schmalenbach, bitte, die Tigergarnelen kosten hier 25 Euro. Im Supermarkt gibt’s die tiefgekühlten schon für zehn Euro.«
    »Wir essen aber nicht im Supermarkt. Also, nimmst du sie oder soll ich mich an einen anderen Tisch setzen?«
    Elke gab widerwillig nach. Sie wollte kein Aufsehen erregen.
    »Wenn ich einlade, dann hat jeder gefälligst das zu nehmen, was ihm schmeckt – der Preis spielt keine Rolle. Das gehört zu meinem Stil, verstanden?«, ereiferte sich Schmalenbach.
    Sie nickte ergeben. Irgendwie lernte sie im Lauf der Jahre doch ein wenig dazu.
    »Und als Vorspeise?«
    »Aber die beiden Tigergarnelen allein machen doch pappsatt.«
    »Ich nehme Glück im Geschäft. Wenn du die frittierten Austernpilze nimmst, könnten wir ein wenig variieren.«
    »Eine Vorspeise für 14 Euro?«
    Schmalenbach schlug die Speisekarte zu. »Das ist unser Abend, und da gibt es keine Diskussion um Euros. Ist dir der Sancerre recht?«
    »Aber doch keine Flasche.«
    »Wolltest du dir mit mir ein Glas teilen?«
    Sie seufzte. »Wenn du so bist wie jetzt, überhörst du die Stimme der Vernunft.«
    »Schön, dass du das einsiehst«, sagte Schmalenbach und gab die Bestellung für beide auf.
    »Ach so«, sagte Elke, als die Bedienung schon gehen wollte. »Ich hätte noch gerne ein Wasser. Aber mit ganz wenig Kohlensäure.«
    »Glas oder Flasche?«
    Elke schaute Schmalenbach fragend an. Er sah weg. Sollte sie das doch selbst entscheiden.
    »Dann nehme ich halt eine Flasche«, sagte sie trotzig. Damit war die Sache erledigt.
    Sie probierten den Wein. Elke hauchte: »Bei 30 Euro muss der Sancerre ja gut sein.«
    Schmalenbach überhörte das und begann mit einem Vortrag über die Vorzüge und Eigenheiten des Sancerre. Elke nippte am Tafelwasser.
    »Pellegrino«, erklärte er. »Drunter sollte man es nicht tun. Früher reichten sie Wasser aus der Leitung zum Hummer, aber das ist vorbei. Die Leute in Frankfurt haben gelernt zu leben.«
    »Der Natriumgehalt ist das Nonplusultra beim Mineralwasser – Wasser mit überhöhten Werten lehne ich kategorisch ab«, erklärte Elke.
    Beide waren zufrieden und gaben sich dem vorzüglichen Essen hin. Elke war sogar bereit, sich einen Nachtisch zu bestellen, eine mit Honig geröstete Banane für zwölf Euro. »Ach, geht’s mir gut«, gurrte sie und lehnte sich genüsslich zurück. Schmalenbach wusste, was das

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