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Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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führen, dass Südfrankreich unbezahlbar war.
    Gleichzeitig aber frequentierte Schmalenbach alle Maklerbüros der Stadt und ließ sich mit Angeboten preisgünstiger Immobilien aus dem Rhein-Main-Gebiet überhäufen.
    Irgendwann – die beiden saßen schon seit Stunden über einer ganzen Halde von Angeboten gebeugt – seufzte Elke herzzerreißend und sagte: »Na gut, Südfrankreich ist gestorben. Aber wenn du meinst, du kannst mir einen Sozialbau in Offenbach unterjubeln, hast du dich auch geschnitten …«
    Schmalenbach folgte einer Eingebung: »Wiesbaden.«
    Elke ließ das Wort eine Weile auf der Zunge zergehen, dann sinnierte sie: »Wiesbaden. Nicht übel. Wenn ich’s mir recht überlege: Ich wollte immer schon eine Immobilie in Wiesbaden …«
    Nach nicht einmal einer Woche konnte Schmalenbach Elke einen Erfolg vermelden: »Ich habe ein geeignetes Objekt gefunden. Klein, aber fein. Im Grünen. Mitten in der besten Wiesbadener Villenlage.«
    Elke fiel ihm um den Hals. »Die Pfeifenbergersche wird gelb vor Neid werden mit ihrem Lattenverschlag in Rambach.« Dann aber, furchtbar erschrocken über sich selbst und ihre Vermessenheit: »Können wir uns das denn überhaupt leisten?«
    Das »wir« bedeutete: du. Schmalenbach antwortete sanft: »Ich hab’s x-mal durchgerechnet, es wird hinhauen.«
    Sie küsste ihn innig und hauchte etwas, das Schmalenbach nicht verstand und was er auch nicht verstehen wollte, denn er hatte jetzt schon ein schlechtes Gewissen.
    Am nächsten Tag ging er früher als sonst aus dem Haus. Zum Notar, erklärte er Elke. Als er zurückkam, brachte er eine Flasche Champagner mit. Sie tranken auf ihre Wiesbadener Wohnung.
    »Ich habe deinen Namen auch mit eintragen lassen«, erklärte Schmalenbach feierlich.
    Elke weinte vor Glück.
    Abends kam sie sogar mit ins »Promi«. Schmalenbach musste eine Runde für die Freunde ausgeben. Elke gab persönlich den Grund dafür bekannt.
    »Endlich!«, sagte Pfeifenberger. »Ich dachte schon, du kommst nie auf den Trichter.« Und Germersheimer erkundigte sich schon nach den Leseterminen im Wiesbadener Kulturverein.
    »Nächstes Wochenende ist Einweihung. Wir veranstalten eine große Party in der Landeshauptstadt«, gab Elke bekannt.
    »So einfach ist das nicht«, bremste Schmalenbach. »Es wohnen noch Leute in unserer Wohnung.«
    Elkes Augen blitzten: »Schmeiß sie raus, die Brut!«
    »Eigentum verpflichtet«, entgegnete Schmalenbach ernst.
    »Linkes Geschwätz von gestern«, schlug sich Pfeifenberger auf Elkes Seite. »Heutzutage erfordert der Markt entschlossenes Handeln und Flexibilität. Schluss mit den sozialen Marotten!«
    »Mal ganz abgesehen davon«, sagte Elke nachdenklich.
    »Was müssen das für Leute sein, die sich in der besten Wiesbadener Gegend einnisten?«
    »Stinkreich«, schrie Germersheimer auf, dann nachdenklicher: »Mäzene wahrscheinlich.«
    Auch Elke grübelte. »Was zahlen sie uns eigentlich an Miete?«
    Schmalenbach antwortete: »Die Miete, die wir für unsere Wohnung auch zahlen. Das fand ich nur fair.«
    »Fair?«, schrie Elke. »Wir leben im Slum von Frankfurt und die in der besten Wiesbadener Villengegend.«
    Schmalenbach versuchte, sie zu beruhigen: »Auch wenn wir jetzt Hausbesitzer sind, so haben sich unsere Grundüberzeugungen nicht geändert. Wir haben an Demonstrationen gegen Mietwucher teilgenommen, Elke, vergiss das nicht!«
    Pfeifenberger schüttelte den Kopf: »Aber da ging’s doch um uns als Mieter. Nun sind wir Vermieter, Schmalenbach. Verstehst du das denn nicht?!«
    Elke schlug auf den Tisch: »Ab sofort wird die Miete um 400% erhöht, damit diese Sozialleistungserschleicher flugs ausziehen und wir unsere Wochenenden im Wiesbadener Spielkasino verbringen können!«
    »Das wird nicht gehen«, sagte Schmalenbach hart. Und dann wie auswendig gelernt: »Aus steuerlichen Gründen nicht. Wir kommen nur in den Genuss der Abschreibung, wenn wir die Wohnung nicht selbst nutzen.«
    Andächtige Ruhe kehrte ein. »Bist du dir da sicher?«, fragte Pfeifenberger kleinlaut.
    »Hundert Prozent«, antwortete Schmalenbach. »Mein Makler wird der Marder von Preungesheim genannt. Wenn sich einer mit steuerlicher Absetzbarkeit auskennt, dann der.«
    Pfeifenberger war bleich geworden, er trank aus und stürzte davon.
    Elkes Stimme klang belegt. »Kann ich sie wenigstens mal sehen, unsere Wohnung?«
    »Von weitem«, antwortete Schmalenbach. »Aber erst im Herbst, dann ist der Außenputz neu.«
    Wenige Tage später veräußerte

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