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Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen

Titel: Die schlimmsten Dinge passieren immer am Morgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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sich elend. Er meldete sich krank und lief durch den Park.
    Was war, wenn Elke die Position nicht bekam? Ihr Selbstbewusstsein würde Schaden nehmen. Nach dieser Kränkung. Sie würde ihr Leben lang eine einfache Sachbearbeiterin bleiben. Und unglücklich werden. Und er würde es ausbaden müssen.
    Vielleicht hatte Pfeifenberger Recht. Schmalenbach durfte Elkes Entwicklung mit seinen kleinlichen Gefühlen nicht behindern. Und was war schon dabei, wenn er mal einen Abend lang Eifersuchtsqualen litt? Andere taten das ständig. Dieser Peter sollte ja auch sonst ganz nett sein …
    Schmalenbach rang sich durch. Er wollte großzügig sein. Er wollte Elke helfen. Danach hatte er ja auch einen Seitensprung frei – wenn man es genau nahm. Aber so berechnend wollte er momentan gar nicht sein. Schmalenbach war ein wenig stolz auf sich, er hatte mal wieder über seine Spießigkeit gesiegt.
    Zu Hause kochte er Elkes Lieblingsnudeln, öffnete eine Dose mit Tomatenmark und entkorkte eine Flasche guten Rotwein. Das, was er ihr mitzuteilen hatte, brauchte einen geeigneten Rahmen.
    Elke ließ auf sich warten. Die Nudeln wurden kalt, der Wein drohte zu warm zu werden.
    Es war schon spät, als sich der Schlüssel in der Tür drehte. Elke war todmüde und völlig ausgehungert. Schmalenbach stieß mit ihr an. »Ich habe dir etwas mitzuteilen«, begann er.
    Als er endete, schüttete Elke ihm den Rotwein ins Gesicht. »Was denkst du von mir? Und was bildest du dir ein? Dass ich mir bei dir die Erlaubnis hole, wenn ich mich prostituiere?«
    »Prostituieren ist ein so unappetitlicher Terminus. Es geht doch um deine berufliche Zukunft. Und der will ich keinesfalls im Weg stehen …«
    »Merk dir: Wenn ich Karriere mache, dann mit meinen Fähigkeiten, nicht mit meinem – zugegeben sehr verlockenden – Körper!«
    Schmalenbach schämte sich. Wie hatte er nur auf diese Schnapsidee kommen können?
    Sie gingen zu Bett. Sie drehten sich zur jeweils anderen Seite. Irgendwann wurde Schmalenbach geweckt. Elke weinte schon wieder. Er drehte sich um und streichelte ihr übers Haar. »Mir tut das unendlich leid, Elke. Ich weiß doch, dass du so was nie tun würdest.«
    »Ulrike, diese miese kleine Schlampe. Heute Morgen kam sie mit einem Kleid ins Büro, da hätte selbst die Monroe sich geschämt. Und eine schicke Frisur hatte sie auch. Und mindestens fünf Kilo abgenommen. Ohne uns was zu sagen. Und als ich in der Personalabteilung vorbeischaute – da saß sie bei Peter auf dem Schoß.«
    Schmalenbach war erzürnt. »Es sind nur die schlechten Charaktere, die nach oben kommen.«
    Elke stimmte ihm schluchzend zu. »Und dieses Schwein von Peter sagt mir auch noch im Beisein von Ulrike ab. Dabei hatte ich schon einen Tisch bestellt.«
    Schmalenbach schoss hoch. »Was? Du wolltest mit diesem Zuhälter essen gehen?«
    Elke verstand seine Erregung nicht. »Schließlich ging es um den Abteilungsleiterjob, da drückt man als Frau doch mal beide Augen zu …«
    »… ohne dich mit mir vorher abzusprechen!«
    »Was sollte ich mit dir absprechen? Schließlich geht es um meine Karriere, nicht um deine.«
    Schmalenbach nahm sein Kissen und seine Decke und zog ins Arbeitszimmer. Er schimpfte sich leise in den Schlaf. Und er nahm sich fest vor, bei Gelegenheit mal einen Blick auf Ulrike zu werfen. Wenn sie wirklich eine andere Frisur und fünf Kilo abgenommen hatte, musste man sie völlig neu bewerten. Vor allem als Abteilungsleiterin. Schmalenbach stand nämlich auf erfolgreiche Frauen.

Das Marmeladenglas
     
    Es gibt zwischen Männern und Frauen eherne Rituale. Sie haben über alle Epochen und soziale Grenzen hinweg Bestand. In ihnen lebt eine urtümliche biologische Zweisamkeit fort, die natürliche Verteilung der Rollen, die auch durch Erfolge in der Gentechnik oder durch das neue Personenstandsrecht nicht aus den Angeln zu heben ist.
    Eines dieser Rituale geht so vonstatten: Mann und Frau sitzen am Frühstückstisch. Die Frau möchte sich ein Marmeladenbrötchen schmieren, während der Mann Wurstbrötchen vertilgt und schlecht gelaunt die Zeitung liest (er hat – auch so ein Ritual – am Vorabend im Kreise der von seiner Frau mit archaischem Hass verfolgten Freunde zu viel getrunken). Der Deckel des Marmeladenglases lässt sich nicht öffnen, er ist verklebt oder verkantet oder – in guten Beziehungen – auch beides.
    Die Frau versucht es in verschiedenen Stellungen. Dann räuspert sie sich und reicht das Glas über den reich gedeckten Tisch hinweg ihrem

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