Die Schlüssel zum Königreich 02 - Grimmiger Dienstag
ihrer Kette baumelte. Sie drehte sich um sich selbst, sodass das Zifferblatt schwer zu erkennen war. Der Sekundenzeiger machte beständig seine Runde, aber als er die Zwölf erreichte, wurde Arthur vom Wechsel seiner eigenen Haftfinger abgelenkt.
»Pass auf!«, rief er hastig, während er sein Abrutschen mit einem raschen Händetausch stoppte.
Susi steckte sich den Diamanten in den Mund und konnte gerade noch rechtzeitig die Hand aufs Glas pressen; dann nahm sie ihre Arbeit mit dem Edelstein wieder auf. Dieser durchdrang das Glas zwar nicht völlig, ritzte es aber tief genug ein, sodass ein fester Schlag die Pyramide ihrer Spitze berauben und ihnen erlauben würde, zu dem Wetterhahn auf den Turm zu klettern.
»Sie wollen die Dampfkanone abfeuern!«, teilte Ruß besorgt mit. »Mach schnell! Schnell!«
Arthur sah nach unten. Das bronzene Geschützrohr wurde von den Aufsehern, die hektisch an Rädern und Schaltern hantierten, hochgekurbelt und nahm die Pyramidenspitze ins Visier. Lange Dampffahnen entwichen dem hinteren Ende des Rohrs, und aus der Dampfmaschine drang dichter schwarzer Qualm.
»Ist nur noch ein Stückchen einzuritzen«, sagte Susi zu Arthur. »Besser, du schlägst das Glas ein als ich; wahrscheinlich wird es der Kraft des Ersten Schlüssels bedürfen. Nimm das Rohr aus meinem Gürtel.«
Arthur langte hinüber und zog das Kupferrohr heraus, während Susi die Furche beendete, die sie einen guten Meter unterhalb der Spitze in die vier Seiten der Pyramide gezogen hatte.
»Schlag zu!«
Arthur holte weit aus und schlug mit ganzer Kraft zu. Das Kupferrohr prallte ab und hinterließ einen Kratzer, aber er hatte ein deutliches Knacken gehört, und seine Hände waren heiß. Er schlug erneut zu, und diesmal war das Knacken so laut, dass es keinen Zweifel gab: Die Spitze der Pyramide hatte sich entlang der vorgesehenen Linie fast völlig gelöst.
Gemeinsam drückten Arthur und Susi dagegen; nach kurzem Widerstand brach sie los. Der obere Meter der Pyramide kippte um und fiel auf der anderen Seite in die Tiefe; zurück blieb ein komfortables quadratisches Zugangsloch direkt über dem Wetterhahn.
Bei Arthur wechselte soeben die Hafthand, und er rutschte ein kleines Stück ab. Susi untersuchte derweil die Schnittstelle des drei Zentimeter dicken Glases.
»Es ist nicht scharfkantig«, berichtete sie und kletterte gleichzeitig ins Innere der Pyramide, wobei sie mit den Füßen vorsichtig auf den Querstangen des Wetterhahns wippte, um zu testen, ob sie ihr Gewicht tragen würden.
Susis rechte Hand klebte am Glas, als sie sich herabließ. Sie zog daran und sagte dann schnell: »Kleb-Dran-Finger, habt vielen Dank, doch bis zum nächsten Mal, ab in den Schrank!«
»Das ist der Spruch, Arthur«, fügte sie hinzu, doch als ihr Kopf hinter dem Rand des Einstiegslochs verschwand, verlor sich ihre Stimme. Sie winkte Arthur durch das Glas zu, und er konnte die Aufforderung an ihren Lippen ablesen: »Komm schon!«
Bevor er nur einen Finger rühren konnte, war Ruß schon an ihm vorbeigerauscht, tauchte in das Loch ein und rutschte den Wetterhahn auf der anderen Seite von Susi hinab. Als er das Dach des Turmes erreicht hatte, verlor Arthur ihn aus den Augen.
Einen Moment später schoss mit schrillem Pfeifen der erste überhitzte Dampfstrahl an ihrer Seite der Pyramide empor; beschlagenes Glas markierte seinen Weg.
Arthur schwang sich mit den Beinen in das Loch, und Susi half ihm, die Füße auf die Querstangen des Wetterhahns zu setzen. Er duckte sich so tief er konnte, bis er fast ganz im Inneren der Pyramide war – fast, denn seine rechte Hand haftete noch an der Außenseite und wurde von seinen Anklebfingern unnachgiebig festgehalten.
Arthur öffnete den Mund, um den Gegenzauber aufzusagen, aber er kam nicht weiter als bis zum ersten Wort – dann traf ihn der Strahl. Der meiste Dampf fauchte über seinen Kopf hinweg, aber ein Teil drang in die Pyramide. Arthur kauerte sich instinktiv noch mehr zusammen, als der Dampf ihm Ohren und Nacken verbrühte. Es tat zwar weh, aber er hatte zum Glück nur die kühleren Ränder des Strahls abbekommen.
Und seine rechte Hand? Sie musste mitten im Pfad des überhitzten Dampfstrahls gewesen sein. Dennoch schmerzte sie nicht. Arthur wagte im ersten Moment nicht, hinzusehen; er befürchtete, den Schmerz nur deshalb nicht zu fühlen, weil er unter Schock stand und von seiner Hand nur noch Knochen übrig waren. Aber dann stellte er fest, dass er sie fest an die Brust gedrückt
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