Die Schlüssel zum Königreich 03 - Kalter Mittwoch.epub
dessen Rollkragen in goldenen Buchstaben Rattus Balaena aufgestickt war. Dazu trug sie einen Lederhelm, wie ihn die Piloten in den alten, offenen Doppeldeckern getragen hatten, jedoch ohne die Schutzbrille.
»Willkommen an Bord, Sir. Wenn Ihr Euch bitte nach vorn zur Brücke begeben würdet. Woanders gibt es nicht viel Platz.«
Arthur duckte sich, als er durch die Schotttür schritt. Die Ratte führte ihn einen sehr schmalen Gang entlang, der zu beiden Seiten Türen und Luken unterschiedlicher Form und Größe aufwies, bis sie schließlich an eine weitere Schotttür gelangten.
Diese führte in einen Raum, der ungefähr sieben Meter lang und fünf breit war. Auch er war mit Teppich ausgelegt, aber man konnte erkennen, wo der Belag um die Möbel herum abgeschnitten worden war, damit diese auf dem Metalldeck festgeschraubt werden konnten.
Die Stirnseite dieses Raumes wurde von Instrumenten beherrscht, Skalenrädern unter Glas, zahlreichen Rädern und Hebeln und einer Kristallkugel von etwa sechzig Zentimetern Durchmesser, die auf einer Säule in der Mitte lag. Rechts und links davon, mit Blick auf das Steuer, stand je ein Ledersessel mit hoher Lehne.
Die hinteren zwei Drittel der Brücke – denn das war dieser Raum unverkennbar – hätten aus einem teuren Hotel oder Café stammen können. Da waren sechs elegante, schmale Sessel, die in Dreiergruppen auf das Deck geschraubt waren; in der Mitte jeder Gruppe stand ein kleines Tischchen.
Langschwanntz und ein anderes Crewmitglied standen über Instrumente gebeugt und gingen offenbar eine Checkliste durch. Außer ihnen war nur noch eine Person – oder empfindungsfähige Kreatur – anwesend: ein exquisit gekleidetes Mädchen, das sittsam in einem der hinteren Sessel saß und Arthur den Rücken zuwandte. Sie trug ein perlweißes Kleid mit Puffärmeln und zahllosen Falbeln und Rüschen, gekrönt von einem äußerst breitkrempigen, weißen Hut mit einem Strauß aus Pfauenfedern, der fast bis an die Decke ragte. Sie nippte sehr langsam und geziert an einer Teetasse mit Goldrand.
Arthur sank der Mut. Sie war zu klein, um eine Bürgerin zu sein, aber offenbar hatte Dame Primus jemand anderen geschickt, ein Kind des Pfeifers, das mehr nach ihrem Geschmack war, nicht das Gassenkind Susi Blau.
Nichtsdestotrotz hatte sie wahrscheinlich Botschaften bei sich, die wichtig sein konnten. Mit einem Seufzer, den er nicht einmal zu unterdrücken versuchte, schob sich Arthur zwischen den Sesseln durch und ging auf das Mädchen zu.
Auf Arthurs Seufzer hin drehte sie den Kopf äußerst elegant in seine Richtung. Obwohl ihre Züge von der gewaltigen Hutkrempe beschattet wurden, erkannte Arthur sofort das scharf geschnittene Gesicht mit den dunklen Augen. Er stolperte über seine eigenen Füße und stieß sich das Schienbein an dem Sessel neben ihr.
»Lord Arthur, nehme ich an?«
Arthur fand sein Gleichgewicht wieder und runzelte die Stirn. Sie sah wie Susi Blau aus, aber ihre Stimme hörte sich irgendwie eigenartig an. Und ganz gewiss war sie nicht wie Susi Blau gekleidet!
»Susi?«
»Mein Name ist Susanne«, erwiderte das Mädchen.
»Susi Türkisblau«, sagte Arthur nun mit mehr Überzeugung. Es war Susi, nur sauber gebadet und hübsch angezogen und mit verändertem Tonfall.
»Susanne Montags Terz«, korrigierte ihn das Mädchen. »Das ist mein Name und meine Stellung.«
»Was ist denn mit dir passiert?«, platzte Arthur heraus. »Ich kann gar nicht glauben, dass du dich benimmst wie … wie …«
»Wie eine ordentlich erzogene junge Sterbliche«, beendete Susi den Satz für ihn. »Das ist der Maßstab, den Dame Primus bei mir anlegt und dem ich gerecht zu werden versuche. Bitte, nehmt Platz, Lord Arthur. Möchtet Ihr eine Tasse dieses ziemlich starken, doch recht erfrischenden Tees?«
Arthur ließ sich in den Sessel plumpsen. Er hatte sich wirklich darauf gefreut, Susi wiederzusehen und ihre Unterstützung zu bekommen. Dieses schön gekleidete, stocksteife Mädchen mochte wohl wie Susi aussehen, aber sie konnte ebenso gut eine Schwindlerin sein. Er sah nicht, wie sie ihm eine große Hilfe sein sollte. Wahrscheinlich würde sie das U-Boot nicht verlassen wollen.
»Hast du Botschaften von Dame Primus?«, fragte er knapp.
»Tee?«, erkundigte sich Susanne.
»Nur die Botschaften, falls du welche hast.«
»Na, na. Ihr habt es ja schrecklich eilig!«, beschwerte sich Susi. Mit aufreizender Langsamkeit setzte sie die Teetasse ab und griff nach einer kleinen, seidenen
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