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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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wie ich.«
    »Du hast dich gefürchtet. Hast dich vor der Bestrafung gefürchtet und bist geflohen wie ein Strauchdieb. Der edle, hochmütige Agius – nichts mehr als ein verachtenswerter, feiger Beutelschneider.«
    »Ja, ich hatte Angst, und ich habe gebüßt. Glaube mir, ich habe gebüßt und büße noch jetzt. Gewiss wäre mir ein anderer Weg beschieden gewesen in diesem Erdenleben, wenn ich standfester und demütiger hätte sein können. Doch ich war es nicht, und ich bin es nicht. Ich bin fehlbar, sehr fehlbar, zu fehlbar für ein gottgefälliges Leben.«

    »Hast du sie wirklich angefasst oder dich von ihr berühren lassen?« Taddäus’ Stimme klang plötzlich eigentümlich sanft, fast schüchtern.
    »Was sollen diese Fragen, Taddäus? Solche Fragen passen ganz und gar nicht zu dir.«
    »Du bist dazu in der Lage, das habe ich mit eigenen Augen gesehen.«
    Agius schüttelte den Kopf. Dann sagte er:
    »Und eben das hat dich rasend gemacht. Du hast in der einfachen Sächsin sie gesehen? Hast dir vorgestellt, dass ich ebenso mit ihr beisammen war? Und diese Eifersucht war es dir wert, mich anzuklagen und dir selbst den Plan zu rauben, in diesem Kloster einen dir ergebenen, weil erpressbaren Abt zu installieren. Solch niedere Beweggründe waren es. Eifersucht. Und worauf? Die Kaiserin lebt nicht mehr. Ihr Tod war schrecklich. Die Schmach, die sie als Sterbende erleben musste, furchtbar. Aber Jahre sind seitdem vergangen. Und selbst die, die sie innig geliebt haben, sind nicht mehr so voller Zorn wie du.«
    »Du bist verloren, Agius.« Taddäus hatte sich wieder gefangen, seine Stimme hatte ihren unangenehmen, fistelnden Ton zurückgewonnen. »Du bist verloren, dein irdisches Leben ist verwirkt. Nichts bleibt dir, als dich für ewig hinter die Mauern eines Klosters zurückzuziehen und zu beten, zu büßen, zu schweigen.«
    »Darüber habe ich bereits nachgedacht.«
    »Es ist nicht an dir, darüber nachzudenken. Du bist nicht befugt, dir deine Buße selbst aufzuerlegen. Und du musst büßen, Agius. Weniger für die abscheuliche Tat, bei der ich dich jüngst im Wald ertappt habe, vielmehr für die noch abscheulicheren Taten, derer du vor Jahren in Aachen fähig warst. Und ganz gleich, was du mir darüber erzählst: Ich glaube dir nicht. Du bist erschienen, schön und groß, und sie ist dir verfallen. Ja,
sie war bereits krank, die Schmerzen zerrissen sie förmlich von innen, und dann legte sich auch noch der Zorn des Volkes auf sie nieder. An allem sollte sie schuld sein, an allen Verfehlungen ihres Mannes, des Kaisers. Für den Tod des Bernhard, für die Verbannung der Halbbrüder und für so vieles mehr wurde sie verantwortlich gemacht. Das alles hat sie betrübt und verändert. Und du, Agius, hast ihre missliche Lage ausgenutzt, schamlos ausgenutzt. Und nie hast du dafür büßen müssen. Niemals. Jetzt jedoch ist es an der Zeit. Wie nur konnte ich dir wieder so sehr vertrauen und es in Erwägung ziehen, dich als neuen Abt in diesem Kloster vorzuschlagen? Du bist ein Sünder, ein abscheulicher Sünder und verdienst es, den Rest deines irdischen Daseins in einer verschlossenen Zelle zu fristen. Erkennst du deine Sünden?«
    Agius schüttelte langsam den Kopf und blickte Taddäus finster an, dann sprach er leise, aber entschieden:
    »Du bist der Sünder, Taddäus. Du hast sie in den Tod getrieben. Mit deinem an den Wahnsinn grenzenden Streben nach Einheit. Du hast sie beeinflusst, und sie hat ihren Mann beeinflusst. Sämtliche Männer, die der Macht des Kaisers hätten gefährlich werden können, wurden beseitigt. Das grausame Vorgehen gegen den armen Neffen Bernhard, seine Blendung und sein daraus resultierender Tod – das war ganz in deinem Sinne. Das Scheren und Fortschicken des Drogo, des Hugo und des Theuderich – auch das entsprach deinen Ideen. Der Zorn des Volkes, der sich ob dieser Untaten gegen Irmingard richtete, hätte gegen dich gerichtet sein müssen. Denn nicht sie war es, die ihrem Gatten aus freien Stücken zuflüsterte, diese gottlosen Sünden zu begehen. Du warst es – und hast dich ihrer bedient. Doch du wirkst im Verborgenen, düster und sicher, aber wirksam. Schlägt eine Maßnahme fehl, bist nicht du es, der dafür büßen muss. Es sind andere – es sind die, die im Lichte stehen.
Und sie musste für deinen übertriebenen Ehrgeiz büßen. Der Hass, der dir galt, schlug ihr entgegen, machte sie krank und brachte sie um. Du hast sie ins Grab gebracht, und ich war lediglich ihr Zuhörer in

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