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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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der Nähe der Gräber gesehen. Dennoch hielten sie ein Thinggericht über ihn. Trafen sich, alle Edlen und Freien des Gaus, obgleich eine solche Zusammenkunft längst verboten war. Morde kümmern sie nicht. Ja, man darf ein Kind erschlagen, ohne dass man gerichtet wird, aber sobald es um die längst Verstorbenen geht, kennen sie kein Erbarmen.«
    »Sie hatten Angst, Ada. Angst, dass ihre Ahnen wegen der Schändung ihrer Grabruhe zu Wiedergängern würden.«
    »Das weiß ich doch. Aber er war es nicht. Er war es nicht! Niemand wollte ihm glauben. Nicht einmal sein bester Freund Hilger. Der Mann, dem er einst das Leben gerettet hatte.«
    »Im Kampf gegen die Franken«, ergänzte Inga.
    »Richtig. In dem Kampf, in dem dein Großvater die beiden verraten hatte.«
    »Es geht hier um deine Familie, Ada, nicht um die meine«, wies Inga die Schwägerin zurecht.
    »Mein Vater und meine Brüder wurden geächtet und als Vogelfreie in den Wald getrieben.«
    »Damit erging es ihnen noch gut. Die Billinge hätten das Recht gehabt, sie sofort zu töten.«
    »Sie wurden getötet. Jedoch nicht unmittelbar von den edlen Billingen«, fuhr Ada fort. »Niemand anders als Hilger wusste,
wo sich mein Vater und meine Brüder aufhielten. Nur er. Mein Vater hatte ihm vertraut und ihm seinen Unterschlupf genannt. Hilger hatte versprochen, ihm Essen und Kleidung zu bringen.«
    »Und dann?«
    »Du kennst das fruchtbare Land links des Baches, nicht weit von hier, die beiden großen Felder, auf denen so herrlich der Flachs gedeiht.«
    »Natürlich kenne ich sie.«
    »Das war einst das Land der Edelleute, seit einigen Jahren gehört es den Hilgerschen. Wieso ging es plötzlich in ihren Besitz über, Inga? Kannst du es mir erklären?«
    »Hilger hat es ihnen abgekauft.«
    »Nein. Sie haben es ihm geschenkt. Oder besser gesagt: Es war ein blutiger Tauschhandel.«
    »Du willst mir sagen, die Edlen haben Hilger mit dem Land für einen Dienst entlohnt, den er ihnen geleistet hat?«
    »So ist es. Für einen äußerst unangenehmen Dienst. Er und seine Söhne, Rothger, Ansgar und der damals noch blutjunge Gernot, sie haben meinen Vater und meine Brüder aufgesucht.«
    »Und dann?«
    »Sie haben sie erschlagen. Mit ihren Kurzschwertern haben sie auf die Wehrlosen eingeschlagen.«
    Inga nickte, auch das erschien ihr durchaus glaubhaft. Dennoch sagte sie: »Sie waren Geächtete, Ada, und damit vogelfrei. Jeder hätte sie erschlagen dürfen.«
    »Das sagst du? Du, deren wehrloser Großvater ebenfalls und durch dieselbe Hand getötet wurde? Einen Verräter darf man wie einen Vogelfreien ungestraft erschlagen, Inga. Aber einen Freund?«
    »Dein Vater muss demnach dem Gemetzel entkommen sein.« Inga ignorierte die Anspielung Adas. »Man erzählte sich jedoch immer, alle drei seien tot.«

    »Ich weiß nicht, woher sie die dritte Leiche nahmen. Vielleicht war es ein unglücklicher Landstreicher, der zufällig ihren Weg kreuzte, aber mein Vater war es nicht. Sie zündeten die Toten an und verschwanden. Der flinke Trenk aus der Siedlung auf dem Berge hat sie dann gefunden. Verkokelt waren sie, unkenntlich. Er verbreitete die Nachricht unter den Leuten. Man sagte, die gerechte Strafe habe die drei Grabschänder ereilt. Aber wer sie tatsächlich getötet hatte, danach fragte niemand.«
    »Und du hast es immer gewusst? All die Jahre? Und du konntest dennoch in dem Hause leben? Du konntest einem der Mörder deiner Brüder gar Kinder schenken?«
    »Ich habe es nicht gewusst. Erst als mein Vater vor wenigen Jahren wieder aufgetaucht ist, hat er mir die ganze Wahrheit erzählt. Er war durch das halbe Land der Engern gestreift, hatte in den Wäldern gehaust. Aber schließlich hatte es ihn doch wieder hierher getrieben. Er war verraten worden, von seinem besten Freunde verraten. Und nicht nur das. Dieser hatte auch noch seine beiden Söhne getötet und versucht, auch ihm das Leben zu nehmen. Der alte Hilger, ein Mann der Ehre, ein Mann, der den Verrat als die größte aller Sünden ansah. Dein Großvater ist durch seine Hand gestorben, weil er ein Verräter war. Doch der größere Verräter war Hilger selbst. Zwei fruchtbare Felder waren ihm mehr wert als das Leben seines treuesten Freundes.«
    »Und dann habt ihr gemeinsam diese schrecklichen Rachepläne geschmiedet?«, fragte Inga weiter. Sie glaubte Ada jedes Wort.
    »Ja.«
    »Dass der Verdacht auf mich und meine Sippe fällt, war eure Absicht?«
    »Anfangs schon. Allein zu unserem Schutze. Es bestand kein
Groll gegen

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