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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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dabei auch sicherlich, wie es bei trauernden Frauen Sitte war, die Haare gerauft hatte, so würde sie es auch unter größtem Kummer nicht vollbracht haben können, sich zwei solche Stränge samt einem Teil der Kopfhaut auszureißen.
    Und wie, in Dreiteufelsnamen, kamen ihre Haare in die Müllecke dieses Grubenhauses? Was war hier geschehen?
    Zu weiteren Überlegungen blieb Inga keine Zeit, denn just in diesem Moment öffnete sich die Tür zum Grubenhaus, und mit der eisigen Kälte kamen ausgerechnet Gisela und Berta herein. Inga warf die Haarsträhnen zurück in die Ausbuchtung und bedeckte sie mit Kehricht.

    Inständig hoffte sie, dass die beiden Nebelkrähen das nicht gesehen hatten.
    Was würden sie sich dann nur in ihren neugierigen Köpfen ausdenken? Inga hat Uta aus Eifersucht umgebracht, eine schwangere Frau ermordet. Welch unglaubliche Tat!
    Ja, und das wäre nicht einmal ein abwegiger Gedanke. Denn wer außer Inga hätte jemals mehr Grund gehabt, sich der verhassten Nebenfrau zu entledigen? Der Mord an einer Schwangeren wog schwerer als jede andere Untat.
    Eine Unfruchtbare wie Inga zu beseitigen, das hätte kaum jemanden gekümmert, einen erwachsenen Mann zu töten kostete ein Wergeld, eine Schwangere jedoch war unantastbar. Hart, sehr hart wurde der feige Mörder einer solchen Frau vom Leben in den Tod befördert. Inga wollte besser keinen falschen Verdacht aufkommen lassen, aber Berta und Gisela schienen glücklicherweise nichts bemerkt zu haben.
    »Wir kommen, dir zu helfen, Inga, bist ja immer so allein hier in dem dunklen Kämmerlein.«
    Es war Gisela, die da mit verstellter Stimme sprach. Eigentlich waren sie nur schwer auseinanderzuhalten. Beide hatten sie dieses stets fettige, streng zurückgenommene, aschblonde Haar, beide diese dummen blauen, langbewimperten Augen, beide diese knollige Stupsnase, deren Spitze so sehr Richtung Himmel strebte, dass sie dabei sogar einen Teil der Oberlippe mitnahm und damit stets die großen Schneidezähne offenlegte. Ein Kinn besaßen alle beide nicht, unmittelbar unter der Unterlippe begann der Hals, so schien es zumindest. Sie waren sehr klein von Wuchs, Inga überragte sie um mehr als einen Kopf. Und dass sie immer gut zu essen bekamen und wenig körperliche Arbeit zu leisten hatten, sah man besonders ihren Hinterteilen an. In all diesen Dingen glichen sie sich wie ein Ei dem anderen, nur ein Merkmal unterschied sie voneinander: Berta
war die mit der kleinen Warze unter dem rechten Auge, und Gisela war die mit der großen Warze am Hals.
    »Nanu, wo ist denn all die Wolle und all das Flachs hin?«, fragte Berta, sich im ganzen Raum umblickend.
    »Ich habe es versponnen und verwoben«, antwortete Inga.
    »Dann hast du ja gar nichts mehr zu tun. Was machst du dann überhaupt noch hier?« Und dabei warf Berta ihrer Schwester einen Blick zu, der so viel bedeutete wie: Hab ich es dir nicht gesagt?
    »Sie wartet hier sicherlich auf jemanden«, meinte Gisela, und nun sprachen die beiden nicht mehr mit, sondern nur noch über Inga – in deren Anwesenheit, verstand sich.
    »Was macht auch eine einsame Frau im Winter allein in einem kleinen Häuschen?«
    »Natürlich wartet sie. Nur auf wen?«
    »Aber das weißt du doch.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Schöne Augen macht sie jedem. Sogar den Gottesmännern.«
    »Da hast du Recht. Aber abgesehen hat sie es natürlich auf unseren Bruder.«
    »Wie könnte es anders sein?«
    »Herrin will sie wieder werden und die arme Ada ausstechen.«
    »So ist es.«
    »Sitzt hier herum und murmelt Zaubersprüche vor sich hin.«
    »Aber er will nicht kommen.«
    »Bislang noch nicht, aber warte erst einmal, bis sie einen Liebestrank gebraut hat.«
    »Ja, das traue ich ihr zu.«
    »Haltet eure Schandmäuler, ihr dummen, hässlichen Hühner, und jetzt raus hier! Raus mit euren fetten Ärschen.«
    Inga hatte bis dahin ihren Ohren nicht getraut und nur
stumm dagestanden, aber schließlich platzte es aus ihr heraus. Ohne die möglichen Folgen ihres Verhaltens zu bedenken, beschimpfte sie die beiden Schwestern aufs Ärgste, und sie hätte sicherlich auch angefangen, auf sie einzuschlagen, wenn diese nicht eiligst die Flucht ergriffen hätten.
     
    Erst gegen Abend wagte Inga sich hinaus aus ihrem Grubenhaus, in welchem sie Stunden mit Nichtstun verbracht hatte. Gegrübelt hatte sie, gegrübelt und ein wenig geträumt. Sie hatte sich wieder einmal in allzu schönen Hirngespinsten verloren, sich ein anderes, herrliches Leben voller Liebe und

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