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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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nahe, dass sie seinen üblen Atem riechen musste.
    »Lass mich los. Sofort!«
    »Was ist denn das für eine?«, fragte ein Zweiter.
    »Das ist die vom Hilgerschen Hof. Der ihr Mann gestorben ist«, antwortete der Dritte.
    Inzwischen standen drei der jungen Männer um Inga herum, der vierte saß noch immer still am Boden, den Kopf nach vorn, direkt in das gebeugt, was er soeben von sich gegeben hatte.
    »Brauchst du einen neuen Mann?«, fragte der Erste und drückte sich unangenehm nah an Inga.

    »Mein Alter erzählt, das sei ein loses Ding. Die treibt es mit dem Ansgar vor den Augen seiner Frau«, sagte der Dritte wieder, der offenbar einiges über Inga wusste. Sie selber kannte ihn nicht.
    »Ihr lasst mich sofort gehen, ihr besoffenen Schweine. Ich schreie um Hilfe«, zischte sie.
    »Wer soll dir schon helfen? Frisch ist die noch. Da kann man sich nicht beklagen.« Und indem er das sagte, ließ er Ingas Arm los und kniff ihr mit beiden Händen in den Hintern. Inga nutzte den Moment, um mit einem Ruck ihr rechtes Knie zu heben und es ihm mit aller Kraft zwischen die Beine zu stoßen. Diese Maßnahme verfehlte ihre Wirkung nicht. Im Nu konnte sie sich losreißen und lief davon, gefolgt allerdings von den beiden unversehrten Freunden.
    Inga rannte, so schnell ihre Beine sie trugen, und dem Rufen und Fluchen der Verfolger konnte sie entnehmen, dass sie sehr wütend waren. Sie hatten sich sicherlich zunächst nur einen Spaß mit ihr erlauben wollen, aber nun waren sie in einen regelrechten Rausch verfallen, und Inga wusste, dass es ihr übel ergehen würde, wenn sie sie zu fassen bekämen.
    Kopflos stürzte sie davon. Am besten wäre es gewesen, zum Festplatz zurückzulaufen oder aber in Richtung des Hilgerschen Hofes. In ihrer Panik jedoch lief Inga nach rechts, und schon bald stand sie vor einer der wassergefüllten Mulden, hinter der sich der dunkle Kapenwald erstreckte.
    Sie hatte keine Zeit, zu verharren, denn schon hörte sie das wilde Schnaufen der Trunkenbolde hinter sich. Ohne nachzudenken stürmte sie durch den kleinen See, der zum Glück nur knietief voll Wasser war. Die jungen Männer folgten ihr, und sie folgten ihr auch, als sie sich durch das Dickicht in den Wald flüchtete. Beinahe hätten sie sie erwischt, als sie in einem dornigen Gestrüpp hängenblieb, aber ein Tritt nach hinten und ein
Schlag mit der Faust auf den Kopf hatten ausgereicht, um wieder einen kleinen Vorsprung zu gewinnen.
    Im Wald herrschte trübes Licht, die Sonne war bereits untergegangen, und die Dunkelheit hielt langsam Einzug. Noch waren Bäume, Sträucher, Wurzeln und Steine zu erkennen, alles schien grünlich grau zu schimmern, die Kronen der uralten Bäume waren dicht miteinander verwachsen, und nasse Ranken und vertrocknete Lianen hingen überall herunter. Es war schwierig, einen Weg zu finden, doch zum Glück waren ihre Häscher so betrunken, dass sie immerzu stolperten, fielen und sich wieder mühsam aufrappeln mussten.
    Inga war schneller.
    So lange jedenfalls, bis sie urplötzlich in eine Grube fiel. Eine Fallgrube, mit Zweigen und Laub getarnt, eine solche, wie man sie anlegte, um Wildschweine oder auch Bären zu fangen. Eine Fallgrube in einem Wald, in den sich kein Mensch hineinwagte. Doch nun war nicht die richtige Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen, wer dieses Loch gegraben hatte. Inga steckte fest, und gleich würden die beiden Kerle kommen, sie dort herausholen und wer weiß was mit ihr anstellen.
    Da hörte sie sie schon keuchen und dabei gleichzeitig lachen. Es dauerte nicht lang, und ihre beiden Köpfe waren über Inga zu sehen.
    »Da haben wir also unser kleines Häschen gefangen. War gar nicht so einfach.«
    »Wie holen wir die da jetzt raus?«
    »Da wird uns schon was einfallen, zur Not gehen wir einfach runter zu ihr.«
    »Warum nicht? Ist ja ganz gemütlich da unten. Ich hole mal eben einen von diesen Baumstricken.«
    »Beeil dich, wir wollen unser Häschen nicht zu lange warten lassen.«

    Inga versuchte unterdessen verzweifelt, aus der Grube zu klettern, doch die Wände waren zu glatt, und die Wurzeln, an denen sie Halt suchen konnte, zu dünn. Immer wieder rutschte sie aus und fiel auf den Boden der Falle zurück. Sie steckte fest und konnte nur noch hoffen, wenigstens mit dem Leben davonzukommen.
    In ihrer Verzweiflung fing sie schließlich an zu schreien. Und sie schrie nicht nach Hilfe, so wie jede andere Frau das in ihrer Lage getan hätte. Nein, Inga war schlauer. Sie wusste, dass Hilfe in

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