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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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Schreck.
    »Wenn er so genannt wird, dieser Wald, dann wird es wohl der Kapenwald sein.«
    »Er ist verwunschen. In ihm wandeln die Geister derjenigen, die in ihm gestorben sind. Außerdem gibt es dort Schrate, Trolle und böse Wichtel.« Almut war ganz aufgeregt und wollte gerade alle Schauergeschichten von sich geben, die der alte Ulrich des Abends am Feuer über den Zauberwald erzählt hatte.
    »Nein, nein, davon will ich nichts hören. Erst kürzlich musste ich eine Rüge des Bruders Agius über mich ergehen lassen, weil ich mir von Inga vom Hilgerhof den versteinerten Zwerg habe zeigen lassen.«
    Inga lachte laut, aber dann wurde sie wieder ernst: »Und dir ist nichts im Kapenwald begegnet?«
    »Ein Pferdemensch vielleicht? Oder gar ein Mann mit dem Kopf eines Stieres? Nein, nichts dergleichen. Eine Höhle habe ich gefunden, eine bewohnte Höhle, mehr nicht.«
    »Eine Höhle?« Das fragten beide Frauen fast gleichzeitig im selben erschütterten Ton.
    »Nun ja, es war eine aus Zweigen und Blättern errichtete Unterkunft. Sehr tief und sehr dicht, sodass kaum Sonnenlicht hineinfiel und wohl auch kein Regentropfen seinen Weg durch das Blätterwerk finden würde. Herinnen gab es allerlei an Dingen, die ein Mensch zum Leben braucht. Ich habe mich nicht lange umgesehen, als Gottesmann dringt man nicht unaufgefordert in fremde Stuben ein. Außerdem war mir ein wenig
schaurig zumute, denn ich könnte mir vorstellen, ein Räubernest ausfindig gemacht zu haben.«
    »Räuber gab es schon lange nicht mehr in unseren Wäldern, und außerdem würden auch sie ihr Nest niemals im Kapenwald aufschlagen«, entgegnete Inga.
    »Warum nicht? Wenn sie unwissend sind. Immerhin war auch ich unwissend und habe im Übrigen auch nichts Ungewöhnliches bemerkt. Nichts, was man nicht erklären könnte. Glaube mir, Inga vom Hilgerhof, Bruder Agius hat mir in dieser Hinsicht ordentlich den Kopf gewaschen: ›Falle nie noch einmal auf das Geschwätz der Ungläubigen herein‹, hat er mir gesagt, ›nicht sie sollen uns bekehren, sondern wir sie. Sie haben im Dunkeln gelebt und dort allerlei Gespenster gesehen, die es nicht gibt. Wir wollen Licht in ihr Leben bringen und nicht das unsere von ihnen verdüstern lassen.‹«
    »Ich weiß, dass es im Kapenwald spukt. Das kann Bruder Agius tausend Mal als Geschwätz bezeichnen. Wenn er den weißen Mann mit eigenen Augen sehen würde, würde auch er Fersengeld bezahlen, da bin ich mir sicher.« Inga war gekränkt.
    »Hast du etwa einen weißen Mann gesehen, Inga?«, fragte Almut mit großen Augen.
    »Ja, das habe ich. In der Dämmerung, auf dem Rückweg von der Kirchweih, vor nur wenigen Nächten.«
    »Nun, weiße Männer hin oder her – wahrscheinlich war es ein vom Mond beschienener Wanderer, so würde Bruder Agius vermuten. Ich für meinen Teil habe mich wieder einmal der Sünde der unnützen Geschwätzigkeit hingegeben. Glücklicherweise ist dort schon die Weggabelung, die mich linker und euch rechter Hand führen wird. Auf ein baldiges Wiedersehen, Inga vom Hilgerhof und junge Almut, ebenfalls vom Hilgerhof.«
    Und schnellen Schrittes machte er sich davon, singend die Anhöhe zum heiligen Berg erklimmend.

X
    W o ist Ansgar?«
    »Aufgestanden und fortgeritten.«
    Der alte Ulrich hockte allein im dunklen Haus, das Krankenlager war leer. Lediglich einige Fliegen schwirrten um die noch warme, eingedrückte Stelle auf dem Schaffell, wo Ansgar bis vor wenigen Augenblicken gelegen haben musste. Er konnte nicht weit sein.
    »Hat er gesagt, wohin er will?«
    Der Alte schüttelte den Kopf.
    »Mir sagt ohnehin niemand etwas. Hinaus in die Sonne sind sie allesamt. Doch denkt einmal einer daran, den alten Ulrich zu fragen? Der könnte wieder ein wenig Licht und übrigens durchaus etwas Brennnesselwein vertragen.«
    Vielleicht war auch er hinaus auf die Felder gegangen. Die erste Heuernte stand an. Es war längst Zeit, zu den Sicheln zu greifen und das heiße Wetter auszunutzen. Nicht oft herrschten solch gute Bedingungen zum raschen Trocknen des frisch geschnittenen Grases.
    Inga ging hinaus auf den Hof. Ada stand am Schweinestall, umringt von ihren jüngsten Kindern, und nahm gerade ein Kaninchen aus, das, bereits seines Felles entledigt, nackt und kopfüber an der Stallwand hing.
    »Du bist schnell wieder zurück, Inga«, sagte sie beiläufig, ohne von ihrer Arbeit abzulassen.

    »Ja, das Geschäft lief gut. Wir haben ein recht prall gefülltes Säckchen Salz erhalten.«
    »Fein.«
    »Will Ansgar nun

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