Die-Schnaeppchenjaegerin
sagt Martin und runzelt die Augenbrauen. »Ich kann nur mit den Pfadfindern dienen, damals, zur Schulzeit.«
»Prima«, freue ich mich. »Damit kann ich doch schon was anfangen.«
Martin Webster spielt mit dem Pfadfinderabzeichen, auf das er in seiner Jugend so stolz war. Sein ganzes Leben hat er hart gearbeitet und war immer für andere da. Jetzt, da er sich zur Ruhe setzt, sollte er eigentlich die Früchte seiner Arbeit genießen dürfen.
Aber die Finanzhaie haben ihn um seine eiserne Reserve betrogen. Die Daily World fragt...
»Ich habe alles für dich kopiert«, sagt Martin. »Alle Unterlagen, die mit der Sache zu tun haben. Ich weiß ja nicht, ob dir das weiterhilft...«
»Oh, danke«, sage ich und nehme ihm den Stapel Papier ab. »Das lese ich mir alles schön durch.«
Als der ehrliche, unbescholtene Martin Webster ein Schreiben von Flagstaff Life erhielt, in dem ihm vorgeschlagen wurde, den Investmentfonds zu wechseln, vertraute er darauf, dass das Unternehmen wisse, was das Beste für ihn sei.
Zwei Wochen später erfuhr er, dass man ihn auf diese Weise um eine Gewinnausschüttung von £20 000 gebracht hatte!
»Meiner Frau geht es gesundheitlich gar nicht gut, seit wir davon erfahren haben«, berichtet Martin Webster. »Ich mache mir furchtbare Sorgen um sie.«
Hmmm.
»Janice?« Ich sehe zu ihr auf. »Geht es dir gut? Du fühlst dich nicht irgendwie... unwohl oder so?«
»Ach, ehrlich gesagt, bin ich ein klein wenig nervös, Becky.« Sie wendet sich vom Spiegel ab. »Ich werde immer nervös, wenn jemand mich fotografieren will.«
»Ich bin ein nervliches Wrack«, erzählt Janice Webster und spielt unaufhörlich mit ihrem Ehering. »Ich bin noch nie im Leben so betrogen worden.«
»Gut, ich glaube, ich habe dann jetzt genug Material.« Ich stehe auf und schalte das Diktafon aus. »Es kann sein, dass ich geringfügig von dem abweichen muss, was ich aufgenommen habe, damit die Story ein bisschen besser klingt. Ihr habt doch nichts dagegen, oder?«
»Natürlich nicht!«, sagt Janice. »Du schreibst das, was du für richtig hältst, Becky. Wir vertrauen dir.«
»Und was passiert jetzt?«, erkundigt Martin sich.
»Jetzt werde ich mich mit Flagstaff Life unterhalten«, sage ich. »Mal hören, was die zu ihrer Entschuldigung zu sagen haben.«
»Entschuldigung??«, entrüstet Martin sich. »Für das, was die uns angetan haben, gibt es keine Entschuldigung!«
»Ich weiß«, sage ich und grinse. »Eben drum.«
Auf dem Weg nach Hause spüre ich Glückshormone durch meinen Körper rauschen. Jetzt brauche ich nur noch eine Aussage von Flagstaff Life, dann kann ich anfangen, den Artikel zu schreiben. Viel Zeit bleibt mir nicht, ich muss bis zwei Uhr damit fertig sein, wenn er morgen erscheinen soll. Mann, ist das aufregend. Warum war meine Arbeit früher nie so aufregend?
Ich schnappe mir das Telefon und wähle die Nummer von Flagstaff Life - nur, um mir von der Dame in der Zentrale sagen zu lassen, dass sämtliche Presseangelegenheiten außer Haus wahrgenommen werden. Sie gibt mir eine Nummer, die mir irgendwie bekannt vorkommt. Ich runzele die Stirn, wähle sie dann aber dennoch.
»Guten Tag«, begrüßt mich eine freundliche Stimme, »Sie sprechen mit Brandon Communications. Was kann ich für Sie tun?«
Oh, Gott, natürlich. Mir wird ganz schwindelig. Das Wort »Brandon« hat den Effekt eines Schlags in die Magengrube. Luke Brandon hatte ich völlig vergessen. Ich hatte überhaupt den ganzen Rest meines Lebens völlig vergessen. Und ich will auch gar nicht daran erinnert werden.
Aber egal - schließlich muss ich ja nicht mit ihm persönlich sprechen.
»Guten Tag!«, sage ich. »Mein Name ist Rebecca Bloomwood. Ääähmm... Könnte ich wohl bitte mit jemandem über Flagstaff Life sprechen?«
»Kleinen Moment bitte...«, sagt die Stimme. »Ah, ja, das ist Luke Brandons Klient. Ich stelle sie zu seiner Assistentin durch...« Und schon ist die Stimme weg, bevor ich noch irgendetwas sagen kann.
Oh, Gott.
Oh, Gott, ich kann nicht! Ich kann nicht mit Luke Brandon sprechen! Meine Fragen liegen säuberlich notiert auf einem Stück Papier vor mir, aber sie verschwimmen vor meinen Augen zu Hieroglyphen. Ich muss an die Blamage an jenem Tag bei Harrods denken, an die Demütigung, die ich empfunden habe. An das mehr als flaue Gefühl im Magen, als er so verdammt herablassend mit mir sprach und mir auf einmal klar wurde, was ich in seinen Augen eigentlich bin. Eine Witzfigur. Ein Nichts.
Oh, doch, ich kann,
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