Die-Schnaeppchenjaegerin
rede ich mir selbst zu. Ich kann sehr wohl. Ich werde ganz ernst und geschäftsmäßig bleiben, meine Fragen stellen und »Rebecca!«, dringt eine Stimme an mein Ohr. »Wie geht es Ihnen? Ich bin’s, Alicia.«
»Oh«, sage ich überrascht. »Ich dachte, ich würde zu Luke Brandon durchgestellt. Es dreht sich um Flagstaff Life.«
»Ja, nun ja«, sagt Alicia. »Luke Brandon ist ein viel beschäftigter Mann. Ich bin sicher, dass ich Ihnen alle Fragen beantworten kann.«
»Aha«, sage ich und lege eine kurze Pause ein. »Aber das ist doch nicht Ihr Klient, oder?«
»Ich glaube nicht, dass das in diesem Fall von Bedeutung ist«, sagt sie und lacht. »Was möchten Sie denn wissen?«
»Na gut«, antworte ich und sehe auf meine Liste. »War es Teil einer wohl kalkulierten Strategie, dass Flagstaff Life seinen Kunden vorgeschlagen hat, sich aus dem Profit-Fonds -zurückzuziehen - und das, kurz bevor aus eben diesem Fonds große Gewinnsummen ausgezahlt wurden? Dadurch ist nämlich einigen Leuten eine Menge Geld durch die Lappen gegangen.«
»Ah, ja...«, sagt sie. »Danke, Camilla, ich nehme Räucherlachs und Salat.«
»Wie bitte?«, frage ich.
»Ach, Entschuldigung, ja, ich bin wieder ganz Ohr«, sagt sie. »Ich schreibe es mir nur eben schnell auf... Ich fürchte, dass ich Sie dann doch später zurückrufen muss in der Sache.«
»Es eilt aber!«, sage ich. »Es ist für einen Artikel, den ich in ein paar Stunden abgeben muss!«
»Verstanden«, sagt Alicia. Auf einmal ist ihre Stimme seltsam gedämpft. »Nein, Räucherlachs. Na gut, dann eben chinesisches Huhn. Ja.« Dann ist sie wieder normal zu verstehen. »Also, Rebecca, sonst noch Fragen? Wissen Sie was, ich schicke Ihnen einfach unsere aktuelle Pressemappe. Die wird bestimmt einige Ihrer Fragen beantworten. Wenn Sie wollen, können Sie mir Ihre Fragen natürlich auch eben faxen.«
»Gut«, sage ich knapp. »Werde ich tun.« Und damit lege ich auf.
Ich starre das Telefon an und koche vor Wut. So eine blöde, arrogante Kuh. Ist sich sogar zu fein, meine Fragen ernst zu nehmen.
Dann dämmert es mir, dass ich eigentlich immer so behandelt werde, wenn ich die Presseabteilungen irgendwelcher Firmen anrufe. Niemand scheint je daran interessiert zu sein, mir meine Fragen zu beantworten. Immer werde ich in die Warteschleife geschaltet, und immer wird mir gesagt, man würde mich zurückrufen - was natürlich nie passiert. Bisher war mir das immer ziemlich egal - ich fand das richtig nett, am Telefon zu hängen und »Greensleeves« zu hören (immer noch besser als arbeiten). Es hat mir nie etwas ausgemacht, dass die Leute mich nicht ernst genommen haben.
Aber heute macht es mir sehr wohl etwas aus. Heute finde ich das, was ich tue, sehr wohl wichtig, und ich will verdammt noch mal ernst genommen werden!
Na, der werde ich es zeigen, denke ich aufgebracht. Und
nicht nur der. Allen. Luke Brandon eingeschlossen. Ich werde ihnen zeigen, dass ich, Rebecca Bloomwood, keine Witzfigur bin.
Ungewöhnlich entschlossen setze ich mich an Dads Schreibmaschine. Ich ziehe ein Blatt Papier ein, lasse das Diktafon laufen, atme tief ein und fange an zu tippen.
REBECCA BLOOMWOOD
THE PINES
43 ELTON ROAD
OXSHOTT
SURREY
FAXNACHRICHT AN ERIC FOREMAN
DAILY WORLD
VON REBECCA BLOOMWOOD
28. März 2000
Sehr geehrter Mr. Foreman,
anbei mein 950 Wörter umfassender Artikel über Flagstaff Life und die vorenthaltenen Gewinnauszahlungen. Ich hoffe, er gefällt Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen,
Rebecca Bloomwood Finanzjournal istin 18
Am nächsten Morgen wache ich schon um sechs Uhr auf. Ich weiß, das klingt pathetisch, aber ich bin so aufgeregt wie ein Kind am Heiligen Abend. (Oder - um ganz ehrlich zu sein - wie ich am Heiligen Abend.)
Ich liege im Bett und ermahne mich selbst, nicht so kindisch zu sein, mich zu entspannen und nicht daran zu denken - aber ich kann einfach nicht widerstehen. Vor meinem geistigen Auge türmen sich die Zeitungsstapel in den unzähligen Kiosken dieses Landes auf. Ich stelle mir vor, wie Abertausende von Daily Worlds heute Morgen den Lesern zugestellt werden. Und wie sie alle die Zeitung aufschlagen und sich fragen, was es heute wohl Neues gibt in der Welt.
Und was sehen sie?
Meinen Namen! Rebecca Bloomwood, schwarz auf weiß in der Daily World). Mein allererster Artikel in einer überregionalen Tageszeitung! »Von Rebecca Bloomwood.« Hört sich doch toll an, oder? »Von Rebecca Bloomwood.«
Ich weiß, dass mein Beitrag heute erscheint, weil Eric
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