Die-Schnaeppchenjaegerin
steige also in die Bahn ein und fühle mich so gelassen und besonnen wie ein buddhistischer Mönch. Als ich wieder aussteige, gehe ich schnurstracks an dem Discount-Schuhladen vorbei, ohne auch nur ins Schaufenster zu sehen, und Lucio’s lasse ich auch links liegen. Kein Cappuccino heute. Kein Muffin. Überhaupt nichts, das Geld kostet. Einfach nur schnurstracks ins Büro.
Bei Successful Saving ist zurzeit eher wenig los. Wir haben gerade die neueste Ausgabe in Druck gegeben, und das bedeutet, dass wir jetzt ein paar Tage eine ruhige Kugel schieben können, bevor wir uns für die nächste Ausgabe zusammenraufen müssen. Selbstverständlich wird von uns erwartet, dass wir sofort mit der Recherche für unseren neuen Artikel anfangen. Ich sollte eigentlich den ganzen Tag am Telefon hängen und alle möglichen Broker nach ihren Investmenttipps für das nächste halbe Jahr fragen.
Aber irgendwie vergeht der Vormittag, ohne dass ich wirklich gearbeitet hätte. Ich habe bloß den Bildschirmschoner an meinem Computer geändert (jetzt habe ich drei gelbe Fische und einen Tintenfisch) und meine Spesenrechnung aufgestellt. Ehrlich gesagt, kann ich mich gar nicht auf richtige Arbeit konzentrieren. Ich bin einfach zu hingerissen von meinem neuen, geläuterten Ich. Ich versuche zu überschlagen, wie viel ich bis zum Ende des Monats gespart haben werde, und was ich mir davon bei Jigsaw leisten kann.
In der Mittagspause hole ich mein in Alufolie gewickeltes Sandwich heraus - und bin zum ersten Mal heute etwas deprimiert. Das Brot ist ganz matschig, Essig tropft auf die Alufolie, und das Ganze sieht nun wirklich alles andere als appetitlich aus. Hm - jetzt ein Walnussbrot von Pret ä Manger und einen Schokoladenbrownie...
Nicht daran denken, rufe ich mich selbst zur Räson. Überleg dir lieber, wie viel Geld du gerade sparst. Ich zwinge mich also, dieses missglückte, matschige Sandwich zu essen und spüle es mit etwas Vittel herunter. Als ich aufgegessen habe, werfe ich die Folie weg, schraube die Vittel-Flasche wieder zu und stelle sie in den winzigen Kühlschrank in unserem Büro. So, und jetzt... - sind erst fünf Minuten meiner Mittagspause vergangen.
Was mache ich denn jetzt? Wo soll ich hin?
Niedergeschlagen sinke ich auf meinem Schreibtisch in mich zusammen. Mann, ist Enthaltsamkeit hart. Ich blättere lustlos durch ein paar Ordner, dann hebe ich den Kopf wieder an und sehe aus dem Fenster, sehe all die Menschen mit Einkaufstaschen in der Hand über die Oxford Street huschen. Oh, Gott, wie gerne würde ich jetzt da rausgehen! Ich lehne mich immer weiter nach vorn, wie ein Pflanze, die dem Licht entgegenstrebt. Ich brauche die hellen Lichter und die warme Luft in den Läden, die Regale voller Waren, ja, sogar das Gepiepe der Kassen. Aber ich kann nicht. Ich habe mir heute Morgen versprochen, dass ich mich den ganzen Tag von allen Läden fern halten würde. Ich habe es mir versprochen - und ich kann doch nicht mein eigenes Versprechen brechen. Also, zumindest nicht so schnell...
Dann habe ich eine brillante Idee: Ich brauche ein Rezept für mein selbst gemachtes Curry, richtig? David E. Barton meint ja, dass Kochbücher Geldverschwendung sind. Er meint, man sollte sie sich in der Bücherei ausleihen oder die Rezepte von Lebensmittelverpackungen sammeln. Aber ich habe eine noch viel bessere Idee. Ich gehe zu Smith’s und schreibe mir aus einem Kochbuch ein Curryrezept für Samstagabend ab. Auf diese Weise kann ich in einen Laden gehen, ohne Geld auszugeben. Ich springe auf und hole meinen Mantel. Oxford Street - ich komme!
In dem Moment, in dem ich Smith’s betrete, spüre ich, wie sich jede Faser meines Körpers vor Erleichterung entspannt. Das Betreten eines Geschäftes - ganz egal, welchen Geschäftes - bringt jedes Mal einen unvergleichlichen Nervenkitzel mit sich. Das kommt teils von der gespannten Vorfreude, teils von der geschäftigen, einladenden Atmosphäre, und teils ganz einfach von der verlockenden Neuheit der angebotenen Waren. Glänzende neue Zeitschriften, glänzende neue Bleistifte, glänzende neue Geodreiecke. Nicht, dass ich ein Geodreieck gebraucht hätte - aber sehen sie nicht hübsch aus, wie sie alle so sauber und unverkratzt in ihren Verpackungen liegen? Ich entdecke eine neue Schreibwarenkollektion im Leopardenlook und bin einen Moment versucht, mir die einzelnen Teile genauer anzusehen. Aber ich zwinge mich, daran vorbeizugehen und mich in den hinteren Teil des Geschäftes zu den Büchern zu
Weitere Kostenlose Bücher