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Die Schnapsstadt

Die Schnapsstadt

Titel: Die Schnapsstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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tut mir weh, wenn ich mir vorstellen soll, wie diese goldgefiederten Vögel ein Nest aus ihrem eigenen Speichel bauen. Ich stehe da etwa auf dem Standpunkt der Figur «meine Frau» in deiner Erzählung. Ich bezweifle, dass Schwalbennester etwas so mystisch Erhabenes sind, wie «meine Schwiegermutter» behauptet. Schwalbennester sind in Hongkong sehr beliebt, aber wenn du dich auf den Straßen von Hongkong umsiehst, wirst du feststellen, dass die meisten Passanten klein und dürr sind. In Shandong, wo wir Reibekuchen aus Süßkartoffeln mit dicken Lauchzwiebeln essen, kannst du mühelos hoch gewachsene Menschen finden, und selbst wenn nicht jede einzelne unserer Frauen eine hinreißende Schönheit ist, kannst du ohne Schwierigkeiten schöne Frauen finden. Es ist wohl offensichtlich, dass der Nährwert dieser Nester nicht an den von gebackenen Süßkartoffeln heranreicht. So viel Geld auszugeben, um etwas so Dreckiges zu essen, kommt mir ziemlich blöd vor. Die Grausamkeit, die darin steckt, das Heim einer Schwalbe zu zerstören, um sich ihr Nest anzueignen, ist mehr als blödsinnig. In den letzten Jahren, besonders aber seit ich deine Erzählungen lese, habe ich entdeckt, dass sich die Chinesen anscheinend schon seit Ewigkeiten ständig das Gehirn zermartern, um neue und exotische Gerichte zu entwickeln. Ich brauche wohl kaum darauf hinzuweisen, dass die meisten von denen, die es sich leisten können, ihren Gaumen zu verwöhnen, dafür nicht ihr eigenes Geld ausgeben, während die meisten einfachen Menschen sich den Bauch einfach mit dem voll stopfen, was sie gerade finden können. Wir leben in einem Zeitalter, in dem es Berge von Nahrungsmitteln und Meere von Kartoffeln gibt, und die Bürokraten in deinen Erzählungen sind wählerischer als Liu Wencai, der sich ausschließlich von Entenschwimmhäuten ernährte. In letzter Zeit ist das immer üblicher geworden. Noch vor nicht allzu langer Zeit hat man satirische Kommentare über diese Mode geschrieben oder politische Karikaturen dazu gezeichnet, aber die sieht man auch nicht mehr.
    Aber zurück zu unserem Thema. Meiner Meinung nach ist Schwalbenjagd immer noch zu politisch, und an deiner Stelle würde ich mich von jeder Spur von Leidenschaft freimachen und den Text überarbeiten. Das Sammeln von Schwalbennestern als ein gefährdeter traditioneller Beruf voller Geheimnisse und Legenden könnte den Stoff für eine großartige Erzählung abgeben. Du solltest dich auf die Geheimnisse und Legenden konzentrieren.
    Mein Vorgesetzter hat meiner Reise nach Jiuguo mehr oder weniger zugestimmt. Aber ich kann nicht abreisen, bevor ich den Entwurf meines Romans fertig habe. Ich habe mir das Datum eures Ersten Affenschnaps-Festivals gemerkt und werde die Arbeit rechtzeitig beenden, um daran teilzunehmen.
    Ich schicke dein Manuskript per Eilboten mit Sonderzustellung zurück. Bitte gib mir Bescheid, wenn es ankommt.
     
    Ich wünsche dir
    viel Erfolg beim Schreiben.
    Mo Yan

II
     
    Verehrter Meister, lieber Mo Yan!
     
    Ihr Brief und das Eilpäckchen mit meinem Manuskript sind gut angekommen. Sie hätten wirklich nicht so viel Geld auszugeben brauchen. Normalzustellung mit Einschreiben hätte genügt. Die paar zusätzlichen Tage hätten mir nichts ausgemacht, denn jetzt arbeite ich an einer Erzählung, die Affenschnaps heißen soll, und kann mich vorläufig nicht um die Überarbeitung von Schwalbenjagd kümmern.
    Sie haben sich von meiner Schwalbenjagd so anrühren lassen, dass Sie bis in Ihre Kindheit zurückgekehrt sind, als Sie einen gekochten Pferdehuf gegessen haben. Allein dadurch ist die Existenz meiner Erzählung gerechtfertigt, selbst wenn sie nie im Druck erscheinen sollte. Hätten Sie mir wohl sonst so einen langen Brief geschrieben?
    Wie Sie in Ihrem Brief bemerken, wird der Nährwert von Schwalbennestern stark übertrieben, und ich nehme an, dass Äußerste, was man sagen kann, ist, dass es sich um ein eiweißreiches Vogelsekret handelt. Jedenfalls haben sie keine magische Wirkung, sonst hätten die Leute, die bis zu vier oder fünf davon pro Tag essen, längst das Geheimnis der Unsterblichkeit entdeckt. Ich habe, wie in meiner Erzählung beschrieben, einmal Schwalbennestersuppe gegessen. Wenn Sie nach Jiuguo kommen, werde ich dafür sorgen, dass Sie das Gericht einmal probieren können. Natürlich ist es immer die Erfahrung, die zählt, und nicht das tatsächliche Gericht.
    Ich werde versuchen, meine Leidenschaft besser zu zügeln. Beim gegenwärtigen Stand der Dinge

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