Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
Vom Netzwerk:
ihm ein Bein stellen?«
    »Nein«, sagte Aldo ernst, während Pilade und Tiziana kicherten. »Nach dem, was Fusco sagt, viel einfacher, derjenige hat ihn vergiftet.«
    »Clever«, lachte Ampelio jetzt auch und setzte noch einen drauf: »Was hat denn Gift damit zu tun? Oder gibt’s ein Gift, das die Leute stolpern lässt? Glaub ich nicht.«
    »Nein, Dummkopf. Hör mir doch zu, sonst wird’s noch dunkel, bis ich fertig bin. Es sieht aus, als sei dieser Mann, der mir übrigens schon mehr von drüben als von hier erschien, durch einen Atemstillstand gestorben. Es war so, er hat sich den Kopf gestoßen, sie haben ihn ins Krankenhaus gefahren und da ist er an Atemstillstand gestorben.«
    »Gut. Und?«, fragte Del Tacca starrsinnig.
    »Mensch, Pilade, kommt dir das etwa normal vor?« Aldo nahm die Zigarette, die er vor sich auf den Tisch gelegt hatte, und ließ die Flamme am Feuerzeug aufflackern. »Du haust dir den Kopf an und erstickst? Wo lebst du eigentlich?«
    »Keine Ahnung, wo er lebt«, mischte sich Massimo ein, während er die Cornetti überwachte, die unter dem gelben, sanften Licht des kleinen Backofens allmählich eine schöne goldbraune Oberfläche annahmen. »Aber solange du hier drin bist, rauchst du jedenfalls nicht.«
    »Ach, komm schon, Massimo, draußen tobt der Hurrikan Katrina. Kein Mensch ist auf der Straße. Wer sollte denn jetzt hier reinkommen und was sagen?«
    »Ich will gar nicht, dass irgendwer reinkommt. Du weißt doch, wie das ist. Aber wir sind in einer Bar, die unbestreitbar alle Eigenschaften eines öffentlichen Raumes aufweist. Und in öffentlichen Räumen ist das Rauchen verboten.«
    »Wenn’s nur das ist, ist das doch schnell erledigt«, warf Ampelio ein. »Man macht einen privaten Club daraus statt einer Bar. Dann ist es kein öffentlicher Raum mehr, und man kann in aller Ruhe rauchen.«
    »Denk nicht mal dran. Abgesehen davon würde ich lieber zur Fremdenlegion gehen, als dir eine Mitgliedskarte für meinen Privatclub zu geben. Wie auch immer«, Massimo wandte sich wieder zu Aldo, »im Augenblick ist es eine Bar. Wenn jemand reinkommt und dich erwischt, kriegen wir beide ein Bußgeld aufgebrummt. Dir ist das natürlich scheißegal, aber ich weiß nicht, warum ich mir das antun sollte. Rauchst du etwa in deinem Restaurant?«
    »Jetzt ist sie schon angezündet«, sagte Aldo, als sei das Anzünden der Zigarette auf Willen Manitus geschehen. »Wenn ein Polizist reinkommt, zahl ich das Bußgeld für uns beide. Hauptsache, du unterbrichst mich nicht. Also, der Doktor hat gesehen, wie dieser Mann gestorben ist, und ist misstrauisch geworden. Er hat eine Autopsie angeordnet. Um es kurz zu machen, der Mann hatte eine erhebliche Menge Tavor im Blut. Und das hat den Atemstillstand hervorgerufen.«
    »Ich hab verstanden. Und jetzt?«
    »Wie jetzt? Man hat ihm eine Ladung Tavor gegeben. Er ist vergiftet worden.«
    »Ja, sehr hübsch.« Auch Pilade, der sich durch den von Aldo geschaffenen Präzedenzfall unangreifbar fühlte, nahm das Päckchen Stop ohne Filter und zog eine Zigarette heraus. »Und wer sagt, dass sie es ihm gegeben haben, um ihn zu vergiften? Mein armer Bruder Remo hat dieses Tavor zehn Jahre lang genommen, und ihm ist nie was passiert. Abgesehen davon, dass er verblödet ist, der Ärmste, aber das lag am Alter, nicht am Tavor.«
    Eine grundlegende Technik im professionellen Bargespräch besteht darin, einer Tatsache oder einem allgemeinen Gedankengang ein passendes Gegenbeispiel entgegenzuhalten, umso besser, wenn es sich auf Ereignisse bezieht, die Verwandten ersten Grades zugestoßen sind, vorzugsweise verstorbenen. Die Verwandtschaft bürgt, nach der im Dorf geltenden oralen Tradition, auf irgendeine nicht geklärte Weise für die Authentizität des Vorfalls, und die Nicht-Verfügbarkeit des Protagonisten aus dem Beispiel aufgrund dessen Ablebens macht die Behauptung nur schwer widerlegbar.
    Allerdings ist Pilades’ Beispiel, anders als es normalerweise bei den Diskussionen in einer Bar üblich ist, ziemlich passend. Man bekommt beinahe Lust, ihm recht zu geben, und das war’s dann mit dem Verbrechen. Schade, schien Ampelios Gesicht zu sagen, ich hatte mich schon an den Gedanken gewöhnt. Zum Glück war Aldo bestens über die Faktenlage informiert und erhöhte die Dosis.
    »Der Arzt sagt es. Dieser arme Mann war krank und durfte kein Tavor nehmen. Für ihn war es wie Gift. Soweit es mir Fusco erzählt hat, hätte nicht mal Doktor Mengele ihm das Zeug verschrieben. Für

Weitere Kostenlose Bücher