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Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
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mal zehn Kilometer, alles flach. In einer halben Stunde ist er da.«
    »Eine halbe Stunde. Ja, und das in aller Ruhe. Danke«, sagte Snijders und griff zum ersten Cornetto. »Ich hoffe, dass ich heute Vormittag wenigstens die Piazza dei Miracoli und den Friedhof sehen kann. Heute Nachmittag muss ich wieder beim Kongress sein.«
    »Ach, Sie kommen vom Kongress?«, fragte Ampelio mit wissender Miene. »Dem, wo sie diesen Japaner ermordet haben?«
    Das ist nicht möglich. Ich fass es nicht. Es ist eine Stunde vergangen. Ei-ne Stun-de. Vor einer Stunde habe ich von dieser Geschichte erfahren, und ich habe dem Fusco geschworen, dass ich nichts sagen würde. Und jetzt erzählt mein Großvater es überall herum. Ich geb’s auf.
    »Ermordet, ja«, sagte Snijders. Er dachte einen Augenblick nach, dann korrigierte er sich: »Das heißt, nein. Nicht der. Er ist gestorben. Aber es war ein Unfall.«
    »In der Zeitung war es ein Unfall«, antwortete Ampelio. »Die Verlobte vom Taccini hat ihm auch erzählt, dass es ein Unfall war. Trotzdem ist sie schwanger geworden, als er als Soldat in Griechenland war. Manche Unfälle haben’s so an sich, dass sie passieren, wenn man sie passieren lässt.«
    »Nein, Verzeihung. Ich glaube, Sie irren sich«, versuchte Snijders zu argumentieren, während er sich wahrscheinlich fragte, wer wohl Taccini sein mochte. »Es war ein Unfall. Er hat sich den Kopf angeschlagen, der arme Alte.«
    »Kann doch nicht wahr sein«, sagte Massimo bitter, während er versuchte, seinen Kummer im geliebten Eistee zu ertränken. »Es schlagen sich immer die Falschen den Kopf an.«
    »Was der Herr damit sagen möchte, ist«, mischte sich Del Tacca mit jener ausgesuchten Höflichkeit ein, die die Einwohner Pinetas ausschließlich Fremden und Begriffsstutzigen vorbehalten, »dass dieser arme Mann durch einen Atemstillstand gestorben ist. Einen Stillstand, der, sagen wir, eher ungewöhnlich ist. Zumindest scheint es so.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Snijders, während er nach einem Stuhl tastete, ein unübersehbares Zeichen dafür, dass er, auch wenn er nicht verstand, doch fest entschlossen war, so lange zu bleiben, bis ihm ein Licht aufging.
    »Wenn Sie noch nach Pisa kommen wollen«, warf Massimo ein, »sollten Sie sich besser auf den Weg machen, glaube ich. Ich will mich ja nicht in Ihre Angelegenheiten einmischen ...«
    Vor allem will ich meine eigenen weiterführen. Wenn Fusco hiervon erfährt, verhaftet er mich und steckt mich zusammen mit dem gesamten Altersheim hier ins Kittchen. Wenn Sie, hochgeschätzter Professor, daher so freundlich wären und sich von hier trollen würden, ohne weiter nachzufragen, hätte ich vielleicht noch eine schwache Hoffnung, dass all das wenigstens noch einen halben Tag lang innerhalb dieser Bar bleibt, bis die offizielle Nachricht raus ist.
    »Oh, das macht nichts«, sagte Snijders lächelnd, nachdem er einen Blick nach draußen geworfen hatte, wo der Regen unbeirrt auf die Dächer der Autos trommelte. »Ich glaube, auch der Schiefe Turm ist nicht aus Zucker. Heute Abend werde ich ihn noch genauso an seinem Platz finden. Könnte ich bitte einen Cappuccino haben?«
    »Es hört sich unglaublich an«, sagte Snijders, während er mit den letzten Krümeln der Cornetti (fünf) herumspielte, die noch auf dem Tellerchen waren.
    Es waren etwa zwanzig Minuten vergangen, unterteilt in zwei, in denen man einander vorgestellt hatte, fünf, in denen tatsächlich erzählt wurde, und dreizehn in einer Patt-Situation, in der die Alten sich gegenseitig mit spitzen Bemerkungen bedachten, um sich das Wort zu erkämpfen und dem aufmerksamen und überaus neugierigen batavischen Professor den Ablauf der Ereignisse und vor allem den Inhalt der benutzten Redewendungen zu erklären. Als Snijders jetzt bemerkte, dass die Sache unglaublich war, dachte Massimo mehr oder weniger dasselbe.
    Unglaublich.
    Ich ziehe die Klatschmäuler an wie die Fliegen. Sie kommen aus ganz Europa. Ich sollte sie allmählich mal auf die Karte setzen. Espresso, 0,80 Euro. Cappuccino, 1,00 Euro. Sich das Maul über Menschen zerreißen, die man weder jemals gesehen noch kennengelernt hat, geht aufs Haus.
    »Unglaublich, aber wahr«, fuhr derweil Aldo aus reiner Gewohnheit fort, weil Snijders nichts sagte und das hier eben eine Bar war, in der jeder irgendetwas sagen musste. »Genau wie die Seite in der Settimana Enigmatistica , der Rätselzeitschrift.«
    »Stimmt«, brachte sich Del Tacca ein. »Das Problem ist nur, dass

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