Die Schnelligkeit der Schnecke
kein Problem. Er spricht auch Englisch. Alle Wissenschaftler sprechen Englisch.«
»Massimo«, sagte Aldo, »was das angeht, kann Ampelio nicht mal richtig Italienisch. Du bist der Einzige hier, der Englisch spricht.«
»Das dachte ich mir. Also, was soll ich eurer Meinung nach tun?«
»Na, geh raus und frag ihn«, sagte Ampelio mit einem Unterton von: Meine Güte, stellst du dich wieder an.
»Also, nur dass wir uns recht verstehen. Der da draußen ist ein Gast, der sich hingesetzt hat, um etwas zu trinken. Ich kann nicht einfach hingehen und ihn fragen, was in Asaharas Notizen stand. Vielleicht will er einfach mal seine Ruhe haben. Vielleicht ist er der Mörder, und in dem Augenblick, wo er sich ertappt fühlt, zieht er das Katana raus und spaltet mich in zwei Teile. Jedenfalls kann ich nicht hergehen und meinen Gästen auf den Wecker fallen. Da gibt’s gar nichts zu diskutieren.«
»Und wie sollen wir’s dann machen?«
»Ja, was weiß ich denn? Das ist doch nicht mein Problem. Schickt halt Rimediotti hin. Er könnte ein Porträt des Duce rausholen und ihn daran erinnern, dass wir einstmals unter der Ägide des granitenen Stahlpaktes Alliierte waren. Vielleicht bekommt er Mitleid, und ihr schafft es, Kontakt aufzunehmen.«
»He, was hab ich denn damit zu tun?«, fragte Rimediotti. »Ich mag die nicht mal besonders, die Japaner.«
»Na, ich mag die auch nicht besonders«, sagte Del Tacca. »Die sind mir irgendwie fremd.«
»Logisch«, entgegnete Aldo. »Das sind Menschen, die arbeiten. Ich für meinen Teil hätte in meinem Restaurant am liebsten nur japanische Gäste. Sie essen gern, sind extrem höflich, machen Fotos von den Gerichten und bereiten dir ganz generell große Freude. Aber leider spreche ich kein Japanisch. Na komm schon, Massimo, lass dich doch nicht so bitten und geh hin. Gib dir einen Schubs.«
»Netter Versuch. Immer schön Komplimente machen, um die Leute zu überreden. Nicht mal im Traum.«
Die Alten sahen sich an, als hätte man ihnen den Stuhl unterm Hintern weggezogen, während die Luft sich mit einem peinlichen Schweigen füllte. Massimo ging zur Kaffeemaschine und fragte ganz allgemein: »Ich mache mir einen Kaffee. Möchte sonst noch jemand einen?«
»Ich nicht«, sagte Ampelio vorwurfsvoll, »ich hab eh schon einen bitteren Geschmack im Mund.«
»Ich nehme gern einen Kaffee«, sagte eine andere Stimme, während Massimo sich zur Kaffemaschine umdrehte, um den Filter zu füllen. Eine Stimme, die nicht gänzlich unbekannt war. Und in der Tat, als er sich erneut umdrehte, blickte er in das schon vertraute Gesicht von Anton Snijders, der gerade auf einen Barhocker kletterte.
»Wie möchten Sie ihn?«
»Macchiato, danke.«
»Um diese Uhrzeit macchiato? «
»Ja, warum?«, fragte Snijders allen Ernstes. »Ist die Milch alle?«
Nichts zu machen, eine verlorene Schlacht. Massimo drehte sich wieder zur Maschine um. Und während er den Filterträger in die Maschine einspannte, hörte er Aldos Stimme sich unerwartet höflich an Snijders wenden.
»Professor, wenn Sie entschuldigen würden ...«
»Ja?«
»Dürfte ich Sie um einen Gefallen bitten?«
»Aber sicher, gerne.«
»Ah, gut. Sie sprechen doch Englisch, oder?«
Draußen, am Tisch unter der Ulme, war Koichi Kawaguchi verblüfft. Schon am ersten Tag, als er in Pineta angekommen war, war ihm dieses schöne Café mit den Tischen unter den Bäumen aufgefallen, und er hatte gesehen, dass es sogar einen Internetzugang über WLAN gab. Deshalb hatte er bei der ersten Gelegenheit seinen Laptop genommen, um im Schatten seine Post zu lesen und dazu in aller Ruhe etwas zu trinken. Doch nachdem er ins Innere der Bar geblickt hatte, war seine Ruhe verschwunden und weigerte sich seitdem hartnäckig, wieder aus ihrem Versteck hervorzukommen. Koichi fing nämlich allmählich an, sich zu fragen, ob es mit rechten Dingen zuging, dass er, wo immer er auch hinging, auf diesen großen Typen mit dem Talibangesicht stieß. Kellner beim Kongress, Dolmetscher auf dem Kommissariat und jetzt auch noch Barista im Café. Das war nicht möglich. Außerdem hatte Koichi das sichere Gefühl, dass man in der Bar sogar über ihn sprach, und er hätte schwören können, dass einer der älteren Herren, die darin saßen, sogar ein- oder zweimal mit dem Daumen auf ihn gezeigt habe.
Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein, dachte er. Allerdings ohne große Überzeugung.
»Verstanden«, sagte Snijders, nachdem die Alten ihm die Lage zusammenfassend geschildert
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