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Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
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hatten, während Massimo den fleißigen Barmann gab, der nur Verachtung für das ganze Geschwätz übrig hatte. »Deshalb ist der Einzige, der weiß, was in diesen Dateien steht, jener junge Mann da draußen.«
    »Exakt«, sagte Aldo. Er schien verborgene Qualitäten an Snijders entdeckt zu haben, die er vorher nicht bemerkt hatte, weshalb er jetzt überaus freundlich zu ihm war.
    »Na, ich seh nicht, was so schlimm daran sein sollte, ihn zu fragen. Wie sagt man hier in Italien? Fragen ist ...?«
    »Fragen ist erlaubt«, ergänzte Rimediotti, »und Antworten ist höflich.«
    »Genau. Fragen ist erlaubt. Gut, ich trinke nur den Kaffee aus, dann geh ich zu ihm.«
    »Entschuldigen Sie, äh, Professor«, sagte Ampelio, »dürfte ich Sie noch um etwas anderes bitten?«
    »Was denn?«
    »Wenn Sie schon mal da sind, könnten Sie diesen Typen vielleicht auch fragen, ob er so freundlich wäre, sich an einen anderen Tisch zu setzen?«

Acht
    Es waren wenige Minuten vergangen. In der Bar bereitete Massimo alles für den abendlichen Aperitif vor. Es war Ende Mai, und wie in jedem Jahr weckte die schöne Jahreszeit die zahlreichen Grüppchen von Faulenzern und Taugenichtsen aus ihrer Lethargie, deren Alter zwischen den stolzen zwanzig und den wohl oder übel akzeptierten vierzig variierte und die die Gewohnheit teilten, ein Gläschen zu trinken und ein paar Gratishäppchen dazu zu nehmen, bevor sie sich in jene schönen Sommerabende aus Aperitif-Abendessen-Discothek stürzten, die ihrer nutzlosen Existenz Struktur verliehen.
    Massimo maß dieser Gewohnheit schon immer große Bedeutung bei. Erst einmal war es umso besser, je mehr Leute kamen. Und waren die Tabletts mit den Häppchen erst mal vorbereitet, musste man nur noch einschenken und kontrollieren, dass die Leute bezahlten. Alles in allem war das für einen Barista eine zwar chaotische, aber auch angenehme Stunde. Ganz besonders, wenn der Barista ein siebenunddreißigjähriger, geschiedener Mann war, dessen Sozialleben außerhalb der Bar etwa mit dem einer Muschel vergleichbar ist. Darüber hinaus sind die Alten um diese Uhrzeit normalerweise zu Hause, und das kann der Laune nur zuträglich sein. Normalerweise.
    An diesem Abend jedoch waren die Alten noch da, am Tisch unter der Ulme, die Hände mit einer unkonzentrierten Partie Canasta beschäftigt, während sie darauf warteten, dass Snijders Kawaguchi ein paar Neuigkeiten des Tages aus der Nase zog. Snijders war in der Zwischenzeit mit allergrößter Ruhe zu Kawaguchis Tisch geschlendert, hatte ein Gespräch angefangen und ihn, man weiß nicht, wie, dazu gebracht, sich an einen runden Tisch bei den Tamarisken zu setzen. Jetzt plauderten die beiden wie alte Freunde. Irgendwann sah Massimo aus dem Augenwinkel, wie Kawaguchi aufstand, Snijders die Hand gab, grüßte und wegging.
    Mensch, ich bin wirklich dabei, mich in eine alte Klatschbase zu verwandeln, aber wen stört das schon. Schließlich habe ich die Idee gehabt und den Computer zu Carlo gebracht, da werde ich mir doch wohl ein Minimum an Belohnung verdient haben. Massimo betrachtete die Tabletts, befand sie für perfekt angeordnet, drehte sich um und fragte Tiziana in so normalem Ton wie möglich: »Tiziana, es fehlen noch der Tabouleh und die Crostini mit Thunfisch. Kümmerst du dich darum? Ich geh mal kurz nach draußen.«
    »Ja, Chef, Disiana denken an alles. Chef sich keine Sorge machen und in aller Ruhe rausgehen und tratschen.«
    Massimo nahm eine Zigarette, ging nach draußen und direkt zu dem Tisch unter der Ulme, wo Snijders sich gerade erst zu den rüstigen Rentnern gesellt hatte. Er nahm sich einen Stuhl, setzte sich und wurde von Ampelio mit einem missgünstigen »He, hattest du nicht noch zu tun?« begrüßt.
    »Komm schon, Großvater, mach mal halblang«, antwortete Massimo, während er die Zigarette anzündete. »Wenn der Professor etwas weiß, dann sehe ich nicht, was so schlimm daran sein soll, wenn ich es mir anhöre. Und überhaupt, wenn er’s euch erzählt, weiß es in dreißig Sekunden sowieso das ganze Dorf.«
    »Etwas hat er gesagt«, sagte Snijders. »Ach, bitte, ich heiße Anton. Professor ist viel zu aufgepumpt.«
    Aufgepumpt? Ach ja, aufgeblasen. Aber da alle viel zu begierig darauf waren, zu erfahren, was Snijders herausbekommen hatte, verlor niemand die Zeit, um ihn zu korrigieren.
    »Ich hab ein bisschen mit dem Jungen geredet. Erst ein bisschen über Wissenschaft, nur um etwas warm miteinander zu werden. Er macht übrigens ganz

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