Die Schnelligkeit der Schnecke
bildete, bei denen der Künstler den Drang verspürt hatte, sie mit Gelb und kräftigem Rot zu füllen, dazu ein paar versprengte Flecken – und betrachtete sie, eine Hand an den Hals gelegt.
»Und das, was ist das?«
»Das ist ein Bild, Ampelio«, sagte Tiziana lächelnd. »Von Miró. Mann vor der Sonne «.
»Das sieht man, ja, dass der zu viel in der Sonne war, der arme Mann«, antwortete Ampelio, ohne den Blick von dem Bild zu nehmen. »Aber, mein Gott, der hätte sich doch wenigstens ein Hütchen aufsetzen können. Jedenfalls muss er sich einen kleinen Hitzschlag eingefangen haben. Schaut doch nur, was er da für einen Dreck hingeschmiert hat.«
»Es wäre mir auch komisch vorgekommen, wenn Ihnen mal was gepasst hätte«, sagte Tiziana immer noch lächelnd.
»Wieso, gefällt dir das etwa?«
»Mir gefällt das, ja. Sonst hätte ich das doch nicht an die Wand gehängt, oder? Aldo, Sie, der Sie doch ein Mindestmaß an Kunstverstand haben, sagen Sie mal was.«
»Um Himmels willen«, erwiderte Aldo und stützte sich auf den Tresen. »Ampelio was über Kunst beizubringen übersteigt meine Fähigkeiten. Und dabei haben wir wahrlich genug Museen besucht.«
»Aber wirklich«, sagte Ampelio kichernd. »Schöne Zeiten waren das.«
»Museen? Ihr zwei?«
»Nein, alle vier«, antwortete Del Tacca. »Alle vier und mit den Frauen. Das waren diese Ausflüge, wo alles inbegriffen ist, diese, wo sie einen um vier Uhr morgens einsteigen lassen und dann dreihundert Kilometer am Stück fahren, bis man angekommen ist. Ohne auch nur einmal für eine Toilettenpause anzuhalten, weil das ja Zeit kosten würde. Zum Glück haben die im Bus immer Töpfe verkauft, da konnte man wenigstens jedes Mal, wenn man’s nicht mehr ausgehalten hat, so eine Kasserol nehmen, und gut war’s. Mamma mia, daran denk ich heute noch mit Schrecken zurück. Meine Frau hat aber auch keine Fahrt ausgelassen, die anderen genauso wenig. Und wir immer mit.«
»Ich kann’s mir vorstellen«, sagte Tiziana. »Und warum hat Ampelio dann eben so gelacht?«
»Weil, wenn man nun schon mal da war, man ja irgendwas finden musste, um sich zu unterhalten«, erklärte Ampelio.
»Ich will’s gar nicht wissen«, sagte Tiziana in einem Tonfall, der genau das Gegenteil besagte.
»Es ist ein bisschen schwierig zu erklären«, sagte Del Tacca. »Aldo, hast du noch die Kassetten?«
»Du lieber Gott, natürlich hab ich die noch. Ich höre mir sie sogar ab und zu mal an.«
»Gut, dann bring sie morgen mal mit. So kann man das am besten erklären. Hab Geduld, Tiziana, man könnte es dir auch gleich erklären, aber ohne die Kassetten wäre das langweilig. Und, na ja, irgendwann sind wir auch in die Museen gegangen, und wenn man da nicht aufpasst, dann wird man da eingeschlossen im Museum. Macht ja auch nichts, die Alten sind eh zu nichts mehr nütze und nerven bloß. Apropos Alte, weiß man eigentlich schon was über diesen japanischen Professor?«
»Immer noch tot«, sagte Ampelio, während er weiter durch die Bar schlenderte.
»Mit dir hab ich nicht geredet, du Holzkopf«, antwortete Del Tacca. »Ich hab mit Massimo geredet.«
»Inwiefern?«
»Massimo, stell du dich nicht auch noch so an, bitte. Musstest du heute Morgen etwa nicht zur Universität, um in den Computer zu gucken?«
Wie bitte? Wie kann das nur sein, dass dieser Opa einfach über alles Bescheid weiß?
»Woher weißt du das?«
»Es stand in der Zeitung.«
»Pilade, mach dich nicht über mich lustig. Wer hat es dir gesagt?«
»Nein, nein, ich bin nun wirklich der Letzte, der sich über irgendwen lustig macht. Gino, sag’s ihm doch, unserem Heiligen Thomas hier.«
Rimediotti zog eine offensichtlich schon gründlich gelesene Zeitung aus der hinteren Hosentasche, faltete sie auseinander und begann mit seiner klaren, ausdruckslosen Stimme: »›Mysterium im Computer‹, Fragezeichen. ›Pisa. Wenige Stunden nach dem unerwarteten Tod des Professors Kiminobu Asahara, der unter noch ungeklärten Umständen eintrat, nachdem der Mann von einem plötzlichen Unwohlsein erfasst worden war, sind die Ermittler so gut wie überzeugt, dass das Ableben des greisen Gelehrten kein Zufall war. Es ist in der Tat definitiv geklärt, dass der Verblichene in den Stunden vor seinem Tod große Mengen Tavor zu sich genommen hatte und dass dieses Medikament für den Atemstillstand verantwortlich ist, der letztlich zum Tod geführt hat. Doch während die Todesursache inzwischen geklärt zu sein scheint, bewegt sich der Rest
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