Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
während Polizisten mit ihren Waffen auf ihn zielten?
Mit einem Schlag kam Riku die Antwort in den Sinn. Das war der gemeinsame Nenner, der den ermordeten Kernwaffeningenieur Jewgeni Rybkin, den Bunker von Bärenstetten, in dem kleine Kernladungen für Sabotageakte deponiert waren, und die Betonkammer in Freys Schuppen verband … Im selben Augenblick begriff Riku auch, dass das Gerät in der Größe eines Telefons, das er im Nebengebäude der Villa in Huutoniemi gesehen hatte, ein Geigerzähler gewesen war.
Ihm wurde schwindlig. Deswegen hatte man ihn zum Schweigen bringen wollen. Deswegen war Vera Dobrina ermordet worden …
Er sah den Russen an und beschloss, ein Risiko einzugehen.
»Die Explosion ist euch gelungen«, sagte er zu Feliks auf Russisch, damit die Polizisten es nicht verstanden.
Sofort richtete Feliks die Waffe auf ihn.
»Ich weiß alles«, sprach Riku rasch weiter. »Und bald weiß es die ganze Welt, wenn du mir oder meinem Sohn etwas antust …«
»Bring uns hier raus, zu meinem Wagen. Wir reden dort.«
Riku sah sich um. An verschiedenen Stellen des Foyers waren Polizisten in Position gegangen.
»Gebt uns freies Geleit«, sagte Riku, drehte sich um und ging langsam in Richtung Ausgang. »Das Leben meines Jungen steht auf dem Spiel.« Feliks folgte ihm, wobei er sich wachsam umblickte. Noch immer hielt er Leo auf dem Arm.
Jalava stand vor der Tür, die Pistole mit beiden Händen umklammert, leicht in den Knien federnd, Riku im Visier.
»Markku, ich kann mich nicht ergeben, du siehst doch, dass er meinen Jungen hat. Wir gehen jetzt zu seinem Wagen, du darfst hier nicht eingreifen.«
»Mit diesem Bluff kommst du nicht durch. Bleib stehen, oder ich schieße!«
»Du bist wahnsinnig«, sagte Riku. Sein Blick sprang zwischen den Augen des hasserfüllten Mannes und der auf ihn gerichteten Pistole hin und her. Er sah, wie Markkus Finger sich krümmte. Das schiere Entsetzen überkam ihn.
Doch kurz bevor Jalava abdrückte, fiel ein anderer Schuss.
Die zuerst abgefeuerte Kugel traf Jalavas Oberschenkel, weswegen dessen Schuss, nur einen Sekundenbruchteil später ausgelöst, fehlging und unmittelbar neben Riku in der Fensterscheibe einschlug.
Jalava schrie vor Schmerz auf und brach zusammen. Blitzschnell richteten die Polizisten im Foyer ihre Waffen auf die Tür dem Ausgang gegenüber, von wo aus auf Jalava geschossen worden war.
Dort stand Mira Jalava und starrte kreidebleich auf ihre Ersatzwaffe. Für einen Augenblick war es vollkommen still im Foyer. Dann schüttelte Mira ihre Lähmung ab und sagte mit lauter, bebender Stimme: »Markku ist der Verräter, den wir suchen. Ich habe in einer Villa bei Kotka absolut sichere Beweise dafür gefunden.«
70
Der Löschzug der Feuerwehr Rauma hielt am Rand der Straße, die nach Olkiluoto führte, hinter Dutzenden anderer Feuerwehrwagen an. Tommi Ruuska saß in gelbem Schutzoverall und mit Gesichtsmaske im Einsatzfahrzeug und starrte aus dem Fenster. Die Abenddämmerung setzte allmählich ein. Hoch über die Bäume ragte der Reaktorsicherheitsbehälter des neuen Meilers auf, umhüllt von dichtem schwarzem Rauch.
»Die Notabschaltung von Block eins und zwei läuft, das Personal wird gerade evakuiert«, erklärte die Stimme des leitenden Branddirektors über das interne Funknetz. Ruuska saß regungslos neben seinem Kollegen Moisio und lauschte den Informationen aus dem Lautsprecher.
»Die Werksfeuerwehr birgt derzeit Mitarbeiter der Schaltzentrale von Block drei aus dem Rauch. Das Reaktorgebäude ist zum größten Teil unversehrt geblieben, aber durch beschädigte Einstiegsschächte und Rohre breiten sich Rauch und Emissionen aus. Diese Kanäle müssen geschlossen werden.«
Ruuska wusste bereits, was als Nächstes kommen würde, die unvermeidlichen Worte, die sie auch schon während der Ausbildung und bei Übungen gehört hatten, und die sie scheinbar leichthin aufgenommen hatten, obwohl sie im Gedächtnis geblieben waren und ihnen immer wieder im Kopf herumspukten.
»Es geht um unverzügliche Maßnahmen zur Rettung von Menschenleben. Außerdem muss ein signifikantes Ansteigen der Strahlenbelastung für die Bevölkerung verhindert werden. Damitwir möglichst wenig Strahlung ausgesetzt sind, werden die Einsatzkräfte regelmäßig in kurzen Abständen ausgetauscht.«
Ruuska spürte die Gänsehaut auf seinen Armen. Hier war nicht die Rede von einer effektiven Belastung von einem halben Sievert oder vom äquivalenten Maximum von fünf Sievert. Jetzt
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