Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
ging es lediglich darum, dass jeder Freiwillige so wenig wie möglich der radioaktiven Strahlung ausgesetzt war, während er die notwendigen Aufgaben erfüllte.
Mira hatte ihre Ersatzwaffe einem Kollegen ausgehändigt und ging langsam zu Markku hin, der auf dem Boden lag und von Kivelä und Manninen notdürftig verbunden wurde. Der Pförtner, der sofort die Erste-Hilfe-Tasche gebracht hatte, stand daneben. Im Foyer leiteten Polizisten aufgeregte Abgeordnete in andere Bereiche des Gebäudes. Die Radionachrichten hallten weiterhin in dem saalartigen Raum wider.
»… Laut unserem Reporter in Eurajoki ist im Kraftwerk ein Feuer ausgebrochen, und zumindest ein Teil des Reaktorsicherheitsbehälters ist bei der Explosion beschädigt worden. Feuerwehrmänner in schwerer Schutzausrüstung warten auf die Erlaubnis, das Gelände zu betreten …«
Mira blieb vor Markku stehen. Ihr kam alles so unwirklich vor, wie in einem Traum, bei dem man nicht sicher sein konnte, ob es ein reiner Albtraum war oder ob sich unter all dem Entsetzlichen nicht doch die Verheißung auf etwas Besseres verbarg …
»Lasst Tanner nicht laufen«, ächzte Markku. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
»Hör endlich mit deinem Theater auf«, sagte Mira und zeigte ihm eine Handy-Speicherkarte. »Hier ist eine lange Sequenz drauf, in der zu hören ist, wie du mit den Russen über dein Honorar verhandelst. Warum … Wie konntest du uns nur alle hintergehen …«
Ihr brach die Stimme.
»Du bist ja wahnsinnig, was zum Teufel behauptest du da?«
Mira blickte auf ihren künftigen Exmann hinab. Seine Unschuldsbeteuerungen standen im krassen Widerspruch zu seinem Blick, der voller Angst und Panik war.
»Ich muss nichts behaupten. Du sagst alles selbst auf der Aufnahme, die diese Speicherkarte enthält. Mehr habe ich dir nun nicht mehr zu sagen. Für alle Zeit.«
Mira fühlte sich sonderbar ruhig. Sie steckte die Speicherkarte ein.
Aus dem Funkgerät des Polizisten, der neben ihr stand, kam eine fauchende Stimme: »Kein Zugriff vor dem Gebäude! Das ist eine Geiselnahme. Der Mann, der das Kind trägt, ist bewaffnet …«
Elina schaute zwischen zwei Streifenpolizisten hindurch auf die Szene und ballte vor Entsetzen die Fäuste bei dem schockierenden Anblick, der sich ihr bot. Riku stieg gerade in einen Range Rover, zusammen mit einem Mann, der einen kleinen Jungen auf dem Arm trug und das Kind mit einer Waffe bedrohte. Schaulustige hatten sich versammelt, die von den Polizisten zurückgedrängt wurden. Ein Krankenwagen näherte sich. Hinter einem Polizeiauto, das auf dem Rasen geparkt war, sah Elina einen Polizisten mit Gewehr samt Zielfernrohr. Aber niemand unternahm etwas, alle warteten.
Außer Atem eilte Timo Vuorenpää in die Bereitschaftszentrale der Strahlenschutzbehörde im Osten von Helsinki. Der große Büroraum befand sich im innersten Kern des Gebäudes. Der Bereitschaftsleiter war von der Geburtstagsfeier seines in der Nähe wohnenden Bruders buchstäblich hergerannt. Zum Glück hatte er nur ein Glas Wein getrunken. Er und die hundertsechsundzwanzig anderen Mitarbeiter der Behörde waren alle gleichzeitig von der Strahlenaufsicht per SMS alarmiert worden.
Noch während er rannte, hatte Vuorenpää per Telefon die Basisinformationen zur Lage erhalten. Jetzt stand er neben einem Mitarbeiter, der die Informationen verfolgte, die das IMIS-System lieferte, um Details zu erfahren. Dieses integrierte Mess- und Informationssystem für die Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt lieferte ständig Daten über die Strahlenmesswerte in Olkiluoto, aber die aktuellen Werte waren manuell direkt an den beschädigten Punkten gemessen worden.
»Am Zugang effektive 1160 Millisievert«, sagte der Mitarbeiter.
Vuorenpää schaute auf den Bildschirm und versuchte, seine Angst zu unterdrücken. Die effektive Dosis beschrieb den gesundheitlichen Schaden, der durch die Strahlenbelastung verursacht wurde: Eine Dosis der Größenordnung 5000 bis 6000 Millisievert führte, wenn man ihr schlagartig ausgesetzt war, fast sicher zum Tod, mehr als 1000 Millisievert in einem Zeitraum von weniger als vierundzwanzig Stunden verursachten Symptome einer Strahlenerkrankung wie Müdigkeit und Übelkeit. Hier lag auch der Grenzwert für die Evakuierung der Bevölkerung.
Vuorenpää erhielt einen Anruf vom Chef der örtlichen Rettungsleitstelle, dem vom Bereitschaftsleiter des Kraftwerks Olkiluoto die Einsatzverantwortung übertragen worden war. Dem Krisenstab gehörten
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