Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
einige Zweige zur Seite und fixierte den Hinterkopf des rauchenden Mannes. Er spannte die Muskeln an, konzentrierte sich und sprang dann mit einem Satz auf den Weg. Der Mann fuhr herum, aber im selben Moment drückte ihm Sebastian schon die Hand auf den Mund, schlug ihm mit der anderen Hand auf den k.o.-Punkt im Nacken und zog den Bewusstlosen gleich darauf zwischen die Bäume.
Am Rand seines Sehfeldes registrierte Richter eine Bewegung im Rückspiegel. Fichtenzweige wippten. Warum war Anton in den Wald gegangen?
Mit dem Sender in der einen Hand öffnete er die Beifahrertür und stieg aus.
»Anton?«
Keine Reaktion. Nur das Rauschen der Wellen.
Richter tastete mit der freien Hand nach der Pistole im Schulterholster, zog sie heraus und bemerkte im selben Augenblick,dass er von hinten angegriffen wurde. Er fuhr herum, schaffte es aber nicht mehr, die Waffe auf den Angreifer zu richten, der mit einem dicken Ast nach ihm schlug. Der Hieb ging wenige Zentimeter an seinem Kopf vorbei und traf ihn mit Wucht auf die Schulter. Gleichzeitig bekam er einen heftigen Tritt in die Kniekehle, und Richter sackte zusammen. Der Angreifer packte den Sender, riss ihn Richter aus der Hand und hob die Waffe auf, die zu Boden gefallen war.
Richter bemühte alle Kräfte, um sich aufzurappeln, aber es war zu spät: Er schaute in den Lauf seiner eigenen Pistole.
Dann aber sah er Anton mit gezogenem Stilett taumelnd aus dem Wald kommen und sich dem Angreifer von hinten nähern. Richter schaute dem jungen Mann fest in die Augen und sagte: »Ich weiß, wer du bist, ich habe Neuigkeiten für dich …«
»Ach ja?«
Mit sicherer Hand schleuderte Anton sein Stilett. Es traf den Angreifer in den Rücken und blieb stecken. Der Mann drehte sich langsam um, versuchte zitternd, die Waffe auf Anton zu richten, und drückte ab. Der Schuss ging vorbei. Dann machte der Mann noch zwei Schritte nach vorn, bis er stöhnend zusammenbrach und auf dem Bauch liegen blieb.
Keuchend rannte Richter zu dem Sender, schaltete ihn ein und starrte auf das erloschene Signallämpchen, das zu seiner riesigen Erleichterung sofort wieder anging. Ohne einen Moment zu zögern, deaktivierte er die Sicherheitssperre und drückte auf den Auslöser.
Betriebsleiter Siekkinen spürte, wie der Boden in der Schaltzentrale zitterte. Sie hörten ein Geräusch in tiefer Frequenz, das an das Donnern bei Gewitter erinnerte und in der bunkerartigen Stahlbetonkonstruktion anhaltend dröhnte. Sämtliche Monitore und Signallampen erloschen, nur die mit Akku betriebenen Notlichter schimmerten matt. Die Alarmsirenen begannen zu heulen.
»Großer Gott«, entfuhr es Siekkinen. Er hielt sich mit beiden Händen am Rand des Kontrollpults fest und starrte Norha an, auf dessen Gesicht sich totale Panik abzeichnete.
»Großer Gott«, brüllte Siekkinen erneut und drehte sich zur Tür um, auf die bereits vier seiner Kollegen voller Panik zurannten.
Nur Norha stand im matten Lichtschein wie zur Statue erstarrt, mit geweiteten glasigen Augen.
»Raus hier!«, rief Siekkinen ihm zu, aber Norha rührte sich nicht vom Fleck.
Siekkinen packte ihn am Arm und zerrte ihn gewaltsam zur Tür.
67
Feliks erkannte die Person, die oben auf der Parlamentstreppe auftauchte, sofort. Riku Tanner.
»Ich sehe ihn«, sagte er leise auf Russisch in das Mikrofon unter seinem Kragen. »Drei Säulen von dir entfernt.«
»Ich gehe auf ihn zu«, erwiderte Vlads Stimme in dem kleinen Stöpsel in Feliks’ Ohr.
Vlad trug ein Hemd mit kurzen Ärmeln, Shorts und einen Rucksack. Er stand auf dem oberen Treppenabsatz und tat so, als fotografierte er das Parlamentsgebäude und dessen Umgebung. Er sah wie ein Tourist aus, doch statt Proviant enthielt sein Rucksack eine mit Schalldämpfer ausgerüstete Handfeuerwaffe.
»Warte noch. Womöglich ahnt er die Gefahr. Bleib auf deiner Position.«
Feliks blieb am Fuß der gewaltigen Granittreppe stehen und hielt weiterhin den erstaunlich ruhigen Jungen an der Hand. Die Lage war eindeutig: Leo Tanner war der Köder, mit dem Riku Tanner hervorgelockt werden konnte, um ihn zu eliminieren.
Feliks sah in Tanners Hand ein Telefon, er schien eine Nummer zu wählen.
Gleich darauf klingelte Feliks’ Handy.
Tanners Stimme war klar und deutlich. Es lag nicht das geringste Zögern darin: »Hier werden jeden Moment Polizisten eintreffen, die mich suchen. Ich kann allerdings dafür sorgen, dass sie umkehren. Niemand weiß etwas von meinem Jungen oder von Ihnen. Kommen Sie die Treppe
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