Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
konzentrieren. Irgendetwas wird dir das alles doch sicher für dein Buch bringen?«
»Mich interessiert sehr, was Friedrich über das irrsinnige Arsenal des Warschauer Paktes in der DDR erwähnt hat. Was für ein Gleichgewicht des Schreckens damals zwischen den Mächten herrschte, ganz konkret. Die Bunker faszinieren mich.«
»Ein Gleichgewicht des Schreckens kann sowohl zwischen Staaten als auch zwischen einzelnen Menschen herrschen«, murmelte Riku, während er aufstand. »Ich habe einen guten Rotwein da, der schon lange darauf wartet, dass es etwas zu feiern gibt. Findest du nicht, dass wir jetzt Anlass dazu haben?«
»Absolut.«
Elina folgte ihm in die Küche.
»Was hast du über Feliks Grischanow herausgefunden?«, fragte sie und setzte sich an den Küchentisch.
Riku nahm eine Weinflasche aus dem Gestell. »Wie gesagt, lassen wir diese Dinge auf sich beruhen. Ich will in keiner Weise mehr über die Ereignisse der letzten Tage reden. Und ich glaube auch nicht, dass du das tun solltest.«
Elina ließ sich von seinem Widerwillen nicht beirren: »Nach meiner Theorie hatte Meteor irgendwie mit den Zerwürfnissen innerhalb der NATO am Ende der Achtzigerjahre zu tun. Moskaus Hauptabsicht bestand darin, Streit zwischen den NATO-Staaten zu provozieren. Sie pumpten wahnsinnige Summen in verschiedene Friedensgruppen.«
»Der Feind deines Feindes ist dein Freund. Sagt man in Russland.«
»Die Firma von Feliks hat bei ihren Geschäften das gleiche Prinzip befolgt. Sie haben Atomkraftgegner finanziert, weil die Atomenergie die Interessen der Gas- und Ölkonzerne bedrohte.«
Riku nahm zwei Gläser aus dem Regal und stellte sie auf den Tisch.
Elina redete hartnäckig weiter. »Es kann natürlich sein, dass ich mich irre und die wirtschaftlichen Gründe gar nicht so entscheidend waren, als Feliks’ Firma die Atomkraftgegner unterstützte. Mir ist nämlich ein interessanter Aspekt aufgefallen. Rate mal, wo Viktor Kovalenko alias Feliks Grischanow geboren wurde?«
Riku drehte den Öffner in den Korken. »Ich habe, ehrlich gesagt, keine Lust, zu raten.«
»Er wurde am 18. 4. 1951 in Tschernobyl geboren. Nach der Explosion im Atomkraftwerk im Jahr 1986 hat er seine Eltern und seine Zwillingsschwestern verloren, die alle in der Region lebten.«
Riku hielt in seinen Bewegungen inne.
»Feliks und ich haben demnach die gleiche Meinung über Atomkraft, aber aus verschiedenen Gründen«, sagte er, bemüht, seine Überraschung zu verbergen, indem er schnell redete. »Fürmich ist sie eine technisch unausgereifte Methode, solange das Müllproblem nicht gelöst ist. Der Fall Olkiluoto ist zwar ein viel zu hoher Preis, um den Regierungen die Augen zu öffnen, aber vielleicht verhindert er etwas noch Schlimmeres in einem der zahllosen Reaktoren, die man wegen dieses Vorfalls vom Netz nehmen wird. Zumindest wird man künftigen Generationen weniger Müll hinterlassen.«
Er zog den Korken aus der Flasche. Nachdem er nun wusste, dass Feliks einen direkten Bezug zu Tschernobyl hatte, erschien dessen Handeln in völlig neuem Licht.
Riku nahm die Flasche in die eine und die Gläser in die andere Hand und ging in das vom Schein des Kaminfeuers behaglich beleuchtete Wohnzimmer zurück.
»In dem, was nach Tschernobyl passiert ist, zeigt sich im Grunde das Wesen der ganzen Finnlandisierung«, sagte Elina von der Küchentür aus. »Der finnische Präsident sorgte damals höchstpersönlich dafür, dass die Evakuierungsflüge finnischer Staatsbürger aus dem Niederschlagsgebiet aufgeschoben wurden, nur um Moskau zu gefallen. Er konstatierte, aus finnischer Sicht seien die wesentlichen Dinge gut gelaufen, die Geschehnisse hätten die finnisch-sowjetischen Beziehungen nicht beeinträchtigt. Was bedeutet schon das bisschen radioaktiver Niederschlag, Hauptsache, ›wir Finnen verbreiten nicht die Hysterie, die in der Welt verbreitet wird‹, so hat er es damals gesagt. Die anderen westlichen Staaten evakuierten damals 134 000 Bürger aus der Sowjetunion, um sie nicht dem radioaktiven Niederschlag auszusetzen.«
Riku seufzte und reichte Elina ein Weinglas. »Könnten wir die Geschichte mal kurz vergessen und uns auf diesen Augenblick konzentrieren?«
Kaum hatte er das gesagt, klingelte sein Handy: Pesola von der Sicherheitspolizei. Um diese Zeit? Ein unangenehmes Gefühl beschlich Riku.
»Bist du zu Hause?«, fragte Pesola unwirsch.
»Ja.«
»Ich komme vorbei und bringe noch jemanden mit. Könntest du die Aro anrufen und sie dann abholen,
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