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Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Die Schockwelle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Schockwelle: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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füllte sie den Eimer, hielt das Gesicht direkt vor die Belüftungsöffnung und sog gierig die Luft ein. Den Duschstrahl richtete sie auf ihren Vater, der nach wie vor auf den Bodenfliesen lag. Sie wollte nicht darüber nachdenken, ob er noch lebte. Das Wasser vermischte sich mit dem Blut und färbte den Boden rot.
    Das Feuer musste sich bereits im Haus ausgebreitet haben. Die Vorstellung, dass über ihrem Kopf das ganze Gebäude in Flammen stand, jagte Elina derartige Angst ein, dass sie sich fast übergeben musste. Sie wurde von dem Wunsch überwältigt, nach draußen zu stürzen und zu versuchen, durch die Flammen in die Freiheit zu gelangen. Aber das würde nur den sicheren Tod bedeuten. Sie musste durchhalten und hoffen, dass sie mit ihrem verzweifelten Plan Erfolg hatte.
    Plötzlich versiegte der Duschstrahl über ihr. Auch die Dusche nebenan tröpfelte nur noch. Elina drehte an den Hähnen, aber nichts geschah. Offenbar hatte die Hitze die Rohre oder die Pumpe beschädigt.
    Elina hörte sich selbst vor Entsetzen schreien. Sie schnappte den Abzieher und steckte ihn durch das Gitter der Belüftungsöffnung.
    »Hilfe! HILFE!«
    Die Hitze im Duschraum wurde allmählich übermächtig, und der Rauch senkte sich immer tiefer. Elina ließ sich neben ihrem Vater auf dem Fußboden nieder und schützte das Gesicht mit den Händen. Zwischen den Fingern hindurch sah sie, dass der Eimer noch voller Wasser war. Sie zog ihn näher heran und spritzte zuerst sich und dann ihrem Vater etwas Wasser ins Gesicht. Das Atmen wurde immer schwerer, und sie begriff, dass sie kurz davor war, bewusstlos zu werden. Mittlerweile stand die Tür in Flammen, und das Feuer leckte an den Deckenpaneelen des Duschraums. Vom Umkleideraum her hörte sie ein lautes Krachen. Stürzte dort die Decke bereits ein?
    Es krachte erneut, dann durchschlug eine Axt die Tür.

8
    Wieder einmal war es ein langer Arbeitstag gewesen, und als Riku den Wagen auf das heimische Grundstück im Helsinkier Stadteil Toukola rollen ließ, war es bereits Nacht. Das kleine, in den Zwanzigerjahren als Arbeiterunterkunft gebaute Haus stand unter üppigen Birken im Schein der Straßenlaternen still da. Riku sah auf das leuchtende Zifferblatt seiner Armbanduhr. Ihm blieben gerade mal fünf Stunden Schlaf. Aber das war immerhin mehr, als den Kollegen von der Spurensicherung vergönnt war, die im Fall Dobrina die ganze Nacht hindurch arbeiten mussten.
    Seit im Frühling jemand am helllichten Tag in sein Haus eingedrungen war, war Riku auf der Hut. Der Einbrecher hatte nichts mitgenommen, und genau das beunruhigte ihn. Lieber ein gewöhnlicher Dieb als ein Krimineller, der in sein Privatleben eindrang. Offensichtlich hatte der Betreffende etwas gesucht, denn das ganze Haus war durchwühlt worden. Jedes Mal, wenn Riku auf das Grundstück fuhr, kam ihm der Vorfall unangenehm in den Sinn.
    Er stieg aus und pflückte eine reife, saftige Pflaume vom Baum. Nach dem Regen war es warm und feucht. Das Haus hätte eine Renovierung nötig, aber Riku steckte sein Geld lieber in den Garten. Jeder Quadratzentimeter wurde genutzt: Kräuter, Blumen, Obstbäume, Strauchheidelbeeren und Rosenbüsche wuchsen in verschiedenen Gruppen und Ansammlungen.
    Riku spuckte den Pflaumenkern aus, ging ins Haus und blieban der Tür zu Leos Zimmer stehen. Die Monsterfiguren aus Plastik warteten in Reih und Glied im Regal auf den Jungen. Jede hatte ihren eigenen Klan aus der Welt des Feuers, des Waldes, des Himmels, des Wassers und der Berge. Leo glaubte, seine Sammlung wäre bereits vollständig, aber Riku wusste, dass ständig neue Figuren produziert wurden. Katja tolerierte die furchterregenden Gestalten nicht, aber bei Riku wurden damit die unterschiedlichsten Fantasiewelten und wilde Kampfszenen entwickelt.
    Unten im Regal blitzte ein Geschenk von Katjas Bruder Slava, einem Biochemiker, hervor: ein programmierbares Roboterauto. Als unverheirateter junger Mann hatte Slava keine Ahnung, für welches Alter so ein Spielzeug gedacht war, weshalb es nun noch eine Weile im Regal warten musste.
    Das leere Zimmer zu betrachten machte Riku wehmütig. Besonders wegen Leo war die Scheidung hart gewesen. Riku wollte nicht, dass sein Sohn ohne Vater aufwuchs, so wie er selbst seit seinem dreizehnten Lebensjahr. Vielleicht kamen ihm deshalb auch kurze Trennungen von Leo so schmerzhaft vor.
    Er ging ins Arbeitszimmer, wo im Alkoven noch das Gästebett seines Moskauer Freundes aufgeschlagen war, der einige Tage zu Besuch

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