Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
hatte. Hatte er alles gelöscht? Natürlich, Riku war in solchen Dingen pedantisch. Aber konnten die Experten von der Technik die gelöschten Daten womöglich wiederherstellen?
Miras Herz hämmerte, und ihre Handflächen wurden feucht. Sie erinnerte sich an die letzte Mitteilung, die sie Riku geschickt hatte.
Wir müssen reden. Bald.
Sie bemühte sich, die Fassung wiederzugewinnen, und spielte bereits mit dem Gedanken, unter einem Vorwand zu verschwinden, denn sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Ihr war klar, wie so eine Nachricht für fremde Augen aussehen würde. Sie kannte außerdem Markkus Eifersucht und seine entsetzlichen Wutanfälle. Und in einer Situation, in der Riku als Verräter verdächtigt wurde, konnte sie nicht die Wahrheit sagen, denn damit würde sie ihn nur zusätzlich belasten. Sie befand sich in einer Zwickmühle, sie musste sich zwischen Markku und Riku entscheiden.
»Mira«, sagte Markku, hörbar gestresst, aber ohne negativen oder bedrohlichen Unterton. »Was machst du denn hier?«
Bevor sie antworten konnte, klingelte Markkus Handy.
Das Gespräch war kurz und einsilbig, am Ende sagte Markku zu dem Anrufer: »Verdammt. Ich schicke jemand hin, der mit ihr reden soll.«
Schließlich wandte er sich ihr wieder zu. »Tanners Exfrau hat mitgeteilt, dass der Kerl seinen Jungen halb mit Gewalt aus dem Kindergarten geholt hat. Das hätte ich nie von Riku geglaubt, obwohl es Anzeichen gab. Er meint es ernst. Er will uns austricksen. Das hier hat er im Zug nach Tampere deponiert«, sagte Markku und deutete mit einer Kopfbewegung auf Rikus Handy.
»Gibt es etwas her?«
»Er hat alle Daten gelöscht. Aber die Jungs von der Technik werden zumindest einige davon wiederherstellen können.«
»Gut«, sagte Mira so unbefangen wie möglich.
Jetzt läutete Markkus interner Anschluss.
»Die Abgeordnete Laaksonen ist hier an der Pforte«, tönte es aus dem Lautsprecher.
»Sie soll einen Moment warten, ich komme runter.«
»Was will die denn hier?«, fragte Mira.
»Rede du mit der Exfrau von Tanner über die Entführung des Jungen. Sie ist angeblich in Espoo reich verheiratet.«
»Ich sollte eigentlich nach Vuosaari zum Hafen fahren …«
»Das andere hat jetzt Priorität. Du fährst sofort nach Espoo, Manninen gibt dir die Adresse.«
»Na gut«, erwiderte Mira und wandte sich zum Gehen. Da fing ihr Handy an zu klingeln.
»Mira«, sagte Markku in ihrem Rücken.
Sie blieb stehen, drehte sich aber nicht um.
»Riku hat uns alle betrogen. Absolut alle.«
»Ich weiß«, antwortete Mira und verließ das Büro. Auf dem Gang nahm sie endlich den Anruf der unbekannten Nummer entgegen.
»Kannst du reden?«, fragte Riku mit gehetzt klingender Stimme.
»In fünf Minuten.«
Mira beendete die Verbindung und bemerkte im selben Moment, dass Kivelä unmittelbar vor ihr auf dem Gang stand. Er versuchte gar nicht erst zu verbergen, dass er sie anstarrte.
Rasch wandte sie den Blick ab. Sie hatte keine Lust, darüber nachzudenken, warum Kivelä so ein komisches Gesicht machte.
23
Riku sah auf die Uhr. Drei Minuten waren vergangen. Er fuhr im Auto in Richtung Helsinki und fragte sich, wie intensiv man nach ihm fahndete. Er hätte Mira nicht anrufen sollen, es war ein zu großes Risiko gewesen.
Er erreichte den Autobahnring 3. Es machte ihn nervös, nach Helsinki zurückzukehren, aber es gab keine andere Möglichkeit. Leo war bei Kalle in Sicherheit, das erleichterte es Riku ein wenig. Sein wichtigstes Ziel war es jetzt, am Leben zu bleiben. An zweiter Stelle kam das Aufspüren des wirklichen Verräters bei der Polizei. Wer kam da infrage? Nur jemand, der genug über die Ermittlungen gegen Bykow wusste – also musste es einer von Rikus engsten Mitarbeitern sein.
Er wusste, dass sich viele Kollegen ebenfalls ziemlich geradliniger Methoden bedienten, speziell Timo Manninen, sein Erzfeind. Der Glatzkopf mit dem Ziegenbart kam mit der Harley-Davidson zur Arbeit, reiste viel und war mit einer jungen Thailänderin verheiratet, die so gut wie niemand je zu Gesicht bekommen hatte. Früher war Manninen der effektivste Mann im Dezernat gewesen, dann hatte Riku ihm mit seinen Resultaten die Starrolle streitig gemacht. Manninens Verbitterung hatte allerdings schon eingesetzt, als ein Polizist der KRP für einen Kurs beim FBI in den Vereinigten Staaten bestimmt werden sollte und die Wahl nicht ihn traf, sondern Riku. Daher war es für Riku auch keine Überraschung gewesen, dass Manninen neben Reini als Zeuge gegen ihn und
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