Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
einige andere Drogenfahnder aufgetreten war.
Auch der wortkarge Jere Saari kam Riku in den Sinn. Der war in letzter Zeit als Kollege immer schwieriger geworden. Riku hatte gedacht, es hätte mit den schlimmen Rückenschmerzen zu tun, die Saari plagten und gegen die er starke Mittel einnahm, was erst herauskam, als er unter Medikamenteneinfluss einen Unfall baute. Zusätzlich hatte er einen schwierigen Scheidungsprozess am Hals und trank reichlich Alkohol. Etwas an seiner Art und an seinem Blick war in letzter Zeit noch sonderbarer geworden. Womöglich nahm er mittlerweile noch stärkere Medikamente. Gab es für Verbrecher ein besseres Erpressungsopfer als einen drogenabhängigen Polizisten?
Riku zwang sich, seine Fantasie im Zaum zu halten und nach banaleren Varianten zu suchen. Konnte die undichte Stelle in der Finesto-Gruppe zu finden sein? Bei den Befragungen im Zusammenhang mit dem Prozess hatte er notgedrungen über seine Ermittlungen zu Bykows Bande reden müssen. Das Verhörprotokoll wurde zwar für geheim erklärt, doch einige Vertreter der Helsinkier Polizei und der KRP hatten es zu Gesicht bekommen. Es hatte ihm den Posten gerettet, aber hatte er damit dem Verräter zugleich wichtige Informationen geliefert? War es ein Köder gewesen? Womöglich war der gesamte Prozess bloß ein Täuschungsmanöver gewesen, um Erkenntnisse über die außergewöhnlich erfolgreichen Ermittlungen der KRP im Bereich Ostkriminalität zu gewinnen.
Riku blickte auf den Tacho und stellte fest, dass er mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fuhr. Er versuchte sich zu beruhigen und klar zu denken.
Die zentrale Figur in diesem Fall war Igor Bykow, der Kopf des Drogenrings. Nowikow wäre ein Weg gewesen, um Bykow auf die Spur zu kommen, aber Nowikow lag im Kühlraum der Gerichtsmedizin. Um an Bykow heranzukommen, blieb also nur Rikus Informant in Kotka: Sergej. Dies war der gefährlichste Weg, aber Riku blieb keine Wahl.
Er prüfte den Verkehr vor und hinter sich, dann nahm er das Telefon und rief noch einmal Mira an. »Kannst du jetzt reden?«, fragte er, so ruhig er konnte.
»Was ist eigentlich los, verdammt noch mal?« Miras Stimme klang schroff.
»Das erkläre ich dir später. Hat sich die Identität von Vera Dobrinas Mörder bestätigt? War es Nowikow?«
Am anderen Ende der Leitung blieb es einen Moment still.
»Es ist eine Großfahndung nach dir eingeleitet worden. Alle möglichen Gerüchte sind in Umlauf …«
»Mira … ich kann dir jetzt nicht alles erklären. Du musst dich auf deine Intuition verlassen, und ich hoffe, sie wird dir sagen, dass du mir vertrauen kannst. Glaub nichts, was du über mich hörst! Ganz gleich, wer dir etwas sagt. Und sei vorsichtig. Irgendwer im Präsidium gibt tatsächlich Informationen weiter, und diese Person muss ausfindig gemacht werden, bevor alles endgültig den Bach hinuntergeht. Ich habe Nowikow aus Notwehr erschossen, sonst hätte er mich getötet. Hat Elina Aro ihn als Mörder von Vera Dobrina identifiziert?«
»Ja. Aber auch sie kennt seinen Namen nicht. Und sie weiß nicht, dass Nowikow früher KGB -Mann in der russischen Botschaft war.«
Diese Nachricht verblüffte Riku. Er war in einen tieferen Sumpf geraten, als er vermutet hatte.
»Nowikow ist dann irgendwann in den Drogenhandel eingestiegen. Und Vera Dobrina hat anscheinend die Verbindungen von Bykows Drogenring zu Polizeikreisen in Sankt Petersburg recherchiert. Du hingegen stehst unter dem Verdacht, polizeiliche Ermittlungsergebnisse an Bykow zu verraten.«
Mira klang wütend und enttäuscht. Riku konnte sie gut verstehen. Er wusste, wie sich die Lage in ihren Augen darstellte: Es war durchaus möglich, dass die Anschuldigungen gegen ihn gerechtfertigt waren. Und wenn er noch nicht gefasst worden war, dann nur wegen ihrer Gutgläubigkeit. Er musste MirasVertrauen mit allen Mitteln aufrechterhalten, denn er brauchte wenigstens eine Verbündete.
»Die Wahrheit ist, dass mein V-Mann in Kotka, von dem ich dir erzählt habe, einer von Bykows Leuten ist«, sagte Riku. »Und Bykow weiß davon.«
»Verdammt. Je nachdem, wie sich die Situation ändert, rückst du mit deinen Wahrheiten heraus. Du bist in deine eigene Falle gegangen.«
»Ich bin nicht sicher, ob wir auch nur annähernd alles über die aktuelle Situation wissen.«
»Ich bin gerade auf dem Weg zu deiner Exfrau. Sie spielt mit dem Gedanken, Anzeige zu erstatten, wegen der Entführung ihres Sohnes. Das werde ich ihr nur schwer ausreden können. Die Lage
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